Meine Therapiestunde war vorbei und ich lief zur Bushaltestelle. Mein Psychiater hatte seinen Sitz relativ weit am Stadtrand von Köln, aber trotzdem sehr nah an dem Haus, wo ich drin wohnte. Ich liebte diese Ecke von Köln. Es war kaum jemand zu sehen, obwohl es so schöne, grüne Liegeflächen gab und viele Bäume Schatten spendeten. So auch heute. Die Sonne stand hoch am Himmel und erwärmte mein Gesicht. Trotz des schönen Wetters lief kaum eine Person hier lang. Gut, das könnte auch daran liegen, dass es Mittwoch ist und es 10:45 Uhr war. Entweder waren die Personen arbeiten, waren zu Hause oder waren in der Innenstadt unterwegs. Aber das hier war zu hundert Prozent nicht Innenstadt.
Vor mir liefen zwei Männer. Sie schienen sich nett zu unterhalten, denn sie lachten herzhaft. Ein Auto fuhr auf der Straße entlang und war meiner Meinung nach viel zu schnell.
„Wenn das mal nicht böse endet.", nuschelte ich vor mir hin.
Ich sah zu wie das Auto der Bushaltestelle immer näher kam und dann geschah es. Der Besitzer verlor die Kontrolle über das Auto und fuhr mit voller Kraft gegen das Häuschen an der Bushaltestelle. Es schepperte und das Auto kam zu stehen. Das Glas des Häuschen zerbrach in Hunderten von Einzelteilen und Schnitten in den Körper der drei Personen, die im Auto saßen.
Meine Körper zuckte zusammen bei diesem Anblick und ich blieb abrupt stehen. Auch die beiden Männer vor mir bekamen die Situation voll mit. Sie unterbrachen ihr nettes Gespräch und rannten zum Auto. Einer der beiden drehte sich um und forschte die Gegend nach etwas ab bis er bei mir hingen blieb.
„Hey, kannst du bitte schnell kommen und helfen.", rief er in meine Richtung.
Meinte er jetzt wirklich mich. Ich versicherte mich, dass ich gemeint war indem ich einen Rundumschlag machte.
Gianna du bist gemeint.
Erzählte mir mein Unterbewusstsein als wüsste mein Kopf das nicht. Der Mann starrte mich immer noch an und ich joggte los. Ich war bestimmt noch 75 Meter von der Unfallstelle entfernt als ich bemerkte wie schlecht mir wurde.
Das ist deine Chance Gianna. Vielleicht hilft es deine Angst zu überwinden.
Trotzdem ich langsamer wurde, kam ich irgendwann an.
„Wie heißt du?", fragte mich, immer noch, der selbe Mann.
„G... Gianna."
„Okay, Gianna, hör zu, du musst unbedingt den Notruf wählen, währenddessen wir den Dreien helfen. Du brauchst keine Angst wir sind beide Ärzte."
Mir blieb die Spucke weg.
„Ich soll den Notruf wählen?", flüsterte ich entsetzt.
Ich kann das nicht.
„Kann das nicht jemand anders machen?", flüsterte ich.
„Nein, du bist die einzige, die das jetzt machen kann."
Ich sah die drei Personen. Es war eine kleine Familie,
würde ich vermuten. Ein Mann, eine Frau und ein Mädchen im Alter von fünf Jahren.
Nur du kannst ihnen helfen. Also wähl den Notruf.
„Ich habe sowas noch nie gemacht.", gab ich zu.
Der Mann stand jetzt direkt am Auto und half mit die Leute zu stabilisieren.
„Ich werde dir alles sagen, ok?"
„Mhh..."
Ich zückte mein Handy und wählte die Nummer.
„Ich habe die Nummer gewählt.", sagte ich zu ihm gewandt.
Meine Hände zitterten vor Nervosität und mein Kopf brummte. Ich hatte zwar Termine beim Psychologen, aber soweit war ich noch nicht gekommen, um sowas zu machen.
„Feuerwehr Notruf, was ich kann ich für Sie tun?"
„Es ist jemand dran."
„Ok, sag ihm, wo wir sind."
„Ich... ich befinde mich gerade in der Ahorn Allee, an der Bushaltestelle."
„Jetzt sag ihm, dass wir drei Schwerverletzte haben und wir drei RTW's brauchen und mind. einen NEF.", wies mich der Mann an.
„Ähh, hier sind drei Schwerverletzte. Wir brauchen drei RTW's und einen NEF.", erzählte ich ohne, dass ich wusste was das heißt.
„Was heißt wir und wer bist du?", fragte die Stimme durch das Telefon.
„Gianna und... und hier sind noch zwei Männer. Sie sagten sie seien Ärzte."
„Sag ihm, das wir Alex und Phil sind.", sagte nun der Mann wieder.
„Die Ärzte heißen Phil und Alex."
„Okay, dann bist du schonmal in guten Händen. Trotzdem muss ich euch sagen, dass der Rettungswagen erst in fünfzehn Minuten eintrifft."
„Der Rettungswagen trifft erst in fünfzehn Minuten ein.", sagte ich zu den Ärzten.
„Ach du scheiße. Warum so lang?", fluchte der eine.
„Warum?", fragte ich.
„Es ist keiner in der Nähe und sie müssen über die Autobahn, aber da hat sich aber auch gerade ein Unfall ereignet."
„Da ist noch ein Unfall und keiner ist in der Nähe.", sagte ich leise, aber hörbar.
„Ok, dann brauch ich deine Hilfe. Leg auf."
„Ich soll auflegen."
„Okay, bleib schon ruhig. Sie versuchen so schnell wie möglich zu kommen."
Dann piepte das Handy nur noch und der Kontakt war weg.
Mir war total unwohl bei der Sache. Ich hatte Angst.
Bitte lass einfach keine Panikattacke kommen.
Bat ich mir selber.
„Jetzt kommst du zu mir, zu dem Mädchen."
Ich lief zum Auto. Ich bemerkte wie meine Beine nachlassen wollten, mein Bauch sich weigerte irgendwas zu machen und mein Körper mit allen Maßnahmen versuchte mich um den Verstand zu bringen. Mein Kopf sagte ich muss helfen, sonst stirbt jemand. Aber sag das mal jemanden der Angstzustände bekommt bei allem. Bei wirklich allem.
„So, du versucht jetzt das Mädchen wach zu halten und hältst ihren Kopf. Sie darf sich nicht bewegen."
„Ich kann das einfach nicht. Ich... ich."
Er unterbrach mich.
„Du schaffst das. Du hältst hier den Kopf und setzt dich neben ihr."
Er zog mich auf den Rücksitz neben dem Mädchen.
„Alex kommst du kurz rum."
Der andere Mann, der gerade mit der Frau beschäftigt war, die blutüberströmt war, kam rüber. Er wusste wohl, was Phil wollte und setzte meine Hände an den Kopf.
„So ich lass jetzt los und jetzt musst du halten."
Meine Hände zitterten, doch ich versuchte es unter Kontrolle zu halten, um den Kopf nicht fallen zu lassen.
„Jetzt rede mit ihr.", forderte Phil mich auf.
„Hey.", meine Stimme zitterte, „Wie heißt du?"
„GiaNina.", flüsterte das Mädchen.
„Wirklich? Das ist ein schöner Name."
Ich versuchte zu lächeln, was mir merkbar schwer fiel. Mir war schlecht, ich schwitzte und mein Körper zitterte vor Anspannung. Ich wollte gar nicht wissen, wie bleich ich war.
Ich riss mich aber zusammen.
Gianna, Reiß dich zusammen. Es geht um leben oder tot.
„Wie heißt du denn?"
„Du wirst es nicht glauben. Gianna."
„Unser Name ist ja fast gleich.", sie lächelte.
Sie lächelte das ist gut.
„Richtig."
Auf einmal trübte sie wieder ein. Sie schloss wieder ihre Augen.
„Sie... sie hat ihre Augen wieder geschlossen."
Eine Träne kullerte mir die Wange runter.
„Sprech sie wieder an?"
„Wir brauchen ein Crashrettung bei dem Mann!", rief Alex.
Phil eilte rüber und half ihm.
„GiaNina. Bleib bei mir. Lass dein Augen offen."
Ich zitterte immer noch und die Tränen sammelten sich. Sie reagierte kaum.
„GiaNina?", sagte ich lauter.
Sie reagierte gar nicht mehr. Alex reanimierte den Mann, denn sie gerade auf den Boden gelegt hatten.
„Sie sagt nichts mehr!", sagte ich nervös.
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ASDS - Short Stories (Kurzgeschichten)
FanficÄrzte, Notfallsanitäter und Pfleger haben einen sehr vielfältigen und abenteuerlichen Beruf. Sie wissen nie was sie erwartet, wenn sie ihre Schicht antreten. In diesem Buch lest ihr über verschiedene, unabhängige voneinander kurze Stories der Spezia...