Während die Musik in den Boxen tobt, die Bässe den Boden vibrieren lassen und etliche Jugendliche enthusiastisch zur Musik ihre Arme in die Höhe reißen, bin ich einfach nur froh, nicht alleine hierhergekommen zu sein. Trotz Ohropax, ist es mir zu laut hier. Mir gefällt die Musik nicht, mir gefällt nicht, wie manche Typen bestimmten Mädchen hinterherschauen und dabei ihre Blicke wandern lassen. Es ist mir unverständlich, weshalb die Drinks so teuer sind und weshalb man sich für solch hektische Ausleuchtung der Tanzfläche entschieden hat. Dazu kommt dieser Geruch von Schweiß, vermischt mit einer leichten Alkoholfahne - je nachdem welchen Gruppierungen man sich nähert - und Zigarettenrauch.
Fawad und Yassin geben mir etwas, auf das ich mich konzentrieren kann. Mich machen dieser Raum und diese Leute nervös, sie lassen mich unwohl fühlen, als wäre ich gerade am denkbar schlechtesten Ort, den ich mir hätte aussuchen können. Meiner Begeleitung scheint es hingegen ganz anders zu gehen. Die beiden Jungs grinsen mir zu, besonders Fawad bewegt sich in dieser Disko, als wäre er eine Art Stammgast, auch wenn er zuvor eingeräumt hatte, erst einmal seit der Neueröffnung im "Paow!" gewesen zu sein.
"Was hälst du denn von Tanzen, Lean?", erkundigt sich Yassin bei mir. Ich stöhne innerlich auf. "Ehrlich gesagt ist das hier nicht so ganz meine Liga." Es fühlt sich an, als müsste ich schreien, um überhaupt über die Musik hinweg gehört zu werden. Fawad lacht laut auf. "Dir ist schon bewusst, dass das gerade ziemlich arrogant geklungen hat?"
Ein nervöses Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich schnell eine Antwort hinterherschiebe "Nein, ich meine ja. Das klang wahrscheinlich arrogant. War aber nicht so gemeint. Ich habe einfach bisher keinen Spaß am Tanzen entwickeln können.", eine klägliche Art und Weise durch die Blume hindurch zu erwähnen, dass ich de facto einfach zu viele Komplexe habe um mich in einem solchen Umfeld zur Musik zu bewegen.
"Wenn du partout nicht tanzt, warum sind wir dann nochmal gemeinsam in der Disko?", Fawads Frage hat einen rhetorischen Beiklang. Bevor ich etwas antworten kann, mischt sich Yassin ein. "Na wegen seiner kleinen Schwester. The power of little girls...", er zwinkert mir zu und ich kann nur darüber staunen, dass dieses Zwinkern gerade fast schon cool und keineswegs dämlich ausgesehen hat.
"Also ich weiß ja nicht was ihr jetzt so vorhabt, aber ich werde die Tanzfläche nun um eine weitere Bekanntschaft beehren." Ich spüre einen kleinen Hauch von Belustigung und Neid in mir aufkommen, als sich Fawad mit übertrieben schlängelnden Hüftbewegungen in Richtung Tanzfläche aufmacht. Auf halber Strecke dreht er sich nochmal um, richtet den Blick auf Yassin und mich und macht mit seinem Zeigefinger eine dieser auffordenden "Kommt rüber"-Bewegungen, während er scherzhaft anzüglich mit seinen Augenbrauen wackelt.
Yassin grinst und wirft seinem Freund eine Kusshand entgegen. "Ich glaube, mein Date wartet auf mich. Zeit Spaß zu haben." "Jaa alles klar, geht ihr ruhig, ich schau mal, ob die hier auch Wasser zu Normalpreisen haben.", erwiedere ich. Ich bin froh, dass die beiden sich nicht verpflichtet fühlen mir durchgehend Gesellschaft zu leisten, das lockert die ganze Situation dann doch etwas auf. Ich hätte nicht gewollt, dass sie sich wegen mir zurückhalten, nur weil ich mich in Diskos unglaublich fehl am Platz fühle und mich nicht locker machen kann.
Auf dem Weg zur Getränke-Theke, die am anderen Ende des Raumes ist, halte ich mir immer wenn ich an den Musikboxen durchkomme kurz die Ohren zu. Es ist mir relativ egal, wie das auf andere wirken mag. Obwohl ich mich an den Wänden entlang bewege und somit die Hauptfläche des Geschehens umgehe, stoße ich immer wieder mit angetrunkenen Partygästen zusammen. Teils scheinen sie das Gleichgewicht oder die Orientierung verloren zu haben, teilweise wirkt die ein oder andere Anrempelung wie ein gescheiterter Flirtversuch. Ich kann nur beten, dass sich Taraneh noch nicht im Delirium befindet und dass Milo ein Auge auf sie hat.
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Das Tagebuch einer Fremden
Fiksi UmumRuna. Wenn Lean jemals Tagebuch geschrieben hätte, hätte er dieses Mädchen als faszinierend bezeichnet. Lean kennt nicht einmal ihren Namen und trotzdem füllt nur sie alleine seine Gedanken aus, sobald sie den Bus betritt. Runa ist das Mädchen...