20 - Vom Weglaufen und Bleiben

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Vianas POV

*Zwei Jahre zuvor*

Seit dem Gespräch mit dem Direktor hatte sich nichts verändert. Ich wurde immer noch als Schulschlampe und hinterhältige Schlange bezeichnet.

Was neu war?

Dass ich Drohungen oder andere Zettelchen mit Beleidigungen in meinem Spind fand. Ich wusste, dass ich diese gemeinen Worte nicht zu nah an mich heranlassen durfte, doch ich tat es trotzdem. Jedes Mal, wenn ich so etwas wie „Stirb!" oder „Verpiss dich endlich von dieser Welt!" las, zerfiel ich innerlich zu tausend Scherben.

Ich wusste nicht mehr, was ich noch machen sollte.

Ich hatte meine einzige Freundin verloren und mit meinen Adoptiveltern konnte ich auch nicht über meine Probleme reden. Das einzige Lebewesen, das noch zu mir hielt, war kein Mensch, sondern ein Hund mit vier Pfoten und weißem Fell.

„Was soll ich bloß tun, Flocke?", murmelte ich verzweifelt. In den letzten Tagen hatte ich nicht nur einmal darüber nachgedacht, in den Zug zu steigen, ganz weit wegzufahren und nie wiederzukommen. Damit würde ich allen einen Gefallen tun.

„Weglaufen?"

„Weglaufen ist nie eine Option."

Ich zuckte zusammen, als eine bekannte Stimme hinter mir ertönte. Mit klopfendem Herzen drehte ich mich um und starrte direkt in braune Teddybäraugen. Auch wenn Percy an diesem Drama nicht ganz unbeteiligt war, tat es gut, ihn zu sehen.

Mein Herz – oder zumindest der Rest davon – schlug nämlich immer noch für ihn. In meinen Augen war er ein unfassbar toller Mensch, der hilfsbereit und loyal war. Seine hinterhältige Ader schon ich auf den falschen Kontakt zu Cassy und Betty.

„Warum möchtest du überhaupt weglaufen?", hakte Percy interessiert nach, als ich ihm nicht antwortete. „Du würdest doch sicherlich vermisst werden."

Ich konnte es nicht verhindern, dass ein verbittertes Lachen über meine Lippen huschte. Niemand würde mich vermissen – absolut niemand.

„Ach ja? Und wer?" Mit Mühe und Not hielt ich die brennenden Tränen zurück, die sich in meinen Augen sammelten.

„Ich." Percy schaute mich ernst an und griff vorsichtig nach meiner Hand. „Ich würde dich vermissen, Viana."

Das war ein Traum, oder? Anders konnte ich mir seine Worte nicht erklären.

„Bitte geh nicht", flehte mich der Braunäugige nun an. „Ich werde dir helfen. Versprochen!" So sehr ich es auch wollte, ich konnte ihm nicht glauben. „Du hast mich schon einmal verletzt, Percy", erinnerte ich ihn traurig. Daraufhin beteuerte er sofort: „Ich war ein Idiot, Viana. Ich werde es wiedergutmachen. Um dir zu beweisen, dass ich es ernst meine, werde ich noch heute mit Betty Schluss machen."

Oh Gott, das war die dämlichste Idee, die ich jemals gehört hatte!

Bevor ich Percy jedoch von seinem Plan abhalten konnte, war er auch schon wieder verschwunden. Erneut ließ er nur mein rasendes Herz und einen bellenden Flocke zurück.

Amor mit BasecapWo Geschichten leben. Entdecke jetzt