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Aurelia

Ich hörte wie die Tür sich öffnete, doch ich wollte meine Augen es nicht gleich tun. Ich wusste ja doch, wer es war, ohne einen Blick zu vergeuden. Meine Gedanken hatten sich endlich etwas geordnet. Wahrscheinlich sollte man eher sagen, ich hatte sie zur Seite gedrängt, wodurch sich nun eine Friedlichkeit in mir ausgelöst hatte. Ich träumte mich an ferne Orte, mit Lucius an meiner Seite. So wie ich es mir früher schon immer vorgestellt hatte. Er jedoch zerstörte diesen Moment und riss alle Wunden, die ich not bedürftig geflickt hatte; wieder auf. 

"Na, Prinzessin. Hast du dich versteckt?"

Ich hörte seine Schritte als er näher kam, doch ich spürte keine Angst mehr. Nicht heute. Nicht an dem Tag, an dem mein Leben aus seinen Fugen rutschte. Wegen ihm. Alles nur wegen Caius, der alles zerstört hatte. Wut breitete sich in mir aus. Ich wollte nicht mehr Angst vor ihm haben, geschweige denn wegen ihm weinen. So etwas hatte er nicht verdient.

"Was willst du hier Caius?" Meine Stimme war ruhig, mein Blick inzwischen wieder in die Ferne gerichtet. Ich konnte jetzt sowieso nicht mehr träumen, aber ich wollte ihn auch nicht die Genugtuung schenken und ihn ansehen.

"Ich wollte nur sehen, ob du Gesellschaft benötigst, nachdem was gerade passiert ist. Außerdem wollte ich meiner Schwester und ihrem Verlobten etwas Zeit für Zweisamkeit lassen."

Ich ballte meine Hände in meinem Schoss zu Fäusten, wodurch meine Nägel sich ins Fleisch bohrten und einen stechenden Schmerz hinterließen. Caius wusste genau, was er sagen musste um andere zu verletzten. Doch ich hatte es mir geschworen. Ich wollte nicht mehr schwach sein. Ich wollte endlich einmal stark sein. Stark um den Sturm zu überstehen in den Caius uns hinein gestoßen hat. Doch am Ende werden Lucius und ich es gemeinsam schaffen uns daraus zu kämpfen und auf der anderen Seite erneut die Sonne erblicken. Ich wusste noch nie wie, aber das wir es schaffen würden, da war ich mir sicher. Dennoch brannte eine Frage auf meiner Seele, die mir keine Ruhe ließ.

"Warum Caius?" Nun löste ich doch meine Augen vom Horizont und blicke Caius tief in seine. Sein lächeln war so spöttisch wie eh und je und dennoch stand er ein gutes Stück von mir entfernt. "Warum unbedingt nach all der Zeit? Warum willst du das deine Schwester Lucius heiratet? Es gibt sicherlich genug junge Männer aus gutem Haus, die sich um Latavia gerissen hätten." Ich schwinge meine Beine von dem Fenstersims und rutschte herunter, sodass ich Caius gegenüber stehe, der allerdings nur mit den Schultern zuckt.

"Warum nicht, Prinzessin? Was geht es dich überhaupt an?"  Caius erwiderte meinen Blick mit einer Gelassenheit, die mich zu Weißglut brachte. Schon viel zu lange hatte ich viel zu viel hinunter geschluckt. Diesmal würde ich nicht klein beigeben, auch wenn ich mich damit vielleicht in Gefahr begab. Es war mir egal. Ich konnte meine Emotionen nicht mehr zurück halten.

"Was es mich angeht? Das weißt du gut genug! Beantworte es mir einfach!"

"Weißt du, Prinzessin, ich glaube das werde ich alleine schon nicht tun, weil du es willst." Daraufhin schenkte er mir erneut ein strahlendes Lächeln, was allerdings schnell verschwand, als ich voller Zorn auf ihn zu trat, ihm am Kragen seines Hemdes packte und ruckartig zu mir runter zog.

