Fortsetzung zu „Es geht um Dad, richtig?"
"Hey, wie geht es ihr?", fragte Alex, der gerade Dienstschluss hatte und sich nun nach dem Zustand von Lucia erkundigen wollte.
"Sie hat mit keinem mehr gesprochen. Sie lässt auch niemanden an sich ran. Die Schwestern hatten Mühe und Not die Körpertemperatur zu messen.", klärte Phil ihn auf.
Kathrin und Phil standen seit einer halben Stunde vor dem Intensivzimmer ihrer Verwandten. Sie wurden von dem diensthabenden Arzt rausgeschmissen, da sie Ruhe brauchte und kurz davor war eine Panikattacke zu bekommen. Er hatte ihnen auch gesagt, dass sie nach Hause gehen sollten und sich ebenfalls ausruhen sollten, schließlich war es bereits zwanzig Uhr dreißig. Jedoch wollten sie beide nicht nach Hause.
"Scheiße. Und körperlich irgendwelche Veränderungen?"
"Ja, ihr Allgemeinzustand wird eindeutig besser. Nach der letzten Messung, vor circa einer Stunde, wird sie fiebrig, aber sie lässt ja keinen ran. Der Wert ist ungenau."
"Vielleicht könntest du mit ihr reden, Alex.", schlug Kathrin vor.
"Das wäre gut. Sie lässt dich vielleicht ran, dass man Fieber messen kann.", sagte nun auch Phil.
Es war eine gute Idee. Lucia hatte schließlich auch vorhin mit Alex gesprochen und hatte sich sicher gefühlt. Sie war wahrscheinlich nur beschämt, dass sie weggelaufen ist und hatte Angst ihren Bruder und ihrer Mutter unter die Augen zu treten.
"Klar, ich versuchs."
Er holte sich ein Fieberthermometer aus der Schwesternkammer und klopfte dann an der Tür zu Lucia.
"Hey Lucia, darf ich reinkommen?"
Lucia lag mit dem Rücken zur Tür. Sie drehte sich nur langsam zu Alex und nickte schwach. Man sah ihr an, dass es ihr noch nicht blendend ging. Kein Wunder, ihr Auffinden war erst drei Stunden her.
"Wie geht es dir?"
Sie zuckte mit den Schultern.
Alex trat ins Zimmer und schloss die Tür hinter sich. Er ging zum Bett und setzte sich auf die Kante. Seine Hand wanderte zu ihren Beinen. Diese streichelte er langsam, um sie zu beruhigen. Er wollte ihr keine Angst machen, denn noch wusste keiner warum sie so aufgebracht war.
"Warum lässt du die Ärzte und Schwestern nicht arbeiten, mh?", fragte er sachte.
Er legte das Thermometer auf den typischen Tisch der Patienten.
"Ich-ich weiß nicht. Ich glaube ich habe Angst.", sagte sie immer leiser werdend und blickte nach unten.
"Weil dein Vater hier gestorben ist?", fragte er beruhigend.
Er griff ihre Hand, wo er vor drei Stunden den Zugang gelegt hatte und strich behutsam drüber.
"Ich denke. Ich bin einfach so verwirrt. Ich weiß nicht was mit mir los ist. Ich wollte eigentlich auch nicht weglaufen, aber irgendwas in mir sagte, dass es richtig wäre. Ich weiß einfach nicht was los ist."
Tränen bildeten sich in ihren meeresblauen Augen.
"Hey. Das ist in Ordnung, okay? Vielen Leuten geht es nach einem Verlust so. Aber wir können dir doch helfen. Genauso wie Phil und deine Mama."
Er strich ihr die Träne weg, die gerade ihr Auge verlassen hatte und über ihre Wange rollte.
Keine Aussage zu Phil und Kathrin. Eigentlich erhoffte sich Alex, dass er sie dazu bringen konnte etwas über die beiden zu sagen.
"Oder warum sprichst du nicht mit deiner Mama und Phil?"
"Ich will sie nicht nochmal verletzen. Sie sind bestimmt enttäuscht und sauer. Und das will ich nicht."
Tränen flossen über ihre Wangen.
"Sie sind doch nicht sauer. Sie haben Angst um dich. Sie wollen dich in den Armen halten. Lucia, hier ist keiner sauer oder enttäuscht."
Er suchte ein Taschentuch auf ihrem Tisch und wurde schnell fündig. Er nahm sich eines und wischte ihre Tränen weg.
"Aber ich bin abgehauen. Ich war ein Tag weg.", sagte sie schluchzend.
"Trotzdem ist keiner sauer. Lucia, sie haben dich unendlich lieb.", sagte er lächelnd, "Hast du mich verstanden?"
Sie nickte und er schloss sie in die Arme und passte dabei auf, dass er keine Kabel all zu stark berührte.
"Und jetzt nochmal. Wie geht es dir?"
"Ich denke mal, besser. Aber mir ist so warm."
Jetzt fiel Alex auf, dass sie rote Bäckchen hatte.
"Lässt du mich Fieber messen? Ohne dass du dich gleich aufregst und Angst bekommst?", sagte er schmunzelnd.
Sie nickte ebenfalls lächelnd.
"Okay."
Er nahm das Fieberthermometer in die Hand und ging ins Ohr. Er drückte eine Taste und das Gerät piepte.
"38,6. Das ging aber flott bei dir. Vorhin noch unterkühlt und jetzt fiebrig.", sagte er amüsiert.
"Ha. Ha. Ha.", sagte sie gespielt beleidigt.
"Ich sag, dass sie das weiter beobachten sollen. Lässt du dann die Schwestern ran?"
"Ich versuch es.", sagte sie sachte.
"Nur Fieber messen. Sobald irgendwas Schlimmeres ist, sind wir ja alle wieder da. Versprochen."
"Okay.", sagte sie zaghaft.
Eine Stille trat ein.
"Alex?", fragte sie zitternd.
"Ja?"
Er bemerkte, dass die nächste Sache, die sagen oder fragen würde ihr schwer fällt. Sodass Alex ihre Hand noch stärker drückte.
"Ist-ist Dad eigentlich jetzt t-tot?"
Sie ist zwar die ganze Zeit davon ausgegangen, aber die Bestätigung hatte sie noch nicht verlangt. Und selber mitbekommen hatte sie es nicht, denn sie ist vorher abgehauen.
"Ja, Lucia. Er ist tot.", sagte er bedrückt.
Sie nickte.
Er war wirklich tot. Jedoch wühlte sie es nicht so stark auf wie sie es dachte, denn ihr war ja irgendwie schon klar, dass er tot ist. Trotzdem war diese Nachricht ein Schlag ins Gesicht. Doch schnell hatte sie ein weiteres Anliegen.
"Alex?"
"Ja?"
"Es-es tut mir leid."
Alex war sichtlich verwirrt.
"Was tut dir leid?"
"Du musstest mich versorgen. Ihr musstet mich suchen und wusstet nicht wo ich war."
Tränen liefen ihr wieder über die Wange. Sie wollte sich einfach entschuldigen.
"Das muss dir nicht leid tun. Das ist mein Job. Und ich liebe es."
"Wirklich? Bist du mir nicht böse?"
"Nein. Ich habe dir doch gesagt niemand ist dir böse oder der gleichen."
Er wischte ihr die Tränen mit dem Taschentuch weg.
"Alex, Besuchszeit ist langsam vorbei.", sagte eine Schwester.
"Okay, danke."
Sie verließ den Raum nochmal.
"Lucia, ich muss jetzt gehen. Bleib immer schön ruhig. Dir passiert hier nichts. Und wenn nicht kannst du uns immer anrufen oder schreiben."
Sie nickte schwach.
"Und Ärger die Leute hier nicht so.", sagte er lächelnd.
"Jaja.", sagte sie lachend.
"Tschüss, bis morgen."
"Bis Morgen."
Er nahm das Fieberthermometer und ging aus dem Zimmer. Draußen warteten die Krankenschwester, Phil und Kathrin.
"Also sie hat erhöhte Temperatur. Ich tippe auf eine leichte Lungenentzündung, denn sie röchelt leicht, aber sonst ist sie körperlich fitter.", sagte er vor all Dingen zur Schwester gewannt.
"Okay.", sagte sie und ging.
"Sie ist verängstigt und denkt, dass ihr enttäuscht seid. Sie ist psychisch wirklich verwirrt. Ich glaube sie braucht einfach ihre Zeit das zu verarbeiten."
"Wir sind doch nicht enttäuscht.", sagte Phil.
"Das habe ich ihr auch gesagt, aber sie hat Schuldgefühle. Gebt ihr Zeit."
"Danke Alex. Du hilfst uns und ihr extrem."
"Gerne."
____________________________________________________
Erstmal danke für euren krassen Support. Ihr habt mich echt ermutigt weiterzuschreiben.
Da ich merke, dass, vor all Dingen, an dieser Storyline Interesse vorliegt, würde ich noch einen Teil schreiben. Hätte sogar schon eine Idee. :DD
➡️Wie findet ihr den Part?
DU LIEST GERADE
ASDS - Short Stories (Kurzgeschichten)
FanficÄrzte, Notfallsanitäter und Pfleger haben einen sehr vielfältigen und abenteuerlichen Beruf. Sie wissen nie was sie erwartet, wenn sie ihre Schicht antreten. In diesem Buch lest ihr über verschiedene, unabhängige voneinander kurze Stories der Spezia...