Aurelia
Erneut in dieser Nacht schlug die Augen auf und wurde aus dem angenehmen Traum gerissen, indem ich mich eben befand, als ich hörte, wie nackte Füße über den Boden liefen und sich eine Tür leise öffnete und wieder schloss. Als ich zur Seite schaute, war Lucius nicht mehr da und kurz bekam ich Angst, dass er wieder gegangen wäre, mich allein gelassen hätte. Doch als ich schon aufspringen und hinunter zu den Pferden laufen wollte, in der Hoffnung ihn noch zu erwischen, sah ich eine Bewegung im Augenwinkel. Ich sah einen Umriss auf dem Balkon durch das Fenster, doch es war zu Finster draußen, um wirklich etwas zu erkennen. Aber es konnte ja nur Lucius sein. Wer sollte sonst mitten in der Nacht auf seinem Balkon stehen, zu dem nur durch dieses Zimmer zutritt war? Ich schlug die Decke zurück und sprang aus dem Bett. Dann ging ich schnell zu der Balkontür. Ich wollte nicht, dass Lucius da draußen stand. Es war kalt und er würde sich vielleicht erkälten und dann wer er an meiner Geburtstagsfeier krank und das würde ich auf keinen Fall zulassen! Lieber sollte er wieder zu mir reinkommen und sich an mich kuscheln und seine muskulösen Arme um mich legen und mich wieder so fest an sich drücken, dass ich das Gefühl hatte, dass einzige wichtige für ihn zu sein. Ich blieb kurz stehen und schüttelte den Kopf. Warum schossen mir in letzter Zeit ständig solche Gedanken durch den Kopf? Was stimmte denn nicht mit mir? Doch ich wollte einfach nur, dass er bei mir war. Langsam öffnete ich die Tür und trat hinaus aber Lucius schien mit den Gedanken wo anders zu sein. Er starrte einfach weiter in die Ferne und schien mich nicht zu bemerken. Was war denn los mit ihm? Er wirkte durcheinander, als würde er sich über etwas den Kopf zerbrechen. Ich hatte viele Jahre um mir jede Mimik und Gestik einzuprägen. Etwas stimmte nicht und ich wollte ihn nicht traurig sehen. Also ging ich noch näher und umarmte ihn von hinten, obwohl die recht kühle Luft, die mir um den, nur leicht verhüllten Körper, wehte, dazu riet wieder rein zu gehen und mich unter die warme Bettdecke zu kuscheln. Es sollte ihm nicht schlecht gehen, und wenn es doch mal so war, war ich für ihn da, bis es sich besserte. So war es immer und so sollte es für immer bleiben Ich spürte, wie Lucius Muskeln sich unter meiner Umarmung anspannten. Ich hörte, wie er seufzte und ich wollte ihn gerade wieder loslassen, als er sich plötzlich umdrehte und seine Arme um meine Taille legte, um mich noch näher an sich heranzudrücken, was mich dazu brachte, meine Arme um seinen Hals zu legen. Er schaute mir tief in die Augen, doch ich kannte diesen Blick nicht. Seine sonst so hellblauen Augen wirkten viel dunkler und ich spürte etwas Hartes an meinem Bauch. Blut schoss in meine Wangen und sie färbten sich noch roter, als sich sein Gesicht langsam dem Meinen näherte. Wollte er mich Küssen? Na ja, wir hatten uns schon oft geküsst. Schließlich war er wie mein Bruder und immer an meiner Seite. Er hatte mich quasi mit aufgezogen, also warum machte ich mir überhaupt solche Gedanken? Kaum war Lucius mal nicht durchgehend bei mir, spielten meine Gedanken verrückt?! Ich sollte mich nicht so aufspielen. Er wollte nichts von mir, ich sollte das endlich in meinen Kopf bekommen. Von meiner plötzlichen Wut auf mich selbst gesteuert, überwand ich die letzten Zentimeter und drückte ihm einen kurzen, geschwisterlichen Kuss auf die Lippen um mir selbst zu beweißen, dass alles wie immer war. Das Lucius mich nur als kleine Schwester sah und nicht als die junge Frau, die ich beworden war. Und doch wisperte mir eine leise Stimme zu, dass ich doch gar nicht mehr will, dass er mich so sieht, dass ich wollte das er mich attraktiv fand. Ich schüttelte den Kopf und rückte etwas nach hinten. Seine Lippen waren so weich wie immer gewesen und ich konnte nicht abstreiten, dass meine Lippen merkwürdig kribbelten. Doch es war ein Kuss wie immer gewesen, ein freundschaftlicher Kuss und ich konnte mich nicht dagegen wehren, dass es sich wie ein Stich ins Herz anfühlte. Gott, was hat dieser eine Monat ohne seine nähe nur mit mir angestellt? Wie wer es wohl Lucius richtig zu küssen? Nein Aurelia, reiß dich zusammen! Seine Arme lagen immer noch um mich geschlungen, doch plötzlich wurde mir alles zu viel. Ich verstand nicht, was