1 - Der Gott der Liebe

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Lias' POV

„Wahnsinn! Du existierst wirklich? Ist ja abgefahren!"

Das wären vermutlich die ersten Sätze, wenn die Menschen wissen würden, dass ich real bin.

Ich, der Gott der Liebe, der eigentlich nur ein römischer Mythos sein sollte.

Doch das bin ich nicht!

Ich lebe – zwar nicht auf der Erde, aber dafür im Himmel. Genauer gesagt auf der Wolke Sieben.

Manchmal bedauere ich es, alleine leben zu müssen, doch dann erinnere ich mich wieder daran, dass mich so wenigstens niemand für meine Windel oder meine schlechten Zielkünste auslachen kann.

Nicht nur einmal ist es vorgekommen, dass mein Liebespfeil eine falsche Person getroffen hat. Ganz schön peinlich, ich weiß.

Na ja, im Endeffekt waren trotzdem alle Beteiligten glücklich und verliebt, also werden meine mangelnden Zielkünste schon nicht allzu schlimm gewesen sein.

Oder?

Mit einer wegwerfenden Handbewegung verdränge ich meine Gedanken und widme mich stattdessen wieder der Arbeit zu, denn als Gott der Liebe hat man alle Hände – auch wenn es nur zwei sind – voll zu tun.

Jeden Tag erreichen mich hunderte Wünsche von den Menschen, die sich nach Liebe sehnen. Selbstverständlich versuche ich dann so viele Pfeile wie möglich abzuschießen, doch ich kann beim besten Willen nicht jedem gerecht werden.

Teilweise haben die Menschen so verrückte Fantasien, dass ich bloß den Kopf schütteln kann und sogar kurzzeitig meinen Job in Frage stellen muss.

So ist es auch in diesem Moment.

„Ich wünschte, ich könnte meine Katze heiraten. Dann würde ich sie nie wieder loslassen und sie von morgens bis abends abknutschen. Wenn sie möchte, kann ich auch ihre Maus sein, die sie vernaschen darf", überfliege ich die neu eingegangene Nachricht. Im Vergleich zu den anderen Sehnsüchten, die mir schon den ein oder anderen Albtraum beschert haben, ist diese Äußerung noch harmlos.

Begleitet von einem Seufzen ignoriere ich die Zeilen und klicke dann auf den nächsten Wunsch.

Ich möchte endlich wieder bedingungslos geliebt werden.

Das ist ein Wusch, mit dem ich arbeiten kann. Keine kranken Fantasien und keine Forderungen nach einem bestimmten Partner. Perfekt!

Mehr als nur zufrieden rolle ich auf meinem Schreibtischstuhl durch den Raum und schnappe mir kurz vor der Tür meinen Köcher mit den Pfeilen. Danach schalte ich meinen Liebesgenerator an, um den Wunsch zurückzuverfolgen, und mache mich direkt auf den Weg.

Schon nach wenigen Sekunden stelle ich fest, dass mich die Liebe heute in das schöne Sydney – eine meiner Lieblingsstädte in Australien – führt. Aus der Vergangenheit weiß ich, dass die Menschen hier besonders liebesbedürftig sind.

Kira Mc Allen – meine Zielperson – ist bloß Eine von vielen Australiern, die auf meine Pfeile angewiesen sind. Es erfüllt mich mit Wärme und Freude, der jungen Frau gleich endlich ihren Wunsch nach bedingungsloser Liebe erfüllen zu können.

Aber dafür müsste ich sie erst einmal finden.

Wie immer, wenn ich mich den Menschen annähere, verlangsamt sich die Suche meines Liebesgenerators. Warum das so ist, weiß ich leider auch nicht.

„Na, wo hast du dich versteckt, Kira?", murmele ich grübelnd, während ich durch das riesige Gebäude der Commonwealth Bank fliege. „Ich dachte, du würdest schon sehnsüchtig auf meine Pfeile warten?" Kaum habe ich diese Worte ausgesprochen, zeigt der Liebesgenerator sein Ziel an.

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