Ich nippe an meinem Kaffee und stehe vor meinem Kleiderschrank. Meine Haare habe ich bereits nach dem Duschen geföhnt und gelockt, jetzt fehlt nur noch das Outfit und das Make-Up. Ich werfe einen Blick auf mein Handy. Es ist bereits 15:00 Uhr, ich habe noch zwei Stunden Zeit um mich vorzubereiten, also beschließe ich, mich noch ein wenig zu entspannen. Möglichst ruhig gehe ich ins Wohnzimmer und nehme auf der Couch Platz. Der Fernseher läuft noch von vorhin - ich nehme die Fernbedienung in die Hand und wechsle den Sender. Meine Augen werden groß - da ist er. Ich werfe einen Blick auf die Beschreibung: ORF1 - "Interview mit Kanzler Kurz - Kommende Wahlen". Das habe ich ja ganz vergessen, bald sind die Wahlen. Ich will mir gar nicht ausmalen, was das für ihn bedeutet. Stress, Arbeit, Stress, Arbeit. Wird sich zwischen uns etwas ändern? Ich meine, was ist überhaupt zwischen uns. Noch habe ich keine Ahnung worauf er es abgesehen hat oder warum er im Fernsehen so über sein Liebesleben redet und mich dann, auf welche Art und Weise auch immer, aufspürt und bei ihm übernachten lässt. Er hat mich doch tatsächlich zu ihm gebracht in seine private Wohnung. Ich weiß nicht mehr, was ich denken soll. Was bedeutet das alles? Vielleicht weiß er selbst nicht was er will - auch wenn er mich genau das Gegenteil spüren lässt. Er lädt mich ein, holt mich ab, lässt mich nach Hause bringen, verrät mir private Sachen über ihn und ich kenne seine Oma - das alles wirkt nicht unsicher. Ich sehe gerade zu, wie er live interviewt wird und in zwei Stunden steht er unten vor meiner Wohnung. Das alles wirkt so surreal. Ich konzentriere mich nun auf den Bildschirm. "- außerdem gibt es die Möglichkeit, mit mir persönlich zu sprechen. Am Samstag um 14:00 Uhr werde ich im Parlament eine Rede halten und danach gibt es die Chance, mich zu fragen, was immer Ihnen auf dem Herzen liegt." Wieder eine Veranstaltung. Ob er mich einlädt? "Haben Sie gehört, liebe Zuschauer und Zuschauerinnen? Lassen Sie sich diese Chance nicht entgehen! Nun auch schon meine letzte Frage des Nachmittages, denn ich bin sicher, Sie haben noch einiges zu tun heute,-". Er nickt und schmunzelt. Ich erröte - wegen unseres Treffens? Ach nein - er hat bestimmt auch noch andere Sachen zu tun. Ich erschrecke beim Klingeln meines Handys. Das ist bestimmt Mary. Ich nehme ab. "Hi Sophia!! Bist du schon bereit??". Ich lache. "Mary, ich habe noch über eine Stunde Zeit!". Ich verfolge ihn mit meinen Augen - er beantwortet gerade noch die Frage. "Du weißt, dass eine Stunde nicht viel ist, wenn man nicht weiß, was man anziehen soll!". Da hat sie recht. Er verlässt das Studio und ich wende mich ab. Während ich aufstehe und zum Fenster gehe, erklärt mir Mary, was ich tragen soll. "Mary, vergiss es. Ich werde kein Minikleid anziehen und auch nicht die durchsichtige Bluse." Wir beide lachen. "Ach warte einen Moment, da klingelt jemand an der Türe". Dann legt sie auf. Ich dachte ich soll warten. Einige Minuten später klingelt es erneut. "Na endlich - das hat aber lange gedauert! Du hattest recht, ich weiß nicht, was ich anziehen soll!" Ich stehe nun vor meinem Kleiderschrank. "Also meiner Meinung nach ist es kaum möglich, dass Sie etwas anziehen, in dem Sie nicht umwerfend aussehen." Mein Herz rutscht mir in die Hose. Wie zum Teufel konnte ich abheben, ohne auch nur daran zu denken, nachzusehen, wer es ist. Oh mein Gott. "Tut mir leid, ich dachte, es wäre jemand-". Er unterbricht mich. "Sie müssen sich keinesfalls entschuldigen! Ich rufe nur an, um zu fragen, wie es Ihnen geht." Oh Gott, wie peinlich war das denn eben, zum Glück macht er keine große Sache daraus. "Also Sophia - wie geht es Ihnen?". Bilde ich mir das ein oder höre ich, wie er schmunzelt? Ich entschließe mich dazu, mich zu beruhigen und das als auch nicht so schlimm abzutun. "Mir geht es gut, danke der Nachfrage. Und Ihnen?". Ich setze mich auf mein Bett. "Danke sehr, mir geht es auch wirklich gut, überhaupt wenn ich weiß, dass ich Sie heute noch sehen darf." Ich erröte erneut. Gleichzeitig macht sich ein freudiges Gefühl in mir breit. "Dazu hätte ich noch eine Frage. Ich habe heute den restlichen Tag frei und ich weiß, ich habe zwar gesagt, dass ich Sie ausführe, aber ich stelle mir einen Abend, an dem wir zusammen kochen auch sehr schön vor. Natürlich nur, wenn Ihnen das recht ist." Ja! Ich meine, das klingt super romantisch. Meint er in seiner Wohnung? Jetzt weiß ich schon gar nicht, was ich anziehen soll. "Ja, das wäre mir sehr recht". Ich lächle - wenn auch aus Nervosität. "Perfekt. Mögen Sie Pasta?".
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Die romantische Seite der Politik (Sebastian Kurz)
RomanceFanfiction über Sebastian Kurz