Fortsetzung zu "Bin ich so schlimm?"
Unachtsam stocherte sie in ihrem Essen herum. Diese ganzen Vorfälle waren mittlerweile schon ein, zwei Wochen her und trotzdem konnte sie es nicht glauben. Ihr Vater war tot und ihre Mutter psychisch krank. Verrückt wie sich ein Leben ändern konnte.
"Was'n los?", fragte Alex leicht lustig.
"Kein Hunger."
"Du isst momentan echt wenig.", stellte Phil fest.
"Stimmt gar nicht.", sagte sie murrend.
"Kein weiterer Kommentar.", sagte Phil, um einen weiteren Konflikt aus dem Wege zu gehen. Leider ohne Erfolg.
"Junge, warum bist du schon wieder so?", sagte sie genervt und blickte auf die andere Tischseite, wo Alex und Phil sie musterten.
Franco und Florian hatten Tagschicht und waren somit nicht beim Mittagessen zu Hause.
"Wie denn?"
"So passiv aggressiv.", verrollte sie die Augen, "Kein weiterer Kommentar.", parodierte sie ihn.
Sie selber wusste nicht warum sie so war. Ihr Bruder war, mit den anderen WG-Mitgliedern, der Einzige, der sie unterstützte. Im Endeffekt machte er sich nur Sorgen um sie. Denn schließlich war ihre Mutter durchgedreht und hatte sich selber und ihre Tochter fast getötet.
"Lucia, es war nicht Böse gemeint. Ich mach mir nur Sorgen."
Da war der Kommentar. Er machte sich nur Sorgen und hatte wahrscheinlich Angst um sie. Aber sie konnte es nicht mehr hören. Dieses Fürsorgliche. Alle taten so als würde sie gleich zusammenbrechen. Mach bloß kein Sport, denn deine Lungen sind noch nicht ganz gesund. Pass hier auf. Pass da auf. Denkst du, du kannst schon wieder zu Schule gehen? Du kannst mir alles erzählen. Es ging einfach nicht mehr.
"Das brauchst du aber nicht. Mir geht es gut."
"Anscheinend ja nicht. Sonst wärst du nicht so distanziert und aufbrausend."
Tief ein und aus atmen, Lucia., predigte sie zu sich selber.
Alex hielt sich bis jetzt raus aus der Sache. Es war ein Streit zwischen den Geschwistern und er hatte keinen Part darin. Also brauchte er sich auch auf keine Seite stellen.
"Was soll das denn jetzt heißen? Wenn ich hier nicht erwünscht bin, musst du mich rausschmeißen!", schnauzte sie ihren Bruder an.
"Das hat keiner gesagt, Lucia! Du bist nur komisch momentan und ich mach mir deswegen Sorgen. Wir alle tun das."
Das war so klar. Er musste jetzt die anderen mit einbringen. Somit stand sie wieder allein.
"Mein Gott! Was denkst du denn? Wie soll es mir denn gehen? Soll ich Freudensprünge machen? Oder vor die heulend zusammenbrechen? Oder was soll deiner Meinung nach passieren? Dad ist tot! Und Mom ist psychisch krank! Sie ritzt sich und trinkt! Und hätte uns beide damit fast umgebracht! Was soll ich also bitte deiner Meinung nach fühlen? Alles ist unter mir zusammen gebrochen. Alles. In nicht Mal einem Monat ist meine heile Welt kaputt gegangen!"
Sie stand verärgert auf.
"Nichts ist mehr in Ordnung Phil! Nichts! Also kann es auch Mal vorkommen, dass ich kein Hunger hab! Und vielleicht rede ich nicht so viel, weil ich es selbst erstmal verstehen muss!"
Mit Tränen in den Augen rannte sie nach oben.
"Lucia, warte doch.", sagte Phil ihr hinterher.
Jedoch hatte sie keine Lust auf irgendwelche Gespräche mit ihrem Bruder wie es ihr geht und wie er ihr helfen könnte. Er konnte nicht helfen. Jedenfalls nicht heute.
Seufzend stellte Phil die Ellenbogen auf den Tisch und vergrub sein Gesicht in seine Hände. Er wusste nicht wie schwierig es war mit seinen Gefühlen umzugehen und gleichzeitig seine Schwester zu verpflegen.
"Hey Phil, nehm es nicht so schwer. Sie muss das ganze genauso verarbeiten wie du."
"Es ist bloß so schwer. Ich muss mich jetzt um sie kümmern und das Vollzeit."
Er legte das Wort Vollzeit in Anführungszeichen.
"Phil, wir sind doch da. Wir helfen dir und deiner Schwester. Aber das wichtigste ist, dass du ihr Zeit gibst."
Er nickte verständlich.
"Vielleicht sollte ich uns was neues suchen, dass ihr nicht von uns gestört sein.", überlegte Phil.
Er wollte den WG-Bewohnern keine trauernden Geschwistern antun.
"Na hör mal, du musst dir doch nichts neues suchen.", sagte Alex ernst.
"Nur weil es jetzt gerade stressiger ist, musst du euch doch nichts neues suchen. Ihr seid beide willkommen."
"Danke, Alex."
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Neues Kapitel. Yay. Nicht wirklich lang, aber egal. Hoffe es gefällt euch.
➡️Habt ihr einen Lieblingsfilm? Me: gifted (deutsch: begabt)
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ASDS - Short Stories (Kurzgeschichten)
FanfictionÄrzte, Notfallsanitäter und Pfleger haben einen sehr vielfältigen und abenteuerlichen Beruf. Sie wissen nie was sie erwartet, wenn sie ihre Schicht antreten. In diesem Buch lest ihr über verschiedene, unabhängige voneinander kurze Stories der Spezia...