Es war dunkel. Kein Wind wehte. Das einzige Geräusch, waren Hopes Schritte auf dem Waldboden. Sie wusste nicht, wonach sie suchte. Sie wusste nur, dass irgendetwas sie in eine bestimmte Richtung führte. Alle vier Meter fragte sie sich, wie sie wieder zurück finden würde. Aber dann sagte sie sich selber, dass es auch keinen stören würde, wenn sie nicht zurück kam. Also würde sie den Weg entweder wieder finden oder eben nicht.
Nach gut anderthalb Stunden blieb Hope völlig erschöpft stehen. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war oder wie sie zurück kam. Netzt gab es hier, mitten im Wald, natürlich nicht. Auf einmal spürte sie das ungute Gefühl, einen schrecklichen Fehler begangen zu haben. Eigentlich wollte sie sich jetzt auf den Rückweg machen. Aber ihre Füße streikten. Keinen Centimeter bewegten sie sich nach vorne. Erschöpft sank sie auf eine mit Moos bewachsene Fläche direkt unter einem Baum. Ihr fiel auf, dass die Spitze des Baumes in die Richtung gebogen war, aus der sie gekommen war. Doch sie beachtete es nicht wirklich. Sie rollte sich auf dem Moosfleck zusammen und schlief beinahe ein. Nur ein letztes Mal sah sie noch auf die Uhr. 1:34. Sie stellte sich noch einen Wecker auf 9 Uhr. Sie wusste nicht, wie lange sie schlafen würde. Aber auf keinen Fall wollte sie, dass Rea mitbekam, dass sie die ganze Nacht weg gewesen war. Sie packte ihr Handy wieder in den Hoodie, legte ihren Kopf auf die Hände und schloss die Augen. Gemütlich war anders, aber sie würde es aushalten.
Am nächsten Morgen wachte Hope vor ihrem Wecker auf. Ihre Knochen und Gelenke waren steif, ihr Rücken schmerzte und sie fühlte sich ausgelaugt. Aber sie hatte keine schlechte Laune. Ganz im Gegenteil. Sie freute sich richtig. Ihr Magen meldete sich zu Wort und sie sah sich um. Ihr Blick fiel auf einen Busch mit Brombeeren. Hope konnte ihr Glück kaum fassen. Irgendetwas stimmt hier nicht. So viel Glück auf einmal... wo ist der Hacken an der Sache? Überlegte sie und stand auf. Ihr Frühstück bestand also aus einem Haufen Brombeeren. Nicht dass sie dadurch wirklich satt geworden wäre, aber es war definitiv ein Anfang.
Guter Dinge machte Hope sich auf den Weg zurück. In der morgendlichen Sonne sah der Wald wie verwandelt aus. Aber die Spitze des Baumes, unter dem sie geschlafen hatte, zeigte noch immer in die richtige Richtung.
Nach wieder ca. anderthalb Stunden kam sie am Waldeingang an und jubelte laut los. Sie war wirklich an ziemlich genau der gleichen Stelle aus dem Wald getreten, an der sie auch gestern in den Wald gegangen war. Gut gelaunt hüpfte sie über das Feld nach Hause. Sie freute sich auf die Dusche und ihr Bett. Aber am meisten freute sie sich auf ihren Onkel. Denn so schwer sie sich das eingestehen wollte, aber sie hatte ihn wirklich vermisst. Sie hatte das Gefühl, endlich bereit dafür zu sein, ihm zu verzeihen.Am Haus angekommen, ging sie durch die offenstehende Terrassentür in die Küche. Dort nahm sie sich ordentlich viel Essen und brachte es in ihr Zimmer. Dann verschwand direkt ins Badezimmer. Ihre Gelenke waren zwar nicht mehr so steif, aber sie hatte mit Sicherheit Moos in den Haaren. Nach einer gemütlichen Dusche zog sie sich eine Jogginghose und ein T-Shirt an. Sie setzte sich in ihrem Zimmer an den Laptop und hörte dabei Neon immer rauf und wieder runter. Sie schrieb einen Aufsatz und hoffte, dass sie nicht allzu viele Fehler machte. In gewisser Weise fragte sie sich zwar, wie man einen Aufsatz mit 3500 Worten zum Thema „Zeitungsberichte" schreiben sollte, aber im Endeffekt hatte ihre Deutschlehrerin sich bestimmt etwas dabei gedacht. Und so saß sie an ihrem Laptop und schrieb einen Aufsatz über Zeitungsberichte.
Plötzlich klopfte es. Verwundert hob Hope den Blick und sah zur Türe. Diese öffnete sich und herein trat ein etwas verunsichert drein blickender Rea. „Hello, Hope." Begrüßte er seine Nichte. Diese lächelte ein wenig und winkte ihm entgegen. „Hey Onkel Rea. Wie war der Termin?" fragte sie dann und Rea seufzte. „Schrecklich. Traver hat es wirklich viel zu eng geplant. Aber ich habe schon mit ihm geschimpft." Ein Lächeln huschte über Hopes Gesicht. „Und bei dir so?" fragte Rea und trat ein. „Schule eben. Wie zum Teufel soll man einen 3500 Worte Aufsatz über Zeitungsberichte schreiben?!" fragte sie ein wenig aufgebracht und Rea zuckte mit den Schultern. „Don't ask me. Ich bin hier not zur Schule gegangen." Hope seufzte noch einmal und nickte dann. „Was war das eigentlich für ein Termin?" sie versuchte genervt oder gelangweilt zu klingen, aber eigentlich war sie total neugierig. „Nur so ein seltsames Interview. Aber es war wenigstens ganz lustig." Ein weiteres Lächeln huschte über ihr Gesicht, verschwand aber gleich wieder. Wäre jetzt nicht der perfekte Zeitpunkt, um mit Rea zu reden? Um ihm zu verzeihen und vielleicht endlich eine Bindung aufzubauen? Sie wollte gerade anfangen, da hallte ein spitzer Schrei durch das Haus. „What...?" fragte Rea verwirrt und Hope zuckte mit den Schultern. „Rea, komm mal schnell!" rief Doreen hysterisch und er seufzte noch einmal. Er verschwand aus der Tür und Hope seufzte ebenfalls. Danke Doreen, du hast mir gerade erfolgreich den ersten Verzeih-Versuch kaputt gemacht... dachte sie und wandte sich wieder ihrem Aufsatz zu.
„Hope!" verwirrt sah das Mädchen auf. Die Wut in der Stimme ihres Onkels war nicht zu überhören. Sie stand auf und ging in die erste Etage zum Studio von ihm. Sie steckte den Kopf durch die Tür und erstarrte. Überall auf dem Boden lagen Gitarrensaiten, Gitarrenteile, Doreen hielt ein Stück von einem Gitarrenhals in der Hand und Rea hielt eine Gitarre, welche in der Mitte zerbrochen war, hoch.
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SEINE Tochter (Rea Garvey)
FanfictionHope ist die Nichte von Rea Garvey und eigentlich ziemlich glücklich mit ihrem Leben. Sie kennt ihren Onkel nicht wirklich und hat auch nicht das verlangen ihn kennen zu lernen. Doch als ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen, muss sie wo...