"Du bist ein schrecklicher Mensch, weißt du das eigentlich? Wahrscheinlich hast du das alles bloß aus Spaß gemacht, weil es dir gefällt andere Menschen leiden zu lassen! Du hältst dich für so was besseres, aber menschlich gesehen, stehst du weit unter uns Sklaven!" Mit diesen Worten löse ich meinen Griff und trete wieder einige Schritte zurück um Abstand zwischen uns zu gewinnen. Seine Nähe war mir immer noch zu viel, doch ich wollte ihm das seit dem Moment damals sagen.

"Ach, ist das so ja?" Sein lächeln war verschwunden, auch wenn er noch immer ruhig und gelassen wirkte. "Du sagst das so, als würdest du mich zumindest ein wenig kennen. Aber glaub mir Aurelia, du kennst mich ganz und gar nicht." Unwillkürlich zuckte ich zurück auch wenn ich das unbedingt verhindern wollte. Allein die Tatsache, dass er mich auf einmal wieder bei meinem vollen Namen nannte, warf mich für einen kurzen Moment aus der Bahn, so sehr ich es auch hasste, wenn er Lucius Kosenamen für mich benutzte.

"Ich weiß genug, mit dem du mein Bild von dir zerstört hast. Und daran bist ganz allein du schuld."

"Oh verzeiht, ich vergaß. Natürlich bin ich das." Er machte einen Schritt auf mich zu. "Ich frage mich nur, was wäre wohl gewesen, wenn die Rollen getauscht wären. Wenn nicht ich damals schon begehren zu dir verspürt hätte, sondern Lucius. Gegen ihn hättest du dich nicht wehren dürfen. Er hätte jedes Recht auch damals schon dazu gehabt und der einzige Grund, warum er sich so lange zurückgehalten hatte, war doch bloß, weil er sich seinen Spaß auf andere Wege holte, was sehr untypisch ist." Ein weiterer Schritt. Inzwischen war ich wieder am Fenster angekommen. Der kühle Stein bohrte sich in meinen Rücken. "Du hattest dein ganzes Leben aber immer ein schier unfassbares Glück und letztlich hast du dich tatsächlich in ihn verliebt. " Caius lachte kurz auf. "Eigentlich ziemlich dumm, nicht wahr? Sich in deinen Herren zu verlieben. Meinetwegen, sieh mich ruhig als charakterlich unterlegen. Sieh mich ganz so wie du es willst. Du bist in diese Gesellschaft hineingeboren und ich in meine." Inzwischen stand er direkt vor mir, doch kein laut drang mehr durch meine Lippen. Allerdings ging auch sein Blick, der die ganze Zeit auf mich gerichtet war, nun an mir vorbei. Hinaus aus dem Fenster. "Und diese Gesellschaft wird sich niemals ändern. Weder ich mich, noch dein geliebter Lucius." Er verstummte, seine Augen weiterhin auf einen Punkt hinter mir gerichtet und langsam drehte ich mich um, um ebenfalls zu sehen, worauf Caius hinauswollte.

Ich hörte meinen eigenen Herzschlag so laut und schmerzlich, dass ich dachte es reiße mich von den Beinen.

"Ich wäre wahrscheinlich wirklich nicht mehr hier her zurück gekehrt. Ich habe es bloß für Lati getan, die Lucius immer geliebt hat."

Ich dachte wirklich, ich könnte es schaffen, doch ich war nicht darauf vorbereitet, Lucius im Garten zu sehen, direkt vor meinem Fenster. Doch nicht mit mir wie sonst, sondern mit dieser andere Frau, die zusammen zu lachen schienen und Hand in Hand spazierten, wie Verliebte, die ihr Glück kaum fassen konnten. Ich spürte es nicht, erst als Caius Finger, mir die Träne wegwischte, die aus meinem Auge entkommen war. Ich wollte nicht weinen, ich wollte doch stark bleiben, aber ich fühlte mich auf einmal so unfassbar leer. Wie sollte ich es schaffen, damit zu leben? Würde Lucius mich nicht doch vielleicht irgendwann vergessen und mit einer anderen endlich Glücklich werden, wie Cornelia es vor einer gefühlten Ewigkeit zu mir sagte?

Ich wusste keine Antwort darauf.

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Heute ein kleines Kapitel außerhalb des Planes weil ich einfach in letzter Zeit zu oft ausfallen lasse. Hoffe, dass ich es bald wieder geregelter schaffe. Hab euch lieb💗.

Du gehörst mir!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt