Möglicher Kurzschluss?

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Vier Tage später gehörte auch Bruno wieder zu unserem Paket und wir vertrieben uns die Abende mit Fernsehen, Quatschen, Lachen. Es machte Spaß den beiden zuzusehen, wie sie miteinander umgingen. Sie machten viel Blödsinn miteinander und wir lachten alle drei viel. Ich war fest der Meinung die beiden hatten sich gesucht und gefunden. Allein schon wie sie sich manchmal ansahen. Oder wenn Tamy nicht merkte das Bruno sie beobachtete und ich seinen liebevollen Blick sah. 

Es war fast Ende Oktober. Einmal, die beiden waren nicht zu Hause, stand ich abends auf der Veranda. Ich hatte meine Kopfhörer auf dem Kopf und hörte in voller Lautstärke 'Say something' was mittlerweile 'Chasing cars' als meine Lieblingsschnulze abgelöst hatte. Warum wußte ich selbst nicht so richtig. Ich stand da,  und ich gebe zu es war saublöd sich traurige Lieder anzuhören wenn man sowieso am Boden zerstört war, mir liefen die Tränen nur so herab. Ich wußte nicht wie lange ich das noch aushalten sollte. Wozu war Liebe denn gut wenn man sie nicht leben durfte? Ich merkte nicht, dass die beiden nach Hause kamen. Erst als Bruno mich in den Arm nahm und ich Tamy neben mir ebenfalls weinen sah, schluchzte ich laut: "Ich kann nichts dagegen tun, ich vermisse ihn so sehr" stieß ich hervor. Da stand Bruno nun mit gleich zwei Heulsusen im Arm. Er sagte erst mal gar nichts dazu. Wahrscheinlich dachte er ich hätte ein Recht auf meine Tränen. 

Als ich mich beruhigt hatte setzten wir uns an den Tisch. "Wie lange soll ich denn noch so tun als ginge es mir gut." sagte ich leise. "Mein Job geht mir so auf die Nerven. Ich will mich nicht mehr mit Mördern, Vergewaltigern, Kinderschändern und dem letzten Abschaum der Welt befassen müssen. Aber ich will David auch nicht hängen lassen.". Ich machte eine kurze Pause: "Manchmal denke ich ich schmeisse einfach alles hin. Das war mal alles was ich wollte: die bösen Jungs fangen und zusehen, daß ich damit die Welt ein bisschen besser machen kann. Aber was bleibt dann noch ?" Ich sah die beiden jetzt direkt an:"Was verdammt springt für mich dabei raus?". Die beiden hatten die ganze Zeit nichts dazu gesagt und mich mich einfach auskotzen lassen. Jetzt schaute mich Bruno an, nahm quer über den Tisch meine Hand und sagte dann:" Schätzchen, du hast gerade eine ziemlich tiefe Sinnkrise und ob du da rauskommst und vor allen Dingen wie, das kannst nur du entscheiden". 

"Hast du Angst vor der Zukunft?" fragte er mich. Ich konnte ihm nicht antworten. Ich dachte nach, sah der untergehenden Sonne hinterher. "Ja...wenn alles so bleibt wie im Moment, dann ja." sagte ich dann. Tamy sah mich an:" So wie ich das sehe bleiben dir nur 2 Wege. Plan A: du machst deinen Job weiter um David nicht zu enttäuschen - egal was dich das vielleicht kostet. ODER Plan B: du schmeisst alles hin und machst etwas völlig neues."  Bruno schüttelte leicht den Kopf: "Nein ich glaube das stimmt nicht so richtig. Plan C wäre - so denke ich darüber - sprich mit David. Ich möchte drauf wetten dass er dir sagt: Geh....tu das was für dich und Harry das Beste ist. Er wäre bestimmt traurig, um dich einfach gehen zu lassen hat er dich zu gern, aber er versteht es. Wenn du hier irgendeine Entscheidung triffst ohne richtig darüber nachzudenken ist das eine Kurzschlussreaktion und das ist für keinen von euch gut." endete er und lehnte sich auf seinem Stuhl nach hinten. Schweigend saßen wir am Tisch als mein Handy klingelte. Ich stand auf und ging ans Telefon: "Hallo?" sagte ich leise. "Hey Sonnenschein" hörte ich Harry leise sagen. An meinem Gesicht hatten die anderen schon gemerkt wer am Telefon war denn sie verzogen sich diskret ins innere des Hauses. 

"Lach jetzt nicht, aber irgendwie bin ich grade aufgewacht und verspürte den dringenden Wunsch deine Stimme zu hören." Ich konnte nicht sprechen, warum heulte ich denn schon wieder?! Am Ende kriegte ich noch Depressionen! "Dir geht es nicht gut oder?" sagte er noch leiser als zuvor. "Nein" sagte ich mit tränenerstickter Stimme. Ich hörte ihn am andern Ende tief einatmen: "Ja, ich wollte es nicht zugeben aber mir geht es auch mies. Lange halte ich das hier nicht mehr ohne dich aus." Als ich nicht antwortete meinte er: "Weißt du ....das ist wie ein Teufelskreis. Ich muß hier bleiben um Songs zu schreiben und einzusingen. Aber je mehr ich schreibe, desto trauriger werden sie und je trauriger sie werden desto blöder ist es und wir kommen nicht voran. Das ist einfach nur Mist."  Was sollte ich denn darauf sagen? Ich antwortete: "Bruno denkt ich stecke in einer Sinnkrise" und mußte trotzdem lächeln. Diesmal wartete ER darauf das ich weitersprach. "Ich hatte noch nie solche Angst vor dem was kommt bzw. was wird." sagte ich. ich hörte ihn hörbar ausatmen: "Oh man....einen Moment dachte ich du erzählst mir jetzt daß es keine Sinn mehr zwischen uns hat." Er klang total erleichtert. "Nein...das will ich damit doch nicht sagen" stellte ich das gleich richtig. "Harry, nichts und niemand wird mich je wieder von deiner Seite kriegen, aber ich habe trotzdem keine Ahnung wie es weitergeht. Ich hasse meinen Job, aber es ist alles was ich kann und womit ich mein Geld verdiene, ich kann doch nicht einfach hinschmeißen...." Ich legte den Kopf in den Nacken und atmete tief ein. Lächelnd sagte ich: "Du bereust bestimmt dass du mich angerufen hast oder?" "Niemals"  gab er mir zur Antwort. 

Ich war so unendlich müde und mußte viel nachdenken, darum sagte ich jetzt: "Schlaf jetzt weiter. Alles was heute Nacht und auch in Zukunft wichtig ist, ist ohnehin nur daß ich dich liebe. Auch wenn sich vielleicht aussenrum alles verändert, das wird mit Sicherheit nie aufhören."  Er verabschiedete sich traurig von mir und ich lag noch die halbe Nacht wach um nachzudenken. Ich nahm mir fest vor am nächsten Tag ein Gepräch mit David zu suchen und bat Tamy und Bruno bitte dabei zu bleiben.

Als ich morgens dann ins Büro kam und David mich sah sagte er wissend: "Scheiß Nacht gehabt hm?" Ich nickte nur und was passierte wieder ?: diese Scheiß Tränen flossen. Ich wollte nicht mehr weinen, ich wollte mich endlich wieder gut fühlen und glücklich sein. Ich hatte doch auch ein Recht darauf oder? Ich bat ihn abends mit mir nach Hause zu fahren, damit wir über alles reden konnten und er erkärte sich damit sofort einverstanden. Der Tag verging zäh und langsam. Ich mußte einen Verdächtigen verhören der meine ganze Wut abkriegte. Irgendwann wies ich die Überwachung an die Kamera abzuschalten und hätte ihn fast verprügelt, worauf ich nicht stolz war. Endlich waren wir für den Tag entlassen und wir fuhren schweigend nach Hause.

Tamy und Bruno hatten für uns alle gekocht und als wir dann nach dem Essen noch mit einem Bier drausen saßen sah mich David aufmunternd an. Als ich erst mal angefangen hatte sprudelten meine Sorgen, Ängste, Wut, sämtliche Gefühlsregungen zu denen ich fähig war nur so aus mir raus. Als ich geendet hatte nahm er mich in den Arm und ich sah in lächeln: "Wie lange trägst du das jetzt mit dir rum Zauberlehrling?" fragte er mich. "Eine ganze Weile" gab ich unter Tränen zu. "Solange ich dich kenne hast du immer zugesehen, dass es mir gut geht," meinte er jetzt: "du kennst mich besser als meine eigenen Eltern Fabie, warum bist du nicht schon früher zu mir gekommen? Du solltest doch wissen daß ich dich liebe und alles dafür tue damit du glücklich wirst?" Bruno klatschte mit der Hand auf den Tisch und streckte sie dann in meine Richtung aus, so als wollte er sagen: Ich hab's dir doch gesagt!. Ich mußte lächeln. David sprach weiter: "Morgen früh gehen wir beide zum Chief und du lässt d ich erst mal für den Rest des Jahres..." ich wollte protestieren: ..."DEN REST DES JAHRES". sagte er mit erhobenem Zeigefinger: "beurlauben. Du hast bestimmt noch genug Urlaub um den Rest deines Lebens frei zu kriegen also will ich gar nichts hören! Du weißt mit Sicherheit wo du deinen Urlaub verbringst". grinste er mich an. 

Oh ja...und wie ich das wußte!

Hopeless LoveWo Geschichten leben. Entdecke jetzt