5 - Eine überraschende Wendung

255 22 9
                                    

Lias' POV

Erleichterung, aber auch ein Fünkchen Angst klammern an mir, als ich mich zu Viana in die Toilettenkabine quetsche.

Angesichts des ernsten Themas, das ich gleich ansprechen möchte, erscheint mir dieser Ort nicht sonderlich geeignet für ein Gespräch. Das liegt nicht zuletzt daran, weil ein benutzter Tampon aus dem Mülleimer, der neben der Toilette steht, herauslugt.

Bei dem vielen Blut wird mir ganz schwindelig.

Wie gut, dass ich nur der Gott der Liebe bin und kein Mädchen, das einmal im Monat aus ihrer heiligen Mitte blutet.

Da ich merke, wie mir meine Aufmerksamkeit langsam aber sicher entgleitet, zwicke ich mir kurz in die Handinnenfläche, um mich wieder fokussieren zu können – anscheinend gerade noch rechtzeitig, denn Viana möchte in diesem Moment aus der Kabine flüchten.

„Warte!", halte ich sie schnell am Handgelenk zurück. „Meine fünf Minuten sind noch nicht zu Ende."

„Aber gleich", erwidert die Brünette gelangweilt. Trotz ihres offensichtlichen Desinteresses entfernt sie sich wieder von der Kabinentür und setzt sich stattdessen auf den Toilettendeckel. Mit gerunzelter Stirn und Argusaugen schaut sie mich an. „Dafür, dass du mir alles erklären wolltest, hast du aber noch nicht besonders viel gesagt", stellt sie dann fest.

Oh man, wie ich es hasse, wenn Menschen diesen vorwurfsvollen Unterton in ihrer Stimme mitklingen lassen.

„Du kannst uns beiden aber auch einfach diese unangenehme Situation ersparen, indem du verschwindest", redet Viana munter weiter. Würde ich nicht die Unsicherheit in ihren tränenverquollenen Augen sehen können und bloß die Angriffslustigkeit in ihren Worten hören, würde ich ihrer Bitte vielleicht sogar nachkommen – aber so definitiv nicht.

„Du-"

„Stopp!", unterbreche ich das brünette Mädchen schließlich energisch. Wenn sie diesen Monolog noch länger ausführt, explodiert gleich mein Schädel. „Jetzt bin ich mit dem Reden dran!"

Ich weiß nicht, ob es an meiner Lautstärke oder an meinen verschränkten Armen liegt, doch egal was es ist, es bringt Viana zum Schweigen. Wie ein verängstigtes Kind, das von seinen Eltern ermahnt wurde, hockt sie nun auf dem Toilettendeckel – den Blick gesenkt und die Schultern nach unten gesackt.

Sofort tut es mir leid, dass ich sie so harsch angegangen bin.

„Weißt du, Viana, ich bin zu dir gekommen, um dir zu helfen", beginne ich zögerlich. Da ich solch ein Gespräch über mich und meine Identität noch nie geführt habe, bin ich sehr unsicher, wie ich am besten anfangen soll. „Du hast dir gewünscht, nie wieder zu lieben. Ist das richtig?"

Zwar kenne ich die Antwort auf diese Frage schon, aber ich möchte die Bestätigung noch einmal aus ihrem Mund hören. Ich muss endlich wissen, welcher Beweggrund hinter dieser schrecklichen Aussage steckt.

Leider macht mir die Braunhaarige aber einen Strich durch meine Rechnung, indem sie schweigt. Nur das traurige Funkeln ihrer Augen verrät sie – doch das reicht mir nicht.

„Ich weiß, dass du diesen Wunsch ausgesprochen hast, Viana, immerhin ist dieser Wunsch bei mir gelandet", fahre ich nach einer Weile fort. „Falls es dich interessiert – dein Wunsch hat mich übrigens für ein paar Minuten komplett ausgeknockt. Das war so ein harter Schlag ins Herz, das er mir beinahe jegliche Liebe entzogen hätte."

Alleine schon der Gedanke an den pechschwarzen Strahl, der sich wie Eis durch meine Haut gebohrt hat, lässt mich erschaudern. So etwas möchte ich nie wieder erleben müssen. Damit mir so etwas auch in der Zukunft erspart bleibt, muss ich endlich wissen, wie ich Viana helfen kann. Sie ist schließlich der Auslöser für dieses Chaos.

Amor mit BasecapWo Geschichten leben. Entdecke jetzt