Kapitel 30~ Vergangenheit

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"Erzähl mir deine Vergangenheit und dann... Dann werde ich dir meine erzählen"

George setzte an.
"Bevor ich hierher kam, musste ich eine lange Reise auf mich nehmen. Ich bin ja inzwischen auch schon 17 Jahre alt. Also zehn Jahre später, nachdem ich ausgeliefert wurde." erzählte er, während wir auf dem Baumstumpf saßen.
Die Jagd fand noch statt, doch wir wurden in Ruhe gelassen, da von uns ein so seltsamer Geruch kam, dass wird die Monster von uns weg ekelten. Es lag an mir.
Ich nickte eifrig, um zu bestätigen, dass ich aufmerksam zuhörte und er fuhr fort.
"Ich wurde nicht wie erwartet umgebracht und gegessen. Ich wusste nämlich viel mehr als zum Beispiel andere infantile Kinder."
"Mehr?" fragte ich verwirrt.
"Ja..." Er lehnte seinen Kopf auf seine Hände und sah mich an.
"Durch dich..." Ich atmete tief ein.
"Aber... Ich habe dir doch nicht viel erzählt."
Er lächelte leicht und schmerzhaft.
"Erinnerst du dich an unser erstes Treffen?"
"Mmmh" überlegte ich. "Ja, als du sieben Jahre alt warst."
Er schüttelte seinen Kopf.
"Nein, für dich war ich es mit elf Jahren."
"Ja... Aber?.." Für ihn war es das nicht.
"Für mich war es auch unser erstes Treffen."
"Hä?" Ich war verwirrt. Sehr verwirrt.
"Okay schau. Du bist eine Zeitreisende und..."
Ich schreckte hoch. "WAS?!"
"Ja, ich weiß es, sorry."
Er ergreift mich am Handgelenk und zog mich wieder zu sich hinunter.
"Ich habe mich an dich erinnert, mit sieben Jahren, als ich dich das zweite Mal traf. Und schließlich, nachdem ich ausgeliefert wurde, bin ich auf eine andere Farm gekommen."
Ich hörte stillschweigend zu.
"Eine Farm, wo Monster und Menschen friedlich zusammen leben und das Verhalten getestet wird. Die Monster bekommen einen Lohn dafür, wenn sie keinen Menschen fressen... Wir dagegen wurden mit Medikamenten nur so voll gepumpt."
"Medikamente? Wofür?"
Er schwieg.
"Aah Ehm... Nicht so wichtig. Ist schon gut, erzähl einfach weiter." beschwichtigte ich ihn.

"Auf jeden Fall... Ich bin gestorben."
Mein Puls beschleunigte sich.
"Wie?"

Perplex saß ich da.
"Wie... Wie meinst du das? Wie lebst du denn noch?"
"Ich bin wie du..." Lächelnd sah er mich an.
"Du hast mich verzaubert. Mit ihm.
Als du mich das erste Mal sahst, mit elf Jahren und dann mit sieben erinnerte ich mich. Ich traf ihn, erfuhr einen Teil deiner  Geschichte und er brachte mich in Form der Monster hierher."
"Ihn?"
"Ja..." Ich schluckte.
"Ja und, das war's eigentlich. Hier bin ich dann den Rest meines Lebens aufgewachsen. Jetzt du!"
Und endlich, endlich sprudelte alles aus mir heraus. Die letzten tausend Jahre die ich durchgemacht hatte. Ich erzählte ihm keine Details, denn das würde zu lange dauern, aber ich erzählte ihm mein Ziel und was ich dafür tun musste.
"Sowas... Ist dein Ziel? Du willst s...." Eine leichte Melodie erklang, sie kündigte das Ende der Jagd an und unterbrach ihn. Die Schreie wurden leiser und wir traten aus dem Wald heraus. Hand in Hand.
Die Verletzten wurden groß umsorgt und Essen wurde verteilt.
"Ah! EMMA!" schrie ich als ich ihren vertrauten Rotschopf erblickte.
Überrascht und geschockt von der Jagd drehte sie sich um und blickte mir ins Gesicht.
"WAS MACHST DU DENN HIER?" schrie sie mir in der Entfernung entgegen und rannte zu mir. Sie sah traurig aus, sehr traurig. Sie blieb schwer atmend vor mir stehen und fiel mir schließlich in die Arme.
"Inzwischen hat sich unser Gespräch immer mehr hinausgezögert, nicht wahr?" flüsterte ich ihr ins Ohr. Ja, tatsächlich hatten sie mich noch nicht ausgefragt, wer oder was ich war/bin.
Sie löste sich von mir und blickte mich traurig an. Sie nickte knapp und ging wieder.
Ich wusste nicht wieso, aber seit ich das Versprechen mit ihm eingegangen war, stellte mir niemand so wirklich Fragen. Denn immer wenn mich Personen etwas existenzielles fragen wollten, vergaßen sie es einfach.

Ob ein Fluch auf mir lastete?

Wahrscheinlich.

Nein, sogar bestimmt.

Ich griff mir wie immer ein Brot und einen Teller Essen und genoss es in vollen Zügen. Ich dachte daran, wie ich hier schon einmal saß, ohne Essen und ein friedliches Dorf, wofür es ursprünglich gedacht war.
Ich sah Violett, wie sie zwei Portionen Essen mit sich trug und um eine Ecke ging. Wahrscheinlich zu Emma.
...
Moment! ...
Ich stand ruckartig auf.
"George? Wofür war diese Anlage überhaupt gut?" Sprach ich, während ich mich nach hinten drehte, wo er eigentlich sein sollte.
Doch er war nicht da.
"George?" Ich sah mich um und stellte das Essen ab. Verwirrt irrte ich durch die Menge und sah mich hektisch nach ihm um.
Auf einmal zuckte ich zusammen und sah den Wald. Blitzschnell rannte ich davon und in ihn hinein. Drei Stellen kannte ich hier, die so aussahen wie die, die ich gerade gesehen hatte.
Hier? Fehlschlag.
Hier? "Nein verdammt!"
Die letzte musste es sein.
"GEORG...e..." verstummte ich, als ich sah was dort war.

Nichts.

"George..." Mein Gesicht verwandelte sich in eine Grimasse und ich sank zu Boden um zu weinen.
Er war nicht hier, wo war er? Wo?
Schluchzend schlurfte ich ins Dorf zurück.

"Naomi! Da bist du ja!"
"Huh?" Ich blickte nach oben und siehe da, er war da. Unversehrt. Die Tränen rollten heiß meine Wangen hinunter und George tätschelte unbeholfen meinen Kopf.
"Hey, hey. Alles gut, was ist denn los? Heute weinst du ja ganz schön viel." Lachte er.
Ich blickte ihn verheult von unten an.
"George?"
"Ja?"
"Wofür war diese Anlage überhaupt gut? Wozu müssen sich denn Monster und Menschen gut verstehen? Und wozu brauchten sie dann Medikamente?"
Verblüfft löste er sich.
"Das erste weiß ich nicht, aber die Medikamente sollten uns Menschen beruhigen, sodass wir nicht gleich ausflippen, sobald wir die Monster sehen."
"Sie waren nicht genmanipuliert?" fragte ich misstrauisch.
"Nein, lediglich irgendein Beruhigungsmittel." winkte er ab.
"Hmmm verstehe." nickte ich und
"Das ist gut", brachte ich mich schließlich zum Lächeln.

Ich machte mich daran noch mein jetzt bereits kaltes Essen aufzuessen und schloss mich dann schließlich Sonya und George wieder an.
"Wo ist Emma?" fragte ich sie.
"Ah ja, das wollte ich dir noch sagen. Sie ist bei den anderen. Komm mit."

Wir stimmten zu und gemeinsam gingen wir zu einem kleinen Turm.

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