„Wie ihr wisst, besucht uns heute der Rettungsdienst."
Iria und ich saßen total müde auf unseren Plätzen. Wir hatten Mühe und Not uns wach zu halten.
„Wie gerne würde ich gerade schlafen. Pahahah.", sagte ich zu Iria.
„Same. Die Nacht war echt kurz."
Hierbei betonte Iria das Wort kurz.
„Wir sind auch echt blöde. So lange wach zu bleiben.", lachte ich leise, sodass wir niemanden auf uns aufmerksam machen.
„Wer hatte denn hier die Probleme, nhh?"
„Iria, bleibst du mit mir wach mir geht es nicht gut und kann deshalb nicht schlafen", spielte sie nach.
„Hör auf.", lachte ich und stieß ihr in die Rippen.
„Au.", sagte sie beleidigt.
„Fertig?", fragte unsere Klassenlehrerin böse.
„Nein.", sagte ich trocken.
„Ihr beide stört aber! Also seit bitte leise!"
„So wie immer, also.", mischte sich jetzt auch Iria ein.
Unsere Lehrerin schüttelte nur den Kopf.
„Man die nervt."
Wir malten nun in unseren Hausaufgabenheften. Wir beide führten ein Bullet Journal und hatten somit immer was zu tun, wenn wir wollten. Wir hätten zwar lieber weiter gequatscht, aber wir wurden schon zu oft ermahnt, sodass wir es lieber ließen, um ein Eintrag nicht zu riskieren.
„Fuck, ich muss pissen!", brachte ich raus.
„Geh doch!", lachte Iria.
„Ja ne, wir haben im dritten Stock Unterricht und ich muss in den ersten Stock um aufs Klo zu gehen. Alter, danach brauch ich ein Sauerstoffzelt, vor all Dingen nach der Nacht.", ich stockte kurz, „Aber wenn ich nicht gleich gehe, gibt es eine Pfütze zum Aufwischen."
Also riss ich den Arm hoch.
„Eliza?", fragte der eine Typ vom Rettungsdienst. Ich musste zugeben, dass ich seinen Namen nicht wusste.
„Kann... Darf ich auf die Toilette?"
Er nickte.
„Viel Spaß."
„Werd ich haben."„Puh. Alter Fata.", ich atmete angestrengt ein, „Ist der dritte Stock atemberaubend."
Iria lachte mich nur aus, währenddessen ich mich auf meinen Stuhl sinken ließ.
Mehrere Minuten später war die Pause und danach malten wir einfach weiter.„Könnt ihr vielleicht aufhören zu malen?", fragte mich der Typ, der mich vorhin zur Toilette ließ.
„Nicht wirklich.", sagte Iria und malte weiter.
„Ist aber respektlos."
„Wissen Sie was respektlos ist, gegenüber meinem Körper?"
Ich ließ ihm ein paar Sekunden Zeit zum Überlegen, bevor ich antwortete. Er guckte sichtlich verwirrt.
„Zwei Stunden Schlaf."
„Also haben Sie zwei Möglichkeiten. Entweder zeichnen und ruhig oder quatschen und laut.", Iria stockte, „Bzw. Drei Möglichkeiten. Oder Schlafen, leise und gar nicht anwesend."
Er guckte schräg.
„Ihre Entscheidung.", Iria zuckte mit den Schultern.
„Obwohl eine Möglichkeit fällt raus, das Quatschen. Wir haben echt kein Bock auf weiteren Stress mit unserer Lehrerin.", unterbrach ich ihn.
„Dann geht man früher ins Bett.", sagte er trocken.
„Ein Schlaukeks also. Wenn das mal so einfach gewesen wäre."
Unsere Lehrerin muss uns „belauscht" haben, denn sie kam zu uns.
„Wenn ihr nicht sofort aufhört, fliegt ihr raus.", sagte sie streng.
Wir mussten uns das Lachen verkneifen.
„Dann gehen wir raus. Tschau.", sagte Iria, hob die Hand und ging raus.
Ich eierte ihr hinterher. Man sah, dass unsere Lehrerin glücklich darüber war, dass wir gegangen sind. Sie hatte uns schon mehrere Male so angeschnauzt und wollte dass wir rausgehen. Also hatte Iria den Stress diesmal vorher abgebrochen.
„Junge, kann uns keiner einfach malen lassen. Wir stören nicht mal!", meckerte Iria als wir die Tür geschlossen hatten.
„Tja, du kennst sie ja.", zuckte ich mit den Schultern, „Nervig hoch zehn."
„Hoch Tausend."Wir wussten nicht was wir machen sollten, denn schließlich war Unterricht und nichts war los in den Fluren. Außerdem mussten wir uns ja irgendwie wach halten. Also beschlossen wir durch die Schule zu laufen. Zum Klo. Zum Spind. Hoch in den dritten Stock. Zurück zum Vertretungsplan, um eventuell Vertretung für morgen ablesen zu können und wieder hoch in den dritten Stock. Auf dem Weg in den dritten Stock sahen wir jemanden vor uns laufen. Ein Mädchen. Bestimmt erst siebte Klasse.
Sie kippte nach hinten um und fiel die Treppe runter.
„Ach du scheiße!", Iria stockte, „Das glaub ich jetzt nicht!"
Wir rannten zu ihr. Wir drehten sie auf den Rücken.
„Ich glaube sie atmet nicht mehr!", schrie Iria.
„Leck mich am Arsch.", brachte ich heraus, „Du kannst nicht reanimieren oder?"
Sie schüttelt den Kopf.
„Na toll."
Zwei Stunden Schlaf. Luftmangel des Jahrtausend und Reanimation.
Ich fing an ihren Brustkorb runter zu drücken. Dreißigmal.
„Bekommst du das hin?"
„Ich hoffe."
Es war anstrengend. Sehr anstrengend.
„Sing mit mir, sodass ich ordentlich reanimiere."
So sangen wir zusammen Stayin alive. Ich beatmete sie zweimal und machte weiter. Dreißigmal drücken. Zweimal beatmen. Dreißigmal drücken. Zweimal beatmen.
Ich prüfte ihre Atmung.
„Heilige Mutter Maria, sie atmet wieder!", sagte ich erschöpft.
„Ich geh die von oben holen.", sagte ich und rannte die Treppe hoch.
„Was soll ich machen?"
Ich drehte mich um und blieb auf der Hälfte der Treppe stehen.
„Ähh, kontrolliere die Atmung und den Puls. Sprech sie an.", ich stockte, „Ach keine Ahnung."
Ich rannte weiter. Ich war erschöpft. Trotzdem rannte ich.
Ich hielt an der Tür zu unserem Klassenraum. Ich stützte mich kurz ab. Ich musste erstmal atmen. Dann riss ich die Tür auf.
„Moin."
Nicht dein Ernst oder? Moin?
„Hallo?", fragte mich einer vom Rettungsdienst. Er war sichtlich verwirrt.
Ich hing an der Türklinke.
„Da unten stirbt jemand.", ich stockte und atmete stockend ein und aus, „Glaub ich?"
„Wie da unten stirbt jemand?", fragte wahrscheinlich der Notarzt.
„Also... also..."
Meine Lunge nahm kaum noch Sauerstoff auf.
„Da unten."
Ich zeigte in Richtung Flur. Der Rettungsdienst nahm alles mit, was sie brauchten und liefen mir hinterher.
Mir wurde mittlerweile schon schwindelig und schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen.
„Jesus.", flüsterte ich.
Wir liefen. Nein, wir rannten zwei Treppen runter und zeigte dann auf das Mädchen runter. Sie liefen noch schneller und überholten mich. Mitten auf der Treppe hielt ich mich am Geländer fest.
Iria klärte gerade die Rettungskräfte auf und kam dann zu mir.
„Eliza? Alles gut?", fragte sie geschockt.
Ich hielt mir an den Rippen.
„Jaja."
„Jaja heißt Leck mich am Arsch. Spuck aus!"
Meine Beine gaben immer mehr nach.
„Die Nacht...", brachte ich noch heraus.
Meine Beine klappten zusammen und meine Freundin fing mich auf.
„Ich habe hier nen Problemchen.", sagte sie.
„Scheiße!", rief der Eine.
„Flo, leg Sie hier hin."
Dann war ich weg.„Eliza?"
Jemand schlug mir auf die Wange.
„Schön wach bleiben."
„Wer sind Sie denn?", fragte ich geschockt.
Ich wusste, dass ich ihn heute schon gesehen hatte, aber sein Name war mir entfallen.
„Florian."
„Florian.", sprach ich ihm nach.
Meine Lunge war immer noch nicht wirklich einsatzfähig.
„Hast du Schmerzen?"
„Nein.", ich versuchte zu atmen, „Meine Lunge."
Dann piepte irgendwas. Ich bekam wieder weniger Luft und ich schloss wieder meine Augen.
„Alex! Eliza, wach bleiben!"
„Woher kennen Sie meinen Namen?"
„Was ist los?" fragte der vermutliche Alex.
„Verwirrt, Sauerstoffsättigung sehr niedrig bei 82, somnolent."
Erst jetzt bemerkte ich mehrere Kabel an meinem Körper hängen.
„Ich möchte Sauerstoff und einen Zugang!", wies Alex an.
„Kannst du mir sagen, seit wann du so Sauerstoffprobleme hast?"
Ich war zu schwach. Zu schwach zum Reden. Meine Augenlider waren schwer wie Blei und meine Lungen nicht funktionstüchtig.
„Wo ist ihre Freundin?", fragte Alex nun.
„Hier.", sagte Iria, die bislang nur in der Ecke vom Flur stand und auf mich herunterguckte.
„Ihr habt irgendwas gesagt mit zwei Stunden Schlaf. Hat das damit zu tun?"
Er bewegte seinen Arm über die gesamte Situation.
„Naja... Also... Ich weiß nicht, wie ich es sagen soll, denn eigentlich soll ich es für mich behalten.", stotterte Iria wild herum.
„Das ist wichtig! Ihr ist nicht geholfen, wenn sie uns gleich wegstirbt!", sagte er radikal.
„Ja, hat es. Sie hat schon länger Lungenprobleme und diese Nacht hat sie kaum Luft bekommen, deswegen so wenig Schlaf."
Iria guckte runter. Ich war ihr nicht böse. Ich war sogar froh, dass sie es erzählt hat.
Es piekte an meinem Handrücken.
Ich schrak auf.
„Nein. Lassen Sie mich in Ruhe. Nein. Ne..."
Meine Stimme brach ab wegen dem Sauerstoffmangel. Ich atmete immer schneller ein und aus.
„Eliza? Hör mir zu. Das war nur die Nadel. Du musst dich beruhigen!", sprach Alex zu mir.
Ich versuchte ruhiger zu werden, doch ich scheiterte fatal.
„Wo ist der Sauerstoff?"
„Hier."
Er setzte mir eine Maske auf mit der ich mehr Luft bekommen sollte.
„Jetzt versuch ruhig zu atmen. Es müsste gleich besser werden."
Ich beruhigte mich. Ich bekam wieder ausreichend Sauerstoff. Daraufhin verstummten auch wieder die Geräte an denen ich angeschlossen war.
„Ich brauch zwei RTW's."
„Brauchst du auch ein NEF?"
„Nein, sie ist wieder stabil.", er zeigte auf die Person, die ich reanimiert hatte, „Und ich werde hier mitfahren."
Nun zeigte er auf mich.
„Wir werden dann zusammen ins Krankenhaus fahren und wenn was passiert, halten wir an."
Florian nickte.
„Habe ich also einen Gast bei der Fahrt ins Krankenhaus?", fragte ich mit krächzender Stimme.
Er nickte und schmunzelte.
Ich machte die Augen zu, da ich so müde war.
„Komm, lass die Augen auf, dass ich weiß das du bei mir bist.", wies mich Alex sofort wieder an.
„Hast du sie wirklich reanimiert?", fragte Florian.
„Ne, die Tür dahinten."
„Also ja?"
„Ja, wer denn sonst?", lachte ich.
„Wie weißt du wie das geht? Wir hatten das noch gar nicht behandelt."
„Ich bin ja nun nicht komplett auf den Kopf gefallen.", lachte ich, „Ne, ich habe schon mal einen gemacht. Vor drei Monaten oder so."
„Warum?", fragte Alex.
„Ich habe den Trainerschein gemacht und da musste ich halt auch sowas lernen.", zuckte ich mit den Schultern.
„Du hast ihr echt das Leben gerettet...", stockte er, „...und dabei deins gefährdet."Wurdet ihr mal aus dem Unterricht geschmissen?
-> NOCH nicht pahahaZu diesem Zeitpunkt möchte ich OliviaSchwarz und lxxsx13579 markieren und erwähnen. Sie haben mir mit ihrer Geschichte einen Anreiz, für diesen Short, gegeben. Guckt gerne bei ihrem Buch auf Olivias Seite vorbei, denn die ist der hammer.
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ASDS - Short Stories (Kurzgeschichten)
Fiksi PenggemarÄrzte, Notfallsanitäter und Pfleger haben einen sehr vielfältigen und abenteuerlichen Beruf. Sie wissen nie was sie erwartet, wenn sie ihre Schicht antreten. In diesem Buch lest ihr über verschiedene, unabhängige voneinander kurze Stories der Spezia...