14.02.2018

400 41 6
                                    

If I go crazy, then will you still call me Superman?- 3 Doors Down

Ich fühle mich so chaotisch. So willkürlich durcheinander gebracht und nicht mehr ich selbst. Wobei meine Gedanken und diese Gefühle mir das erste Mal seit langem wieder treu sind. Glaube ich zumindest. Ich war immer ich selbst in Corvins Gegenwart. Immer, bis zu dem Zeitpunkt, an dem es zu schmerzhaft wurde.

Es ist schwer einen Sinn in Schmerz zu sehen. Angst ja. Angst kann einen schützen, Angst kann zum besten Freund werden, denn es beleuchtet den Abgrund und stellt dir die Entscheidung des Fallens frei. Aber Schmerz?

Schmerzen sind wie ein Magnet, der sich weigert die Vergangenheit loszulassen. Schmerz ist irgendwie immer da. Oft regiert er unter der Oberfläche aber manchmal tritt er hervor, erinnert dich lächelnd an seine Existenz, denn er selbst geht in sich auf. Er lebt von Qual, stimmlosen Kehlen, und geröteten Augenliedern. Schmerz beginnt zu atmen, sobald sich der Blick verschließt und sich die Zunge verschnürt. Sobald das Herz nicht mehr schlägt und nur noch zuckt. Sobald die Seele schreit und im eigenen Blut ertrinkt.

Ich sehe Corvin fast jeden Tag, wenn er durch Schulgänge geht oder in der Mensa, wenn er mit seinen Freunden isst. Ich weiß nicht wie es um seinen Abschluss steht, weiß nicht ob er immer noch Klassenbester in Philosophie ist und seinem besten Freund nach wie vor hilft die eine Mathearbeit nach der anderen zu bestehen. Ich glaube Corvin ist der einzige Grund, weshalb Sebastian noch nicht sitzen geblieben ist.

Aber all das was ich nicht weiß, lässt mich das was ich weiß nicht vergessen. Ich kenne das Gefühl durch Corvins Haare zu streichen, weiß wie weich sich seine Lippen anfühlen, kenne den Ton in dem er spricht, wenn er müde ist oder frisch aus dem Bett. Ich weiß welche Abneigung er gegen Menschen hat, die meinen sich durch ihre Kleidung definieren zu können und ich weiß wie sehr er einst vorgab mich zu lieben.

Und es schmerzt. Dieses Wissen, ist mir so bewusst und ich trage dieses Kreuz seit Corvins Besuch täglich mit mir. Ich hatte mich so gut im Griff. Habe ihn verdrängt, habe mich abgeschottet, bin täglich von Klassenzimmer zu Klassenzimmer geflohen, solange ich ihn nicht antreffen musste bin ich alles eingegangen. Menschen neigen dazu sich zu schützen. Irgendwann wenn es zu unaushaltsam wird, dann brechen sie die Lager ab und nehmen sich selbst zurück. Sie tun es nur für sich, denn nichts anderes ergibt mehr SInn, wenn der eigene Charakter auf dem Spiel steht. 

Es ist so viel falsch gelaufen zwischen ihm und mir. Zwischendurch dachte ich, er bereut es. Bereut es, dass er mich immer und immer wieder angelogen hat. Bereut es, dass er so kalt eine Zweisamkeit ruiniert hat. Und sein Besuch hat leise Hoffnungen in mir geweckt, denen ich mich kaum stellen will. Ich rede mir ein standhaft zu sein, doch ich hoffe. In seltenen ehrlichen Momenten, sehe ich die Realität ein.

Ich mache mir Hoffnungen, dass er zugibt, dass sein Besuch kein Zufall war. Ich hoffe, dass er bereut, dass es ihm leid tut. Und diese Hoffnung ist eines der Kriterien meines Schmerzes. Denn wenn ich ihn sehe, dann lacht er mit anderen Mädchen. Er macht Späße wie einst mit mir. Und ich sehe den Unterschied in seinen Augen. Und meistens frage ich mich, wie oft seine Lippen schon Erinnerungen mit einem dieser Mädchen tauschten.

Ich verhalte mich als wäre ich eifersüchtig, denn ich vermisse die Zeit, in der ich ihn noch zum Lachen gebracht habe. Vermisse die Momente, in denen seine blauen Augen unsere beiden Herzen zum schlagen gebracht haben. Ich vermisse nicht  unsere Beziehung, denn irgendwie bin ich über die Vergangenheit hinweg, habe akzeptiert was einst so unmöglich erschien.

Aber ich vermisse die Tage, in denen die Leichtigkeit meines Lächelns noch Augen zum Strahlen bringen konnte.


Das Tagebuch einer FremdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt