Kapitel 14 ~Neue Gesichter

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Endlich war es soweit. Ich konnte wieder ohne Probleme gehen. Schon nach dem Frühstück lief ich so schnell ich konnte zur anderen Anlage. Da es jetzt eh schon aufgefallen war, dass ich ab und zu spurlos verschwunden war, konnte ich mich frei bewegen. Isabella konnte mir nicht folgen, da sie auf die Kinder aufpassen müsste und nachverfolgen konnte sie mich erst Recht nicht, da ich keinen Sender trug.
Ich kam an und sah ein paar Kinder draußen spielen. George jedoch nicht. Ich hockte mich wie beim ersten Mal als ich hier war hinter die Büsche und beobachtete die Kinder beim spielen. Ich war so vertieft darin, dass ich die Person hinter mir nicht bemerkte. "Buuuh!" Erklang es hinter mir und die Person brach schließlich in Gelächter aus. Ich jedoch schreckte zusammen und taumelte in die Büsche. "Hey alles okay? Haha. Ich wusste nicht, dass du dich so erschrecken kannst. Bist doch sonst nicht so schreckhaft." Ich sah wie sich eine Hand zu mir in den Busch streckte. Ich ging davon aus, dass es George war und ergriff sie. Doch sie war viel weicher als seine.
Und tatsächlich, als ich wieder stand sah ich nicht George in die Augen. Es war ein Junge dessen Gesicht wie das eines neunjährigen aussah, seine Körpergröße allerdings war schon im Raum eines ungefähr zwölfjährigen. Ich brachte kein Wort raus, was würde jetzt wohl passieren. Ich war sowas von geliefert.
"Sag Mal, du hast ja deine Haare geschnitten." Haare geschnitten? "Wann denn das? Du mochtest doch deine langen Haare so sehr. Du wolltest doch bei deiner Hochzeit eine tolle Frisur tragen, das geht doch mit den kurzen Haaren gar nicht." Er streckte seine Hand aus und berührte sanft mein Haar. Ich schreckte zurück. Hochzeit? Frisur? Wovon redete er? "Lilly, alles okay?"
Jetzt Verstand ich. Mir lief der Angstschweiß im Nacken herunter. Sie, sie war hier. Lilly. Ich trat ein paar Schritte zurück. Doch das war falsch. Ich trat aus dem Wald und den Büschen heraus und war nun für jeden sichtbar. "Ah, Lillyyyy!" Ich drehte mich um und sah wie ein kleines Mädchen auf mich zu lief. "Hier bist du ja." Ihr freudenstrahlendes Gesicht verlor sich als sie mich, oder besser meine Haare sah. "Nanu, hast du dir die Haare geschnitten?" Ich konnte nicht anders als einfach nur da zu stehen. "Anscheinend." Sprach der Junge hinter mir. Er legte seine Hand auf meine Schulter. "Aber macht ja nichts, sie wollte sich bestimmt nur Mal ausprobieren, stimmt's? Haare wachsen ja wieder." Er zwinkerte mir zu und bevor ich etwas sagen konnte, umarmte er mich. Es grauste mich und ich wollte so schnell wie möglich weg von hier, aber würde ich jetzt einfach davon laufen, würde ich auffliegen. Meine Angst wurde immer größer. George, wo war George. Ich bräuchte ihn jetzt dringend.
Ich konnte mich zwar frei bewegen, aber wenn sie herausfänden, was mein Plan war, war es mir nicht mehr gestattet zu fliehen. "Du..." Ich überlegte kurz, doch ich kannte die Namen der zwei nicht. "Sagt Mal, wisst ihr wo George ist?" Der Junge löste sich von mir. "George?" Ich sah ihn verständnislos an und er mich ebenfalls. "Jaaa... George. Der mit den orange-braunen Haaren und dem Stirnband. Unser George." Die beiden schauten sich an. Er ergriff meine Hand und ging mit dem Mädchen und mir weiter in den Wald. Was war hier los. "Sagt Mal, was ist denn los?" Als wir ein ganzes Stück gelaufen waren blieben wir schließlich stehen. "Wie heiße ich?" Er ließ meine Hand los und blickte mir nun ins Gesicht. "Was?" "Wie heiße ich?" wiederholte er. Ich blickte verwirrt zwischen ihm und dem Mädchen hin und her. "Wa-was? Wozu.. Warum ist das wichtig?" "Hör zu" schaltete sich das Mädchen ein "wenn du einfach sagst wie er heißt, gibt es überhaupt kein Problem." Sie berührte leicht meine Schulter wie um Verstehen zu geben, das alles okay sei. Aber das war es nicht, ich kannte ihre Namen nicht. Ich kenne ihre Geschichte nicht. Ich senkte meinen Kopf und schwieg. Das Mädchen wich einen Schritt zurück "Komm schon, Lilly. Wir waren doch all die Jahre zusammen. Wir kennen uns doch." Ich schüttelte meinen Kopf. "Ich... Kann nicht. Ich kenne eure Namen nicht. Und.. ich heiße nicht Lilly." Sie sahen sich an.
"Also doch." sagte der Junge enttäuscht. "Freut mich. Ich heiße Jake und das ist Nelly." Seine plötzliche Freundlichkeit überraschte mich. "Ehm.. ich bin Naomi. Freut mich ebenfalls." "Du sag Mal, kennst du eine gewisse Lilly?" Ich zögerte als Nelly mich das fragte. "Ja. Sie ist meine Schwester. Um genau zu sein, meine Zwillingsschwester." Die beiden nickten. "Das war uns schon klar. Die Frage hierbei ist jetzt, wieso wurdet ihr getrennt. Als Geschwister würde man doch sicher in ein und dasselbe Waisenhaus kommen."
"Ehm, was das angeht..." Ich zögerte, konnte ich ihnen vertrauen? Nein, ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Ich holte mein kleines Notizbuch, was ich in meiner Kleidung eingeklemmt hatte, hervor und reichte es den beiden. Sie nahmen es entgegen und blätterten hindurch. Darin war nicht nur Text, ich hatte auch Skizzen angefertigt und deshalb war leicht ersichtlich, was ich damit meinte. Er klappte es zu und gab es mir zurück. "Du weißt also Bescheid." Ich nickte. "Ihr aber anscheinend auch." "Ja" Antwortete er "und wir wollen fliehen." Sprach Nelly zu Ende.
Fliehen? Hieße das sie hätten es sowieso getan auch ohne mich? Aber anscheinend waren sie gescheitert, sonst wären sie in der Geschichte von Norman, Emma und Ray aufgetaucht. Das heißt, es war meine einmalige Chance ihnen zu helfen.
"Hört zu, in dem Buch, was ich euch gezeigt habe, stehen viele Infos, die ihr über das Haus, die Mamas, die Monster und die Außenwelt wissen müsst. Wenn ihr es verwendet, stehen eure Chancen auf jeden Fall schonmal besser." Sie wogen ihre Situation kurz ab, doch dann stimmten sie zu. "Die Frage hierbei ist, schafft ihr es, dass Buch vor jedem geheim zu halten? Weil wenn nicht, müsst ihr euch im Laufe der Tage alle Infos einprägen. Ich werde euch alles in den nächsten Tagen Lehren und erklären und wenn ihr auf mich hört, werdet ihr es defintiv schaffen." "Okay." stimmten sie beide zu. "Aber wir werden das Buch entgegen nehmen. Wir schaffen es defintiv, es zu verstecken." Ich nickte.
"Nur... Eine Frage hätte ich noch. Was ist mit George passiert? Sofort als ich ihn erwähnt habe, habt ihr gewusst, dass etwas nicht stimmt." "George..." fing Nelly an. "George ist tot, schon seit drei Jahren."

TPN- Eine etwas andere GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt