Aurelia
Erschrocken zuckte ich zurück und starrte zu der Tür, die eben so plötzlich aufgeflogen war und blickte in das ebenfalls geschockte Gesicht von Cornelia, Lucius Mutter.
"Huch, Lucius. Dich hatte ich hier nicht erwartet. Wärst du so lieb und würdest unten auf Aurelia und mich warten? Ich wollte unserem Geburtstagskind noch bei ihrer Frisur helfen."
Lucius ließ seine Hände sinken und ich konnte nicht anders, als ihm kurz einen enttäuschten Blick zuzuwerfen. Lucius verdrehte die Augen und gab mir einen Kuss auf die Wange. "Entschuldige Prinzessin. Wir sehen uns unten. Auch wenn ich dich eigentlich nicht allein lassen will." Mit diesen Worten drehte sich Lucius zur Tür und legte seiner Mutter eine Hand auf die Schulter. "Überfordere sie nicht zu sehr, Mutter."
"Ach mein Sohn." Cornelia strich ihm kurz über die Wange. "Glaub mir, ich schaff das schon."
Lucius nickte nur leicht, zeigte mir noch einmal sein Grinsen, welches ich so an ihm liebte und ging dann. Die Tür fiel zu. Lucius war weg und schon vermisste ich ihn, doch Cornelia riss mich sofort aus meinen Gedanken. "Meine Liebe, wie schön du aussiehst. Komm, wir stecken dir deine Haare hoch." Cornelia lächelte mich auffordernd an, nahm meine Hand und bugsierte mich in das Bad, wo sie mich auf einen Stuhl setzte und begann, meine Haare zu flechten, sodass sie sich wie ein Kranz um meinen Kopf legten und am Nacken zu einem kunstvoll aussehenden Knoten wurden. " So, und jetzt hab ich noch ein kleines Geschenk für dich." Cornelia holte ein kleines Paket aus der Tasche ihres Rockes und öffnete es. "Augen zu, Aurelia." Wie gefordert, schloss ich sie und spürte auf einmal etwas Schweres, Kühles an meinem Ohrläppchen. "So, nun öffne sie wieder.", flötete Cornelias Stimme durch den Raum.
"Wow.", brachte ich nur heraus. Zwei wunderschöne Ohrringe hingen an meinen Ohren herab. Silbern mit einem Stein in der Mitte, in dem gleichen Grünton wie meine Augen. Sie waren wunderschön. "Danke schön Cornelia. Die sind unglaublich."
"Man wird immerhin nur einmal 18." Bei diesen Worten lächelte sie und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie mir damit etwas sagen wollte, doch ich wusste nicht was. Cornelia nahm erneut meine Hand und zog mich auf die Beine. Dann betrachtete sie mich einmal von oben bis unten. "Jetzt bist du perfekt. Komm, lass uns auch nach unten gehen. Ich hab noch eine weitere wunderbare Überraschung für dich." Cornelia hakte sich bei mir ein und wir verließen mein Gemach.
„Aurelia. Du und Lucius scheint euch ja sehr nah zu stehen, oder?", fragte Cornelia auf einmal während wir gerade den Flur zu der großen Wendeltreppe, die nach unten führte, entlang gingen. Verwirrt guckte ich zu ihr. Ihr Blick war nachdenklich in die Ferne gerichtet. „Ja. Das waren wir doch schon immer und das weißt du doch auch."
"Hör mir mal zu mein Kind.", Sie stockte kurz und seufzte auf. Mein Herz begann zu rasen, denn ich spürte, dass es mir nicht gefallen würde, was sie mir erzählte. Unsere Schuhe klackten bei jedem Schritt auf dem Parkettboden und sie schienen die ganze Stille auszufüllen, die Cornelias Schweigen hinterlassen hatte. Ihr Gesicht war ernst und der mir so bekannte Flur wirkte plötzlich endlos. Als würden wir zwar weitergehen, aber nicht vorankommen. Ein weiteres Seufzen ertönte: „Du und Lucius, es ist nicht eure Bestimmung, Aurelia. Ihr seid euch zu nah. Es tut mir Leid, dir das an deinem Geburtstag erzählen zu müssen, aber vorhin als ich gesehen hab, wie ihr euch angeblickt habt.", Cornelia atmete einmal tief ein. "Du bist ein schlaues Mädchen und du weißt, wie es abläuft. Wir haben dich wie unser eigenes Kind aufgenommen, aber Lucius braucht nicht nur eine gute Partie, sondern das Beste vom Besten und das kannst du ihm bei aller Liebe niemals geben. Das Leben ist wie es ist –ungerecht- und du wirst immer das Kind zweier Sklaven sein. Also tue mir bitte einen Gefallen, meine Liebe." Cornelia blieb stehen und drehte sich zu mir. Ihre Augen, Lucius so ähnlich, trafen auf meine. Ich wollte den Gefallen nicht hören. Ich wollte das alles nicht hören, auch wenn es mir nichts Neues war. Doch ich wollte die Augen weiter geschlossen halten und nichts davon sehen. Doch es ging nicht und plötzlich wurde mir schmerzlich bewusst, wie kurz unsere gemeinsame Zeit noch sein könnte, und dass das Ende früher oder später bevorstand.
„Es fällt mir nicht leicht das zu sagen, aber als Lucius Mutter ist es mein Pflicht. Verschließe dein Herz. Sei für ihn da, wie zuvor, doch verstecke die Gefühle, die du für ihn hast. Denn Aurelia, ich will nur das Beste für meinen wunderbaren Sohn. Er ist so liebevoll und wenn seine Gefühle dir gegenüber zu mächtig werden und er es ablehnt, eine Frau aus guter Familie zur Ehe zu schließen, was die Familie Cornu stärken würde und einen Nachkommen zu bekommen, würde es das Haus Cornu ruinieren, Lucius würde sein Ansehen verlieren und das würde ihn irgendwann sehr unglücklich machen, weißt du? Und Aurelia, du willst ihn doch nicht unglücklich machen, hab ich Recht?"
Meine Hände begannen zu zittern. Wusste sie eigentlich worum sie mich da bat? Meine Gefühle nicht zeigen? Wie sollte ich so etwas schaffen? Warum durfte ich nicht einfach die Zeit, die ich mit Lucius noch hatte, genießen?
„Ich glaube nicht, dass das möglich ist." Ich versuchte stark zu klingen und wende meinen Blick nicht von ihrem. Für einen kurzen Moment blitze etwas in ihren Augen auf, das wie Wut aussah, doch es war zu schnell vorbei, als dass ich sicher sein konnte. Im Gegenteil spiegelte sich nun Traurigkeit in ihrem Gesicht wieder: „Also willst du, dass er unglücklich wird? Das hätte ich nicht von dir erwartet." Ihre Worte trafen mich wie ein Stich ins Herz. Denn das wäre das Letzte, was ich wollen würde. Das könnte ich mir nie verzeihen.
„Nein." Lucius war mein Leben. Ihn traurig zu sehen und schuld daran zu haben, würde mich zerstören. Dieses kleine Wort schien ihr Antwort genug zu sein, denn ihr Lächeln kam zurück.
„Ich danke dir. Das bedeutet mir viel. Versuch bitte, dir von Lucius nichts anmerken zulassen und jetzt lass und nicht mehr daran denken, sondern dein Geburtstag genießen."
Ich nickte. Ich musste jetzt stark sein. Denn so ungern ich es auch zugeben wollte, Cornelia hatte Recht mit ihren Worten. Ich war nicht gut genug für Lucius und ich würde alles tun, um ihn glücklich zu sehen, auch wenn es mich unglücklich machen würde. Ich wollte nicht, dass er irgendwann in einem Zwiespalt von Gefühlen gefangen war.Eine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Eine Stimme, so wunderschön, dass ich dachte, ich müsse sterben, wenn ich Cornelias Gefallen erfüllen würde. Eine Stimme, die mir Tränen in die Augen trieb beim Gedanken, dass es nun alles anders werden würde, wenn ich meine Gefühle vor ihm, dem wichtigsten Menschen in meinem Leben, verheimlichen musste. Eine Stimme, die mich das ganze Leben lang begleitet hatte. Lucius. Den Mann, den ich liebte und für den ich stark sein musste, damit er glücklich sein würde. Ich wendete mich von Cornelia ab und sah ihn. Er lächelte, als sein Blick auf meinen traf und ich musste schlucken. Ich hatte ihn grade erst wieder, und doch fühlte es sich an als würde er mir wieder weggenommen werden und dieses Gefühl war schlimmer als alles andere. Doch dann tat ich das einzig Richtige, so schmerzhaft es auch war, und verschloss mein Herz.
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Du gehörst mir!
RandomSeit Aurelia denken kann, ist er an ihrer Seite. Er ist ihr bester Freund, wie ein Bruder für sie. Doch Aurelia ist für etwas anderes bestimmt und das weiß er auch. Denn Aurelia ist das Kind zweier Sklaven des Hauses Cornu, das Haus seiner Eltern un...