07.04.2018

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"I was screwed up. I was angry at the world. I felt like a looser. I had a chip on my shoulder then in a low place..." -Papa Roach

Manchmal entwickelt sich in mir eine Abneigung gegen mich selbst. Häufig ausgelöst von unemotionalen Lebenspassagen und kreativen Vollpausen. Kurzum, ich fühle mich wie ein leeres Wrack auf Beinen, das zwar Platz für einen Haufen Mikroorganismen bietet, jedoch nicht zum Vorantreiben eigener Lebensorganismen befähigt ist.

Wie geht man mit dieser Leere um ? Tja, eine weise Hobbyphilosophin (meine Wenigkeit) hat einst festgehalten: "Gegenwind ist der beste Trainingspartner, die Basis für persönlichen Fortschritt und Entwicklung. ". Der Bezug zu meinen eigenen Worten scheint verloren gegangen zu sein. Ja, ich habe Verständnis und nein, meine Wut auf mich selbst hat sich nicht gelegt.

Vor einer Dreiviertelstunde habe ich damit begonnen alte Notizen aus diesem Buch wiederholt zu lesen und dabei ist mir einiges bewusst geworden. Einerseits, dass ich nicht festgehalten habe, dass ich in den letzten Wochen zwei Mal Anton und seine Hunde besucht habe und andererseits, dass sich mein Selbstwert nicht dadurch erhöht hat, dass ich Corvin hinterhergetrauert habe. Seit der Theaterfrage ist er nicht mehr auf mich zugekommen und ich habe auch keine aufstrebenden Schritte gewagt.

Ich habe mich reingesteigert in Nostalgie und Emotion. Wenn etwas plötzlich nicht mehr da ist, fällt es leicht dessen Vergangenheit schöner zu denken, als sie war. Schöner, reibungsloser, tiefreichender. Noch leichter fällt es das Vermissen, das Sehnen zu nähren, das sich nach dem Bruch in einem ausbreiten kann. Kopf und Seele wollen scheinbar partout nicht loslassen, erinnern das Selbst immer und immer wieder an die Intensität, die da mal war. Dieser Fokus, der dann so durch und durch einnehmend wirkt, verhindert die Offenheit gegenüber neuer Entwicklungen, neuer Personen. Und er trübt den Blick auf das Selbst, schränkt objektive Reflektion ein. Ein frustrierendes, schockierendes Ausmaß.

Denn das Selbst hat einen Wert, das es sich selbst eingestehen und bewusst machen muss. Der Wert einer Person ergibt sich keineswegs aus der Aufmerksamkeit, die ihr geschenkt wird. Wir sind mehr, als das Resultat der Auffassung anderer Menschen. Mehr als ein von anderen abhängiges Individuum. Corvin an meiner Seite zu wissen, war solange schön, wie ich noch nichts davon wusste, dass er mich betrügt. Und dieses Szenario ist mir durch meine Notizen noch einmal deutlicher vor Augen geführt worden. Die Auffälligkeit? Zwar habe ich meine Schmerzen deutlich festgehalten und notiert, doch dabei seine Fehler durch das intensive Vermissen nach einer Bezugsperson relativiert und beinahe behandelt als sei sie nicht da.

Menschen ihre Fehler zu verzeihen ist vernünftig, sinnvoll und manchmal notwendig. Doch es gibt eine Grenze, die dann erreicht wird, wenn man das Verzeihen über die eigene Wertvorstellung und Würde stellt. Diesen Schritt werde ich nicht mehr tun. Das Kapitel Corvin wird solange at acta gelegt, wie ich riskiere den Respekt vor mir selbst wieder zu verlieren. Ich habe es nicht nötig mich andauernd mit Aussichtslosigkeiten auseinanderzusetzen, nur um daran immer und immer wieder zu zerbrechen. Manchmal ist es wichtiger, sich zuerst um sich selbst zu kümmern, auch wenn das heißt, dass es im ersten Moment vorgeht. Die Prioritäten liegen am Aufrechterhalt meiner Persönlichkeit, meiner lang erarbeiten Stärke. Und die werde ich mir von meinem Verhältnis zu Corvin nicht nehmen lassen.

Das Tagebuch einer FremdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt