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Schweißgebadet wachte Hope auf. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Eine leichte Brise wehte ihre Haare nach hinten und die Erinnerung kehrte zurück. Sie lag im Wald auf einem selbstgebastelten Bett. Eigentlich hätte sie sich einfach wieder hinlegen können und weiter schlafen, aber der Traum ließ ihr keine Ruhe. Unruhig warf sie sich von links nach rechts und wieder zurück. Seufzend sah sie zu Conner. „Wir müssen zu Onkel Rea. Ich kann nicht ruhig schlafen, wenn ich nicht weiß, dass er da ist." Auch wenn der kleine Koala die Mine nicht um das kleinste Bisschen verzog, so hatte Hope doch das Gefühl, dass er sie skeptisch ansah. „Frag nicht, wann ich angefangen habe mir so viele Sorgen um Onkel Rea zu machen. Ich habe keine Ahnung. Aber ich würde nicht wieder schlafen können." Erklärte sie und packte ihre wenigen Sachen in den Rucksack. Schnell kontrollierte sie noch einmal, ob sie alles hatte, nahm einen Schluck aus ihrer Flasche und machte sich auf den Weg zurück. In einer Mischung aus Rennen, gehen, Joggen und sprinten hechtete das Mädchen durch den Wald. Sie nahm keine Rücksicht auf Dornen, die sich in ihrer Hose verfingen, Spinnennetze, durch die sie hindurch rannte oder Äste, auf denen sie beinahe ausrutsche. Zu groß war ihre Sorge.
Nach einem rekordverdächtigen Lauf durch den dunklen Wald kam sie auf dem Feld an und rannte einfach weiter. Ihre Füße schrien, ihr Atem pfiff und ihre Lunge zog sich zusammen. Aber sie blieb nicht stehen und wurde auch nicht langsamer. Zu hoch war ihr Adrenalinpegel. Erst als sie den Abhang zum Bach erreichte, verringerte sie ihr Tempo. In diesem Zustand könnte sie nicht an der Regenrinne hoch klettern. Schwer atmend ging sie zum Bach und ließ sich nieder. Der Vollmond spiegelte sich in dem klaren Wasser und Hope bemühte sich ihren Atem unter Kontrolle zu bringen. Sie tauchte ihre Hand in das kalte Wasser und wischte sich dann den Schweiß von der Stirn. „Conner, wenn Onkel Rea in seinem Bett liegt und schläft, dann darfst du mich auslachen." Murmelte sie ihrem Koala zu, während sie in ihrem Rucksack nach der Wasserflasche kramte. Als sie die Flasche gefunden hatte, trank sie den Inhalt in einem Zug aus. Das leichte Pochen in ihrem Kopf verschwand mit jedem Schluck. Als die Flasche leer war, fühlte Hope sich etwas besser. Ihr Adrenalinpegel sank allmählich und sie spürte jeden einzelnen Schritt, den sie gemacht hatte, in ihren Knochen. Doch jetzt durfte sie nicht nachlassen. Sie erhob sich wieder und machte einen kraftlosen Satz über den Bach. Dann schleppte sie sich den Abhang hoch und fiel kraftlos ins Gras. Sie durfte jetzt aber nicht aufgeben. Das Bild von ihrem Onkel schoss durch ihren Kopf und eine neue Welle der Energie durchströmte sie. Sie stand wieder auf und warf sich den Rucksack über die Schulter. Dann ging sie zum Regenabflussrohr und hielt sich fest. Ein letztes Mal atmete sie aus, dann begann sie zu klettern.

Ihre Armmuskeln brannten wie Feuer, aber sie ließ nicht los. Es schien, als wäre der Weg nach oben unendlich. Immer weiter kämpfte sie sich hoch, biss ihre Finger die Regenrinne zu fassen bekamen. Sie hing sich daran und hangelte sofort weiter auf die Höhe ihres Balkons. Mit einem kraftlosen Klimmzug wuchtete sie ihren Oberkörper auf das Dach und blieb reglos liegen. Ihre Beine hingen noch in der Luft, aber sie hatte keine Kraft mehr, um weiter zu klettern. Erst jetzt merkte sie, dass sie weinte. Come on, Girl. You can get it! Meldete sich eine Stimme in ihrem Kopf. Aber es war nicht irgendeine Stimme, sondern die ihres Onkels. „I can't..." flüsterte sie. Haha, da ist sie mal wieder, die Hochstaplerin! Schaut es euch an! Hendricks Stimme jagte Hope einen wütenden Schauer den Rücken hinab. Aber auch ihre Wut war nicht genug, um sich hoch zu ziehen. Hope, start. Right now. There is someone, who needs your help. You can't stay here! Jetzt meldete sich auch noch ihr Vater. Das gab Hope endgültig den Rest. Mit der letzten Energie ihres Körpers, wuchtete sie ihre Beine nach oben, kletterte zum Balkon und sprang darauf. Dann brach sie endgültig zusammen.

SEINE Tochter (Rea Garvey)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt