Kapitel 24 ~Ein unbekannter Mann

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Wir gingen die Treppe herunter und Emma ging mit einer Lampe vor uns umher. Wir kamen in einen Gang, von dem viele Türen abgingen.
"107... 106... 105..." Flüsterte ich die Nummernschilder der Türen vor mir her.
Der Bunker, wir sind da.
"Ist das hier etwa... So was wie ein Bunker für Menschen?" Erkannte auch Ray.
"Emma!" Jemima klammerte sich an sie und zeigte auf eine Tür.
"Hinter der Tür sind Geräusche! Da ist jemand!" Und tatsächlich hörten wir ein Klappern hinter der Tür.
Emma schritt langsam auf die Tür zu und zögerte kurz, bevor sie schließlich klopfte. Zweimal. Sie griff nach der Türklinke und öffnete sie.
"Hallo." Verblüfft blieben alle stehen.
Ein Mann saß da, die Füße auf dem Tisch, eine Tasse in der Hand und die andere griff zu einer Keksdose, die neben seinen Füßen lag.

"Ihr habt eine lange Reise hinter euch. Willkommen im Schutzraum B06-32."

Er sah uns an und wir ihn. Schließlich begann er einen Keks nach dem anderen zu essen.
"Oder besser zu verschlingen..." munkelte ich und hielt mir die Hand vor den Mund.
Er trank aus der Tasse, aus der bereits kaputten Tasse. Alle hielten ihn für komisch.
"Bist du Minerva?" fragte Emma schließlich nach einer Weile.
Er sah sie kurz an "Nein. ... Leider...
Bin ich nicht Minerva."
"Dann bring ihn her! Wir sind hier, um Minerva zu treffen." forderte Ray.
"Er ist aber nicht hier. Tut mir eeecht leid... Aber Minerva ist nicht hier."
Die drei, die sich auch schon vor dem Bunker aufgeregt hatten, waren wieder kurz davor, Minerva als Lügner zu betiteln.
"Beruhigt euch!" Kam Ray ihnen zuvor.
"Wo ist Minerva? Du scheinst ihn auch zu kennen. Sag und, was hier los ist!"
"Was weiß ich?" gackerte er, kippelte mit dem Stuhl nach hinten und schob sich noch einen Keks in den Mund.
"Und wer bist du? Was machst du hier?" Fuhr Ray mit seiner Befragung weiter.
"Wer ich bin?" Lachte der kauzige Mann. Ich beschloss so zu tun, als ob ich ihn auch nicht kannte, wie alle anderen. Voraus gesetzt, er erkannte mich auch erstmal nicht.
"Ich bin euer Vorgänger." Er zog einen Stift hervor.
Alle erkannten den Stift, den Stift, durch den wir hierher kamen.
"Vorgänger?"
"Genau. Auch wenn ich nicht von Grace Field komme." Er stand auf und krempelte sein Hemd hoch. Eine Buchstabennummer kam zum Vorschein.
"E... Etreema?" Versuchte ich sie zu entziffern.
"Ich bin vor dreizehn Jahren zusammen mit meinen Kameraden... von der Farm >>Glory Bell<< geflohen."
Die anderen freuten sich und sagten, er sei wie sie und er stimmte zu. Er erklärte, dass er auf der Suche nach Minerva hierher kam. Er sagte, dass Minerva in all der Zeit nicht hier war. Jedoch, für diesen Schutzraum, war er ihm dankbar.
Wasser, Nahrung, Elektrizität, Wohnraum. Alles was man zum leben bräuchte. Es gäbe sogar Bücher, die über die Welt informieren.
"Hoch lebe Minerva!" Schloss er ab.
"Und wo sind deine Kameraden?" fragte Emma.
"... TOT. Allesamt. Nur ich bin übrig geblieben." Die anderen blickten ihn traurig an.
"Heyyy! Bloß keine Trübsal blasen! Das ist alles Schnee von gestern" Beschwichtigte er sie nervös.
Mittlerweile hatte er die Suche nach Minerva aufgegeben und machte sich ein schönes Leben. Er fragte, was mit uns sei und wer wir seien. Die anderen versuchten sich zu erklären.
"Stopp, Stopp!" schwang er mit den Händen nach oben und unten.
"Dass ihr die Fünfzehn Kinder von Grace Field House seid... Die vor sieben Tagen ausgebrochen sind... Braucht ihr mir nicht zu erzählen!" Er fasste sich an seinen Hals.
"Das ist offensichtlich und ich wusste es eh schon längst." Er fixierte uns.
"Aber ihr seid gar nicht nur fünfzehn. Ihr seid sechzehn und das die Plantage einen Fehler gemacht hat, bezweifle ich."
Ich trat instinktiv einen Schritt zurück und das war die Bestätigung für ihn.
"DU DA!" rief er mich und ich zuckte zusammen.
"Du bist die zusätzliche, nicht wahr?" Vorsichtig nickte ich.
"Hmm... Naja, kann mir ja auch egal sein." Er lachte.
"Ich will wissen... Warum keiner von euch sechzehn Amateuren... Bei der Flucht drauf gegangen ist."
"Wie bitte?" Fragte Don verwirrt.
Der Schutzraum sei für alle Menschen da, doch die Ressourcen seien begrenzt. Er will nicht, dass wir ihm das weg nahmen und er sagte, da er zuerst hier war, hatte er ein Vorrecht darauf.
"Außerdem... Sterbt ihr früher oder später sowieso alle... Darauf könnt ihr Gift nehmen! Ihr seid nämlich schwach."
Die Kinder protestierten, doch er garantierte, dass wir sterben würden. Eines seiner Argumente war, dass wir noch nie am Rande des Todes standen. Was für ein Witz.
"So wie deine Kameraden?" Fragte Ray und der Mann stimmte zu. Nur er hatte überlebt, weil die anderen schwach waren. Er hatte sich eine Überlebenstechnik angeeignet und überlebt.
"Trenne dich von allem, was nutzlos ist!
Kameraden? Nutzlos!
Hoffnung? Nutzlos!
Mitgefühl? Nutzlos!
Das alles ist sowas von nutzlos!"
"DAS STIMMT NICHT!" schrie Emma ihn an und schlug die Hände auf den Tisch.
"Natürlich stimmt das." sagte er und zog eine Pistole hervor. Er schnappte Emma und hielt sie ihr an den Kopf.
"EMMA!" Die Kinder waren in völliger Anspannung.
"Ein Haufen braver, dümmer Kinder ist der Gipfel der Nutzlosigkeit. ... Her damit!" Er sah Ray an. Er forderte den Stift. Er wollte ihn, damit wir nie wieder den Schutzraum betreten könnten. Er entschuldigte sich, dass er unsere Ankunft vermisste und drohte, wenn wir nicht gingen uns alle umzubringen.
"Los! Rückt den Stift raus und verschwindet!" Ray überlegte gestresst. Zu lange für den Mann und er hackte nach.
Doch bevor einer der beiden noch etwas sagen konnte, schlug Emma dem Mann mit aller Wucht in seine Weichteile.
Er ließ sie los und krümmte sich. Sie rannte zu uns, hustend.
"Schnell!! Alle raus aus diesem Zimmer!" Sie griff ihren Hals und Ray und Gilda falteten sie zusammen, dass er hätte abdrücken können.
"Aber er hat nicht abgedrückt!! Dass du uns umbringen willst, war eine leere Drohung. In Wahrheit willst du uns nur vertreiben, hab ich Recht?" Er sah zu ihr und drückte ab. Der Schuss streifte ihre Wange und Blut kam hervor.
"Das war keine leere Drohung!"

"Seht ihr? Er hat daneben geschossen!"

TPN- Eine etwas andere GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt