Kapitel 15

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Ich kann meinen Augen kaum trauen. David steht in der Ecke und schäumt förmlich vor Wut. "Was zur Hölle...". David starrt ihn an und ich wage es nicht, mich umzudrehen. Das kann doch nicht möglich sein. Ich presse die Augen zusammen und öffne sie wieder - träume ich? Nein, er steht genau vor mir und starrt mich an. "Alles okay?". Er berührt mich am Arm und ich zucke zurück. Ich werfe nochmal einen Blick auf die beiden und stürme dann bei einer Gruppe von Leuten, die uns beobachtet haben, raus. Das kann doch nicht wahr sein oder? Was macht er hier? Woher weiß ich, dass ich hier bin? Ich stolpere zur Tür hinaus, fange mich aber am Gehsteig wieder. Überall stehen Leute und werfen mir komische Blicke zu. Vielleicht liegt das aber auch am Tequila. Oder an der Tatsache, dass der Bundeskanzler gerade jemanden gegen Wand gestoßen hat - meinetwegen. Das darf doch nicht wahr sein - beginnt jetzt alles wieder von vorne? "Sophia!". Mein Magen dreht sich - genauso wie mein Kopf. Ich blicke nicht zurück, ich gehe weiter die Straße entlang. Was denkt er sich eigentlich dabei, hier einfach aufzukreuzen, nachdem was er im Interview gesagt hat? Hier sind überall Leute, die ihn sehen können, sonst legt er doch auch so viel Wert auf seinen Ruf. Ach - ich liebe die betrunkene Sophia, sie denkt sich das was sie will, und sagt das auch hoffentlich. "Sophia! Bitte bleiben Sie stehen!". Ohne darüber nachzudenken, bleibe ich abrupt stehen. Ich höre Schritte hinter mir, und plötzlich steht er vor mir. Er trägt seinen blauen Anzug und ich bin zwar mehr als wütend auf ihn - aber er sieht zum Anbeißen aus. Wo kommen bloß diese Gedanken her? Ich muss fokussiert bleiben. "Hey, ist alles okay bei Ihnen?". Ich hole tief Luft und nehme all meinen Mut zusammen. Dann sprudelt es aus mir heraus. "Ich weiß nicht? Ist alles okay? Das war es auf jeden Fall bis ich Sie getroffen habe." Ach du -. Was sage ich da bloß? Er blickt mich verwirrt an. "Was meinen Sie-". Was soll's, schlimmer kann es nicht mehr werden. Ich drehe mich um und gehe weiter die Straße entlang. Ich will nicht so behandelt werden, nein, auch wenn er der Bundeskanzler sein sollte. Ich mein, er ist es ja - also. Ich kann nicht mehr klar denken und stolpere eher weiter anstatt aufrecht zu gehen. Hoffentlich bemerkt er es nicht - nicht, dass es mich interessiert. "Sophia! Bitte bleiben Sie stehen. Ich muss mit Ihnen reden, unbedingt." Ich drehe mich weder um, noch bleibe ich stehen. Langsam geht mir die Puste aus und ich verliere das Gleichgewicht. Warum musste ich Shots trinken? Im nächsten Moment höre ich einen bekannten Ton - sein Handy klingelt. "Sophia!". Er wird lauter, doch seine Stimme hört sich an, als wäre sie weiter weg. Schnell gehe ich um die Ecke und befinde mich in einer kleinen Seitengasse. Ohne Straßenlicht, wie ich feststelle. Na toll, ein Zurück gibt's nicht mehr, ich sehe kaum, wo ich hergekommen bin. Ich wage einen Blick nach hinten und merke, niemand ist hier. Rasch zücke ich mein Handy und wähle Mary's Nummer. "Heyyyy Sophia! Wo steckst duu?". Sie ist anscheinend noch betrunkener als ich. "Hey, wir müssen ganz schnell abhauen. Ich bin schon draußen". Ich höre Gelächter auf der anderen Seite und plötzlich meldet sich jemand anderes zu Wort. "Mary wünscht dir noch viel Spaß aber wir gehen jetzt feiern!!". Dann legt sie auf. Super läuft das alles schon wieder. Das war das letzte Mal, dass ich mitgehe feiern. Ich höre ein stumpfes Geräusch - kann aber in der Dunkelheit nichts erkennen. "Hey kleine". Eine Männerstimme. Oh nein. Bitte nicht jetzt. Ich sehe einen Schatten rechts von mir. "Wohin geht's denn?". Ich versuche loszugehen, doch jemand packt mich am Arm. Ohne darüber nachzudenken, schreie ich laut los. "Zier dich nicht so!" Der Mann steht nun vor mir, er ist sehr viel größer als ich und auch viel breiter. Ich kann sein Gesicht nicht erkennen, es ist zu dunkel hier. Mein Herz bleibt für einen Moment stehen, bevor ich in Panik gerate. "Lass mich los!". Er lacht auf. "Komm, ich beiß auch nicht - naja mal sehen". Mit aller Kraft versuche ich mich loszureißen und und trete gegen seinen Fuß - nichts hilft. Beim nächsten Versuch mich loszureißen stolpere ich gegen die Wand und falle zu Boden. Mein Kopf tut weh. Im nächsten Moment höre ich Schritte hinter mir und sehe zwei Leute an mir vorbeilaufen. Dann reißt jemand den Mann von mir los und zieht ihn die Straße entlang. Ich höre lautes Stöhnen und ein dumpfes Geräusch. "Sophia! Hey, wachen Sie auf!". Ich kann meine Augen kaum öffnen. "Bitte machen Sie ihre Augen auf, Sophia." Er klingt verzweifelt. Träume ich? Nein - mein Kopf tut höllisch weh, genauso wie mein Rücken. Ich versuche mich aufzusetzen, doch ich kann mich nicht bewegen. "Sophia, können Sie mich hören?". Ich nicke kaum merklich. "Ich werde Sie jetzt vorsichtig hochheben und zu meinem Wagen tragen." Er wirkt beruhigend. Seine Stimme wirkt beruhigend. Ich nicke erneut. Dann spüre ich seine Hände unter meinem Rücken und meinen Beinen. Er hebt mich mit Leichtigkeit hoch und nehme sofort seinen Duft wahr. Er riecht nach Minze gemischt mit seinem Parfüm. Himmlisch. Ich spüre, dass wir ein Stück gehen. Im Hintergrund pocht die Musik des Clubs wieder und ich lege meinen Kopf auf seine Schuler und verweile so einen Moment. "Ich lege Sie nun ins Auto, einfach still halten." Er stützt meinen Kopf sanft ab und legt mich auf dem Rücksitz ab. Ich spüre, wie er meine Haare aus meinem Gesicht streicht. "Alles wird gut, Ihnen wird nichts mehr zustoßen". Während seine Finger zu meiner Wange gleiten, werde ich immer müder und müder. Ich höre, wie er mit jemandem spricht, bis ich gar nichts mehr höre.





Ich schrecke auf. Die Sonne strahlt in mein Gesicht und ich presse meine Augen zusammen. Wie spät ist es? Ich fasse mir an meinen Kopf. Er brummt. Warum tut er mir so weh? Was ist gestern passiert? Ich setze mich einen Moment auf, doch lasse mich gleich wieder fallen. Moment mal. Warum fühlt sich der Polster so fremd an? Was zum-. Ich öffne meine Augen und Herz rutscht mir in die Hose. 

Die romantische Seite der Politik (Sebastian Kurz)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt