25.01.2018

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Go to college, a university, get a real job, that's what they said to me. But I could never live the life they want...

Gerade eben an der Bushaltestelle, bin ich wiedermal in eine dieser Situationen geraten, die sich konsequent durch meinen Alltag ziehen, obwohl ich sie nicht dazu aufgefordert habe.

Ich habe ganz normal meine Kopfhörer rausgeholt, um ein paar Tracks Anti Flag zu hören, und habe mich an die Glaswand der Haltestelle gelehnt. Ich habe überhaupt nicht auf meine Umwelt geachtet, dafür war ich viel zu sehr in den Lyriks und dem fließenden Tackt versunken, der einen in den Song hinein zieht, wie ein strömender Fluss.

Doch schließlich ist mir aufgefallen, dass ich angestarrt werde. Eine ältere Dame, mit einem offensichtlichen Styleproblem, blickte mich herablassend an und wendete sich ab, um anschließend einem Mädchen (ich schätze sie auf 12) etwas ins Ohr zu flüstern. Es war unverkennbar, dass ich ihr Gesprächsthema war.

Wäre ich nicht ich, Runa, die stets versucht sich von niemandem einkriegen zu lassen, hätte das Ganze mich eventuell verletzt. Doch dafür begegne ich solchen Situationen viel zu häufig. Irgendwann gewöhnt man sich daran, seltsam angeschaut zu werden. Viele tun es. Und an manchen Tagen kommt es mir so vor, als seien es alle.

Aber welchen Sinn hätte es, den Fokus immerzu auf solche Dinge zu legen ? Ich weiß genau, dass es mich auf die Dauer runterziehen würde. Ich würde Dinge an mir hinterfragen, Verhaltensweisen, Auftreten... Vielleicht würde ich gar mich hinterfragen, und das ist mit unter das schlimmste, was man machen kann.

Immerhin ist die Grundschule vorbei. Damals waren es nicht nur schräge Blicke, die man mir zuwarf. Hinzu kamen Beleidigungen aller Art. Die meisten sehen immer nur die süßen, knuffigen Seiten an Kindern, doch wenn man sich mitten unter ihnen befindet, können sie einem geradezu schrecklich vorkommen.

An meiner jetzigen Schule werde ich größtenteils in Ruhe gelassen. Ich denke es gibt eine Art stille Vereinbarung zwischen mir und den meisten meiner Klassenkameraden. Wir beachten einander nicht weiter. Ich leiste meinen Teil zum Unterricht, sie leisten ihren Teil und sobald wir durch die Tür des Klassenzimmers treten, trennen sich unsere Wege. 

Mit manchen komm ich trotzdem ziemlich gut klar. Aber die meisten von ihnen haben ähnliche Erfahrungen gemacht wie ich. Mira zum Beispiel. Sie ist still, zurückhaltend und tendenziell stets nachdenklich. Trotzdem sind die Treffen mit ihr immer einzigartig, oder vielleicht auch einfach darum. Ich weiß es nicht.

Letztens haben wir einfach gemeinsam etwas Zeit in einem Kaffee verbracht und beide gelesen, ohne uns zu unterhalten. Schließlich ist es eine Illusion die Bildung in Schulen als ausreichend betiteln zu können.

Es war kein „klassisches" Treffen und trotzdem hatte es etwas entspannendes. Anders als Mira hasse ich es jedoch als ruhig und schüchtern eingeteilt zu werden. Es mag Momente geben, in denen ich mich zurückhalte, doch ich bin nicht so wie sie.

Der einzige derzeitige wirkliche Nachteil an meiner Schule ist, dass Corvin auch dort ist. Aber wenn ich nächstes Jahr mein Abitur mache, werden sich unsere Wege zwangsläufig trennen. Ich kann es kaum erwarten etwas total untypisches mit meinem Abschluss zu machen. Es ist nur noch zu unbefestigt, um es auf Papier festzuhalten.

Aber eins steht für mich fest. Ich werde keinen Weg gehen, der bereits zu einem breiten Pfad ausgetreten ist. Ich werde einen unbekannten Weg einschlagen und die ersten Schritte in eine neue Richtung gehen. Metaphorische Wege gibt es für mich nur, damit man weiß, dass sie existieren und sich daran ableiten kann, dass es immer noch Möglichkeiten gibt, einen neuen zu gehen. Die ersten Schritte auf einen Weg zu setzten, der noch nie begangen wurde.

Welchen Sinn hätte mein Leben, wenn ich immer nur blind den Fußspuren der anderen folgen würde ?

Das Tagebuch einer FremdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt