2 - Retter in der Not

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Vianas POV

*Zwei Jahre zuvor*

„Flocke! Bleib sofort stehen!", schrie ich wütend. „Verdammt nochmal! Komm zurück!"

Warum musste dieser Hund auch so viel Kraft haben und sich immer dann von mir losreißen, wenn er einen Hasen sah?

Layla und Thomas würden mich umbringen, wenn ich Flocke verlieren sollte. Sie waren sowieso von Anfang an dagegen gewesen, mir ein Haustier zu beschaffen. Nur dank meiner genialen Überredungskunst a la Viana und meinem unschuldigen Hundeblick hatte ich es geschafft, Flocke aus dem Tierheim zu befreien.

Das war gerade mal zwei Wochen her.

In diesen zwei Wochen war Flocke bei fast jedem Spaziergang ausgebüxt, um einen Hasen oder einen Fasan zu jagen. Dass der kleine Kläffer viel zu laut war und somit seine Beute in die Flucht schlug, schien er nicht zu begreifen.

„Flocke!", rief ich erneut den Namen meines Hundes. Anstatt jedoch wenigstens dieses Mal zu gehorchen und stehenzubleiben, rannte das weiße Wollknäuel einfach unbeirrt weiter. Wie ein kleiner Punkt verschwand Flocke immer weiter in der Entfernung.

Nach diesem Tag würde ich freiwillig einem Sportverein beitreten, um endlich meine miserable Kondition zu verbessern, das schwor ich mir. Vorausgesetzt natürlich, ich würde Flocke wiederbekommen.

In jenem Moment erschien mir das allerdings aussichtslos.

Mit jedem Schritt wurde ich langsamer. Ein dünner Schweißfilm rann über mein Gesicht und meine Atmung ging viel zu schnell. Hinzu kamen die schmerzenden Seitenstiche, die mich schon nach kurzer Zeit zum Stehenbleiben zwangen.

Ich hatte keine Kraft mehr.

Und von Flocke war weit und breit nichts zu sehen. Ich hatte ihn verloren.

„Scheiße!", fluchte ich verzweifelt, als ich gegen die Tränen in meinen Augen ankämpfte. Mit dieser Aktion hatte ich Layla und Thomas bloß bewiesen, dass ich noch zu jung war, um Verantwortung zu übernehmen.

„Wir haben es dir von Anfang an gesagt, Viana", würden sie mich tadeln. Da war ich mir sicher.

Doch Gott sei Dank sollte es nicht so weit kommen.

Denn während ich mich in meinem Selbstmitleid suhlte, kam plötzlich ein Junge, der Flocke an der Leine hielt, auf mich zugelaufen. Zunächst bemerkte ich die Beiden gar nicht, erst als der Junge vorsichtig „Ist das dein Hund?" fragte, hob ich den Kopf.

Dort stand er – der wohl schönste Junge, den ich jemals gesehen hatte.

Schwarze Locken, braune Teddybäraugen und niedliche Sommersprossen. Außerdem hatte er ein umwerfendes Grinsen, welches er mir in jenem Augenblick geschenkt hatte.

Ich war so geblendet, dass ich beinahe vergaß, ihm zu antworten.

„J-Ja", stammelte ich nach einer Weile. „Da-Da-Danke." Ich bemühte mich, mir schnell die Tränen von den Wangen zu streichen und stattdessen ein Lächeln aufzusetzen.

Dieser Junge hatte Flocke und somit auch einen Teil von mir selber gerettet. Dafür würde ich ihm immer und ewig dankbar sein.

„Kein Problem", winkte der Lockenkopf meinen Dank ab. „Der Kleine war echt ziemlich schnell unterwegs. Pass beim nächsten Mal einfach ein bisschen besser auf."

Ohne mir noch einmal die Chance zu geben, etwas auf seine Worte zu erwidern, hob der Junge zum Abschied die Hand und verschwand dann aus meinem Sichtfeld.

Alles, was er zurückließ, war mein rasendes Herz.

Und einen bellenden Flocke.

Amor mit BasecapWo Geschichten leben. Entdecke jetzt