mit meinem Körper los war, warum er so reagierte, doch wahrscheinlich war diese plötzliche Nähe, nach dem Monat, einfach für den Moment zu verwirrend für mich. Lucius wirkte immer abwesend, als mit den Gedanken bei mir und erst als mein Rücken gegen seine Arme stieß, die mich immer noch festhielten, ging ein Ruck durch seinen Körper, doch statt mich loszulassen, zog er mich wieder fester an sich. Und erneut in dieser Nacht spürte ich, wie mir Tränen in die Augen schossen. "Lass mich.", versuchte ich abweisend zu sagen, doch meine Stimme zitterte zu sehr, zu verwirrend war das Gefühl das durch meinen Körper fuhr, als Lucius mich aus diesen wunderschönen blauen Augen tief anblickte und all seine Aufmerksamkeit nun auf mich lenkte. Besorgnis und Verwirrung spiegelten sich ihnen wider. "Lia, was?", begann er, doch ich unterbrach ihn. "Was ist los? Du wirkst so anders.", flüsterte ich leise und er schien zu verstehen, was ich plötzlich hatte. Vorsichtig nahm Lucius mein Gesicht in seine Hände und sagte sanft: "Es tut mir leid, ich war mit meinen Gedanken wo anders." Er fuhr mit seinen Daumen meine Wangen entlang, bevor er auf einmal lächelte. "Ich möchte dir was zeigen." Daraufhin nahm Lucius meine Hand in seine und drückte sie einmal liebevoll, bevor er mich an dieser vom Balkon wieder zurück ins Zimmer zog und dann hinaus auf den Flur. "Lucius, wohin gehen wir?" Er grinste mich schelmisch an. "Geheimnis, Prinzessin." Nun musste ich doch wieder lachen. Lucius war der Einzige, der in mir solche Gefühlsschwankungen anrichten konnte, dass war schon immer so gewesen. Genauso wie er der einzige war, der mich immer wieder aufmuntern konnte, wenn es mir schlecht ging. "Bitte.", schmollte ich leicht, was Lucius dazu brachte, mir sanft in die Wange zu kneifen, woraufhin ich ihm gegen die Schulter boxte, was ihn noch mehr zum lachen brachte. „Aua, dass hat aber jetzt weh getan." „Du bist so ein Idiot.", erwiderte ich doch musste ebenfalls lachen. Meine Hand ruhte noch immer in seiner und er führte mich einen Flur entlang. Ich hasste Überraschungen, aber irgendwie liebte ich sie auch. Das Gefühl der Neugier, der Ungewissheit, dieses Kribbeln im Bauch, das immer stärker wurde. Es war ein schönes Gefühl, aber auch unangenehm. Irgendwie kompliziert, ein absolutes Gefühlchaos, das sich zu dem gesellte, was generell bereits in mir herrschte. Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht mehr auf den Weg geachtet hatte, und nun standen wir in einem Gang, der mir ganz und gar fremd erschien. Unsicher schaute ich zu Lucius, der mich anlächelte. "Hier lang, Lia." Sanft zog er mich zu einer Tür und drückte die Klinke hinunter.
Mir stockte der Atem. Die Tür hatte nach draußen geführt und zeigte mir einen wunderschönen Garten, der mit wunderschönen Blumen bepflanzt war. Doch das Beste war ein großes Becken, welches sich in der Mitte der Gartenlandschaft befand und aus dem weißer Nebel aufstieg. Eine private Therme. "Wunderschön", entkam es meinen Lippen, woraufhin Lucius, der immer noch meine Hand hielt, sagte: "Es gehört dir, dir ganz allein. Mein Geburtstagsgeschenk an dich." "Was?", fragte ich geschockt. "Aber das ist doch viel zu teuer und..." Doch er unterbrach mich. "Für dich ist mir nichts zu teuer." Dann grinste Lucius wieder. "Also, was sagst du? Wollen wir reingehen?" Ich spürte, wie ich rot wurde. "Zusammen?", hauchte ich leise und musterte ihn unauffällig. Mein Atem beschleunigte sich. Er war so groß, so männlich, so erwachsen. Als wir kleiner waren, sind wir oft zusammen in die Thermen gegangen, aber jetzt war er kein kleiner Junge mehr und ich auch kein kleines Mädchen und hier waren wir auch nicht von anderen Menschen umgeben. Mein Herz begann zu rasen. "Ist doch nichts dabei, haben wie doch früher auch immer gemacht." Lucius schaute mich belustigt an, bevor er mich an sich zog und ganz langsam die Schleifen der Bänder öffnete, an denen mein Schlafkleid an den Schultern befestigt war.
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Du gehörst mir!
RastgeleSeit Aurelia denken kann, ist er an ihrer Seite. Er ist ihr bester Freund, wie ein Bruder für sie. Doch Aurelia ist für etwas anderes bestimmt und das weiß er auch. Denn Aurelia ist das Kind zweier Sklaven des Hauses Cornu, das Haus seiner Eltern un...