34. „Wer zahlt nochmal heute?" (3)

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„War was beim Joggen?", fragte Oli weiter.
„Nicht joggen.", flüsterte sie so leise, dass es nur Phil und Oli hörten, die direkt über ihr saßen.
Der behandelnde Notarzt hatte ihren Kopf zwischen seine Hände gelegt, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen.
„Ihr wart nicht joggen?", fragte Phil verwirrt.
Ein Kopfschütteln.
Mittlerweile war ihr Körper entspannter. Die Medikamente wirkten.
„B... Bar.", flüsterte sie weiter, „Bier... Jacky..."
Ihr Puls verschnellte sich ungemein.
„Ihr wart in einer Bar?"
Sie nickte.
„Jacky..."
„Jacky war mit dabei, richtig?"
Sie wusste mittlerweile, dass es nur irgendwas mit dem Bier sein könnte, denn das war das einzige, was nur die drei zu sich genommen hatte.
Ebenfalls nickte sie.
„Was habt ihr zu euch genommen?"
„Bier...", flüsterte sie.
Ihr Puls schoss hoch bis zu 180 Schläge pro Minute.
„Beruhig dich. Wart ihr Bier trinken?"
Wieder ein Nicken. Diesmal sogar ein viel deutlicheres.
„Aber was soll mit dem Bier gewesen sein?", fragte Dustin verwirrt.
Oliver und Phil guckten sich aber wissend an.
„Wir sind Stammkunden bei einer Bar, die selbst braut.", sagte Phil kleinlaut, „Wenn da was schiefgegangen ist..."
„Haben die beide eine Methanolvergiftung.", ergänzte Oli.
Jedoch konnten sie sich noch nicht komplett darauf verlassen, denn sie konnten auch zu einer anderen Bar gegangen sein.
„Lucia, hör mir zu.", sagte Oli zu seiner schläfrigen Patientin, „Wart ihr in der Bar, wo sie selbst brauen?"
Sie überlegte.
„Glaube... ja.", sagte sie schwach.
„Glaube reicht mir in dem Fall. Und Jacky war mit dabei?"
Sie nickte.
„Ben bestell einen RTW und NEF zu Jacky nach Hause. Verdacht auf Methanolvergiftung. Nicht das sie da schon bewusstlos ist.", sagte er nervös.
„Wie viel habt ihr getrunken?", fragte Phil seine Schwester.
„Eins."
Ihre Stimme war kaum hörbar.
„Jeder von euch hat nur ein Bier getrunken? Sicher?"
Sie nickte und ihre Augen schlossen sich erschöpft.
„Lucia, bleib bei uns."
„Das ist problematisch. Ein halber Liter Methanol ist extrem tötlich. Wir müssen sofort ins Krankenhaus.", sagte Oli hektisch.
Er blickte zu seinen beiden Patienten hin und her. Sie waren beide extrem instabil. Der eine vom Bewusstsein her und die andere von den Werten. Es war ein Wettlauf mit der Zeit.
Weiter überlegen konnte er nicht, denn das Gerät von Lucia schlug Alarm.
„Sättigung fällt.", sagte Dustin.
Oli erkannte die Situation. Eine Methanolvergiftung führte irgendwann zur Atemlähmung.
„Phil, geh bitte zu Alex und helft ihm ins Auto zu bringen."
Er wusste, dass die nächste Situation unaushaltsam sein musste. Also gab er ihm was zu tun.
„Ich brauch eine Sauerstoffmaske und dann sofort ins Auto. Ben meld uns an. Zwei Intensivbetten für Verdacht auf Methanolvergiftung. Sechszehn, somnolent, instabile Werte, Extrasystolen. Dreiunddreißig, bewusstlos, nicht beatmet und weitgehend stabile Werte. Sie sollen ein weiteres bereithalten falls Jacky das selbe erwischt hat. Und bestell die Pol zu der Bar, die müssen sofort aufhören, den Alkohol rauszugeben."
Wieder blickte er zu seiner Patientin runter. Mittlerweile war sie bewusstlos, jedoch stieg ihre Sauerstoffsättigung wieder. 92. Immer noch nicht gut, aber besser.
Er blickte zu Alex rüber, der von Phil versorgt wurde und auf den Transport vorbereitet worden ist.
„Lucia, kannst du mich hören?"
Er schlug ihr gegen die Wange. Stöhnend öffnete sie die Augen. Ihre Augen zeigten ihre Erschöpfung und ihre pure Angst, die sie hatte.
Sie blickte sachte von links nach rechts als sie die gesuchte Person nicht entdeckte. Immer wieder zog sie überholt die Luft ein und wimmerte auf. Tränen verließen ihre Augen.
„Hey Lucia, alles wird gut. Versuch ruhig zu atmen."
Er strich ihr über das blasse, verschwitzte Gesicht.
„Phil.", flüsterte sie so leise, dass nur Oli es hörte.
„Phil kümmert sich kurz um Alex, okay?"
Bevor er die Jugendliche weiter beruhigen konnte, kam Franco runter.
„Ich bleib so lange bei dir."
Er strich ihr über die Haare, so wie es Phil vor einigen Minuten noch getan hatte.
Ein leichtes Nicken.
„Okay, Yannik hol' mir die Trage. Sie müssen ins Krankenhaus."
Im selben Moment trat wieder Ben in den Raum.
„Sind angemeldet. Klinik am Südring. Schockraum eins."
„Super."
Fünf Minuten später hatte Oliver Dreier seine zwei Patienten im RTW. Lucia war immer noch somnolent und brabbelte nervös den Namen von Phil. Jedoch konnte Franco sie immer beruhigen. Auch Alex war noch bewusstlos. Phil hatte seine Werte weiter beobachtet.
„So wie sieht es hier aus?", kam Oli in den zweiten RTW.
„Unverändert. Aber stabil. Bei euch? Wie geht es Lucia?"
„Sie ist ein bisschen ängstlich. Werte immer noch instabil, aber haben sich nicht weiter verschlechtert."
Er seufzte auf.
„Phil, hör mir zu. Ich werd mich um sie kümmern. Du bleibst bei Alex und fährst uns hinterher. Sobald etwas ist, halten wir an."
Er klopfte ihm verstärkend auf die Schulter. Dieser nickte nur betrübt.
„Also, fahrt vorsichtig."
Er stieg aus dem Auto und schmiss die Tür zu. Er stieg wieder in den RTW, wo Lucia immer noch lag und panisch zu den reinkommenden Oli blickte.
„Hey, was ist los?", fragte er besorgt als ihre Augen leicht feucht glitzerten.
Jedoch sagte sie nichts und atmete viel zu schnell. Antwortsuchend blickte Oli zu seinem Kollegen Franco.
„Sie hat Angst."
„Verständlich."
Yannik setzte sich vorne auf den Fahrersitz.
„Wir können fahren.", klopfte er gegen die Scheibe.

ASDS - Short Stories (Kurzgeschichten)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt