23. Kapitel

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Das Lesen von Runas nächstem Tagebucheintrag hat mich keineswegs beruhigt. In mir tobt nach wie vor ein Gefühl, das mich zwischen Hilflosigkeit, schlechtem Gewissen und einer unverkennlichen Selbstwut, alleine mit mir selbst lässt. Dennoch hat es mir Abstand geschaffen, Abstand zu geschrienen Anfeindungen, zu verletzenden Blicken und einem Auftreten, das ich zwar einerseits aus meiner Verantwortung als großem Bruder heraus verabscheue, jedoch andererseits auch nicht ungeschehen machen möchte. Diese Frustration schwelgt immer noch in meinem Inneren. 

Trotz all dem, beobachte ich mich dabei eine Nachricht an meine kleine Schwester in mein Handy zu tippen, mehrmals Wortformulierungen zu ändern und misstrauisch zu beäugen. Ich will ihr heute Abend nicht nocheinmal über den Weg laufen. Ich will allgemein heute niemandem mehr begegnen, dafür fuehle ich mich zu ausgelaugt, zu zerschlagen, zu ausgeliefert an dieses Chaos in mir. 

Um wenigstens einem Teil meiner Gedanken mit halbwegs beschwichtigtem Gewissen entfliehen zu können erkläre ich mich also bereit, in diese Situation zu gehen, die ich nicht ausstehen kann. Disko. Für Traneh. Aber nicht alleine. Und kurz nachdem ich die Nachricht abgeschickt habe, spüre ich, wie mich der Schlaf auf Erleichterung schaffende Weise zu übermannen beginnt. 

"Ich komme mit. Du kümmerst dich um die Karten - 5 Stück, weil ich noch zwei Kumpel mitbringen werde - und vergiss die Ohropax nicht."

Das Tagebuch einer FremdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt