Wir traten ein und setzten uns hin. "Und?" fing Ray an, der stehen geblieben war. "Wir waren in Mamas geheimen Zimmer." beichtete Don. Doch er sah nicht so aus, als täte es ihm leid. Die darauffolgenden Erklärungen kannte ich. Doch was neu war, dass er fragte wer ich sei, weil ich wiedergekommen war und bei Conny mit kam. Ich dachte seine Wut hätte sich etwas gelegt, doch ich lag falsch. Er rastete dennoch aus und rannte hinaus. Gilda folgte ihm, später auch Emma, dann Norman und letztlich Ray. Ich blieb jedoch im Raum und ließ den Fünfen ihre alleinige Zeit.
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In der nächsten Zeit planten wir weiter. Oder besser die anderen planten, ich machte gar nichts. Ich hatte andere Dinge zu tun. Hier durfte ich nichts verändern, weil es die Geschichte der Welt war, jedoch das sagte nichts über die anderen Farmen aus. Meine Füße berührten ab sofort jeden Tag die Mauer und ich blickte erneut auf das Gebäude, wo George lebte. Ich holte ein Blatt Papier mit den Morse-Codes hervor und trat an einen Baum. Meine Hand ergriff ein Messer und ich setzte an dem Baum an. Ich begann und ritze Zeichen ein, wenn ich Glück hatte, entdeckte jemand sie und irgendwann kämen sie bei George an. Ich würde jeden Tag immer weiter machen und eine Spur setzten. Ich hatte genug Zeit um alles abzuschließen.
Am Abend erzählte Norman, warum wir Schwester Krone nicht trauen konnten und was wir aus ihr herausholen könnten. Hoffnung schien bei ihnen wirklich groß zu sein. Wenn ich in dieser Situation gewesen wäre, hätte ich nicht ein noch aus gewusst.
In der Nacht begleitete ich die anderen die mit zu Schwester Krone gingen um zu lauschen. Ich beobachtete wie sie es wirklich anfingen zu glauben.
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Ray erklärte uns den Plan und ich war dafür eingeteilt, mit Don und Gilda zu warten und Bescheid zu geben, wenn etwas passierte. Danach teilten wir uns auf und ich lief wie immer zur Mauer. Die Zeichen die ich bisher gesetzt hatte waren "William Minerva" und "Buch". Heute kämen "Eule" und "Naomi" mit dazu. Ich würde ihn zur Mauer führen und ihm alles erklären.
Als ich wieder zurück kam, sah ich wie Isabella Schwester Krone einen Brief reichte und sie verabschiedete. Stimmt, es war ja schon soweit. Ich ging hinunter und schon bald leutete die Glocke. Wir setzten uns alle und Isabella begann das Gebet. Im Gedanken damit zu essen, während Schwester Krone starb war langweiliger als ich dachte. Sie hätte überlebt, wäre sie nicht hier gewesen, aber das wäre bei jeder anderen genauso gewesen. Nur ob die Kinder dann hätten in der Außenwelt überleben können, wäre die andere Frage gewesen. Ohne den Stift...
Als wir mit dem Mittagessen fertig waren, begann das Projekt zur Erkundung der Mauer. Ich stand mit Don und Gilda vor dem Fenster. "Hoffentlich geht das gut." betete Gilda die ein Kind in ihren Armen trug. Doch schon bald kam Isabella hinaus und Don rannte ins Haus um Ray zu befreien. Als die beiden hinaus kamen rannten Gilda und ich ihnen schließlich hinterher. Doch natürlich, bevor wir ankamen hörten wir Emmas Schrei. Sie lag am Boden, mit gebrochenem Bein und einer schmerzverzerrten Miene. Isabella teilte uns nun schließlich mit, dass Norman morgen ausgeliefert werden würde.
Während ich die nächste Zeit beobachtete, wie die anderen verzweifelten führte ich meine angefangenen Nachforschungen weiter. Als ich in das Waschbecken kam, kreuzte ich Normans Weg. Er ließ das Glas fallen, kniete sich herunter und musste sich das weinen verkneifen. Schließlich stand er wieder auf und füllte das Glas mit Wasser. Als er mich sah, begann er nicht zu lächeln, wie etwa sonst bei Emma und Ray. "Du weißt schon, dass sie enttäuscht sein werden, wenn du sie hintergehst?" sagte ich zu ihm. "Natürlich" antwortete er und umfasste das Glas stärker. Er öffnete die Tür und trat hinaus.
Am Abend teilte Isabella mit, dass Norman eine Pflegefamilie gefunden hatte. Manche erschracken und die meisten lächelten ihm glücklich zu. Es fühlte sich an wie bei Conny. Ich blickte zu Ray. Er musste das all die Jahre mit erleben, doch dieses Mal war es das erste Mal, dass er richtig am verzweifeln war und nur noch eine Option hatte.
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Ich beobachtete wie Norman an die Mauer kam und kurz den Stromapparat betätigte, der den Sender ausschalten sollte. Er band die Seile fest, holte Anlauf und rannte auf die Mauer zu. Er kletterte hinauf und als er sah, was sich hinter der Mauer befand blieb er wie angewurzelt stehen. Er betrachtete eine Weile den Abgrund und fing dann an, auf der Mauer in eine Richtung zu rennen um Nachforschungen zu betreiben.
Nach einer Weile kletterte ich ebenfalls auf die Mauer und lief langsam in die Richtung die er genommen hatte. Nicht Richtung Georges Haus, sondern in die andere. Doch ich entschied nach einer Weile, dass es schlauer war hier zu warten und deswegen setzte ich mich, die Beine in den Abgrund baumelnd. Der Drang sich in den Abgrund zu werfen und das Gefühl des Fliegens zu spüren war groß, doch wenn ich sterben würde, müsste ich wieder Jahrzehnte oder Jahrhunderte warten und das könnte ich einfach nicht eingehen. Ich lauschte der einvernehmbaren Stille.
"Naomi?" Endlich war er wieder da, ich sah Norman ins Gesicht. "Soo, Norman." Ich lächelte und stand auf. "Solltest du nicht bei den anderen sein?" fragte er perplex. Ich lachte. "Dir sollte doch schon längst klar sein, dass ich nur für mich selbst handele." Er schwieg. "Keine Sorge, ich werde ihnen nicht weh tun. Ich will fliehen, nichts anderes." "Du... Wir hatten es in letzter Zeit nicht noch einmal angesprochen, aber... Wie bist du komplett ohne Seile auf die Mauer gekommen?" "Naja, was denkst du denn? Einfach auf einen Baum und rüber." Er schüttelte den Kopf. "Das ist nicht möglich, du kannst nicht soweit springen und der Ast würde abbrechen, wenn du zu weit nach Vorne gehst." Wir sahen uns an. "Du willst es wirklich wissen? Wirklich zu hundert Prozent und die volle Wahrheit?" Ich trat näher und blickte ihm genau ins Gesicht. "Na gut. Wie du willst."
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TPN- Eine etwas andere Geschichte
HorrorHey ho. Es ist eine etwas andere Fanfiction, also denkt ja nicht, ihr kommt mit irgendwem zusammen ;). Es geht um ein Mädchen namends Naomi, welche mit 10 (fast 11) Jahren zurück in das Waisenhaus kehrt und versucht mit den Kindern zu fliehen. Stark...