-9-

11.3K 288 17
                                    

Aurelia

Wärme hüllte mich ein und ließ meine seltsam überanstrengten Muskeln vollkommen entspannen. Mein Körper drückte sich tiefer in die Matratze unter mir. Eine sehr harte Matratze, die ebenfalls unfassbar warm war und pochte. Warte mal... Pochte? Immer noch furchtbar schläfrig öffnete ich meine Augen und wollte mich aufrichten, doch etwas, das um meine Taille geschlungen war, hielt mich zurück. "Nicht weg gehen.", murmelte meine Matratze und auf einmal verstand ich, was sie war. Beziehungsweise eher wer. Die Erinnerungen an gestern kamen mit einem Schlag zurück und als ich zurück zuckte, hielt er mich nicht auf. Verwirrung machte sich in mir breit. Ich verstand nicht, warum ich mich in Lucius Zimmer befand? Warum ich so unfassbar müde war? Warum meine Lunge brannte wie Feuer und mein Körper so schmerzte? Lucius blickte mich an, durch seine langen Wimpern und die wunderschönen Augen. Er rührte sich nicht, schien mich nur zu betrachten, als hätte er Angst, ich könnte verschwinden, wenn er den Blick von mir nehmen oder sich zu schnell bewegen würde. "Lucius. Was? Was mache ich hier? Ich... Warum tut mir alles weh? Was ist hier los?" Meine Stimme klang kratzig, erschöpft und weinerlich, obwohl ich stark klingen wollte. "Lia.", hauchte er sanft bevor sein Blick unfassbar ernst wurde. "Kannst du mir bitte mal erklären, warum du dich fast umgebracht hättest?" Lucius Stimme klang sauer, doch auch Verzweiflung klang mit. Perplex starrte ich Lucius an. "Was? Wieso sollte ich so was tun?" Nun war es an Lucius, mich perplex anzustarren.

"Ich habe dich heute früh morgens halb ertrinkend aus der Therme gezogen und du willst mir hier sagen, du wüsstest von nichts?"

"Aber ich weiß nicht wovon du redest. Ich, ich bin eingeschlafen nachdem du gegangen bist und bin hier wieder aufgewacht." Ich fühlte mich völlig hilflos und verzweifelt und ohne es zu bemerken, liefen mir die ersten Tränen die Wange herunter. Dabei wollte ich doch nicht mehr so viel weinen!

"Prinzessin." Lucius wollte seine Hand nach mir ausstrecken, doch als ich mich an diesen grausamen Lucius erinnerte, stieg Panik in mir auf. "Fass mich nicht an!" ,fauchte ich. Augenblicklich ließ er sie wieder zurückfallen. "Es tut mir leid, Aurelia. Ich weiß nicht was gestern in mich gefahren ist. Ich war gemein und ungerecht. "

"Du hast mir Angst gemacht. Du warst nicht der, den ich kannte. Nicht du selbst."

Etwas blitze in Lucius Augen auf, als hätte ich genau ins Schwarze getroffen. "Ich weiß nicht, was mit mir los war. Ich wollte dir um Himmels willen keine Angst machen." Lucius zuckte mit den Schultern. "Vielleicht bin ich einfach durchgedreht, als ich nicht bekommen hab, was ich wollte." Doch irgendwie bekam ich das Gefühl nicht los, das mehr dahinter steckte, als jemand der nicht seinen Willen bekommen hatte.

"Verzeihst du mir?" Seine Augen trafen meine und zogen mich augenblicklich in ihren Bann und ich konnte nicht anders als Ja zuantworten. Ein Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus und als er diesmal mit seiner Hand vorsichtig über meine Wange fuhr, ließ ich ihn gewähren. Lucius grinste leicht bevor sein Blick wieder ernst wurde: "Aber jetzt mal ernsthaft, du hast keinerlei Erinnerungen, wie du dort gelandet bist? Wieso bist du so weit hineingegangen? Du kannst doch nicht so gut schwimmen. Wie konntest du nur so was Gefährliches ohne meine Aufsicht tun?" Ich verdrehte die Augen, woraufhin er seine rechte Augenbraue hochzog und mich damit zum Antworten bringen wollte. Ich kannte diese Geste zu gut an ihm. Ich kannte alles an ihm. Zumindest dachte ich das immer aber diese andere Seite von ihm, war fremd und machte mir unheimlich Angst. "Ich hab wirklich keine Ahnung. Ich hab geschlafen und..." Ich stockte. "Ich hatte einen sehr merkwürdigen Traum." Hastig erzählte ich Lucius davon, der mich mit skeptischem Blick anguckte. "Himmelswillen. Bist du etwa geschlafwandelt?" Dies war die einzig plausible Antwort, doch so was war mir zuvor noch nie passiert. "Ich lass dich nie wieder alleine schlafen.", murmelte er leise und obwohl ich, als junge Frau, über einen so besitzergreifenden Satz empört hätte sein sollen, färbten sich meine Wangen nur knallrot und mein Herz machte einen Satz. "Am besten kette ich dich gleich an mich, dann gehst du mir nie wieder verloren." Ich schnaubte empört und sein wunderschönes Lachen erfüllte den Raum und ließ mich mit einstimmen. Es war schon immer so einfach gewesen, mit ihm zu lachen. In der letzten Nacht war es ein Wirbelsturm der Gefühle, auf beiden Seiten, doch es schien, als hätte all das unsere Freundschaft nicht zerstört und Erleichterung durchflutet mich, denn ich wüsste wirklich nicht, was ich ohne ihn machen sollte. Obwohl ich mir nicht mehr sicher war, ob Freundschaft das richtige Wort war. Denn wenn ich darauf achtete, wie schnell mein Herz in seiner Nähe schlug, konnte ich mir einfach nicht mehr einreden, dass dies normal wäre. "Worüber denkst du nach?", ertönte Lucius Stimme und brachte mich aus meinen Gedanken zurück in die Realität. "Heute kennen wir uns schon seit 18 Jahren.", antwortete ich. Daran hatte ich zwar eigentlich gar nicht gedacht und doch schien mir dieser Satz gerade genau passend. 18 Jahre war er jetzt Teil meines Lebens. Wie sollte man sich da nicht verlieben? Er schob mir eine Strähne hinters Ohr. "Ich weiß gar nicht, wie ich die neun Jahre zuvor ohne dich überleben konnte. Der Tag, an dem du geboren wurdest, war der Schönste meines Lebens." Mein Atem stockte und erneut war ich kurz davor zu weinen. Dieser Satz war so unfassbar schön. Lucius nahm mein Gesicht in seine Hände und schneller als ich blinzeln konnte drückte er seine Lippen auf meine und ließ mich damit alles vergessen. Es zählte nur noch er. Der Kuss war intensiv und leidenschaftlich und doch so anders als die Vorherigen. Meine Hände ruhten auf seiner Brust und ich spürte, dass auch sein Herz schneller schlug. Seine Zunge kämpfte mit meiner und ich konnte nur schwer ein Seufzen zurückhalten, als er gewann und meinen Mund dominierte. Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Ich hatte das Gefühl, sogar vergessen zu haben, wie man atmete. Das Einzige, woran ich dachte, war Lucius. Ich wollte mehr, viel mehr, doch schneller als gewünscht unterbrach Lucius den Kuss und wir lösten uns beide schwer atmend voneinander. Wir schauten uns an und plötzlich kam das Grinsen auf Lucius Gesicht zurück. "Du sitzt wirklich sehr ungünstig, Prinzessin." Mein Gesicht begann zu glühen als ich bemerkte, dass ich durch das Wegrutschen vorhin jetzt direkt auf seinem Schoss saß und so wie Lucius mich nun anguckte, wurde mir gleichzeitig heiß und kalt und eine Gänsehaut überkam mich. Lucius kam mir wieder näher und drückte einen Kuss auf meinen Hals. "Wirklich sehr ungünstig."

Du gehörst mir!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt