"Man Mama! Warum muss ich da hoch? Da ist bestimmt alles voller Spinnen!", sagte sie angenervt.
"Weil dein Bruder zu klein ist. Hab dich nicht so!"
Mürrend drehte sie sich um und kletterte die Leiter hinauf, die in einem 90 Grad Winkel zum Boden angebracht worden ist.
Sie wollte nicht da hoch. Nicht nur das es der Dachboden einer alten, herunter gekommenden Scheune ist, sondern auch voller Spinnen und Spinnennetze war. Dazu befand sich der Dachboden in vier Meter Höhe.
"Ach du heilige. Hier sind so viele Netze! Ihhhh! Irgendwas hat mein Arm berührt.", sagte sie jammernd als sie es schaffte die schreckliche Leiter hochzukommen.
"Mein Gott Lydia!", meckerte ihre Mutter von unten.
"Du bist ja auch unten!", fauchte sie zurück.
Im Inneren hatte sie furchtbare Angst.
"Siehst du die Bretter?"
"Ne. Wo sollen die denn sein?"
"Vielleicht im hinteren Teil."
"Der ist aber durch ne Tür abgetrennt."
"Dann öffne die Tür doch."
Hätte ihre Mutter sie jetzt gesehen. Sie blickte nach unten mit einem Danke-für-den-Hinweis-Blick. Als hätte sie das nicht gewusst. Aber die Tür war voller Spinnenweben und eine schwarze Spinne saß drin.
Sie versuchte mit ihren Schuhen die Tür zu öffnen. Leider ohne Erfolge. Ihre Mutter entfuhr ein leises Stöhnen.
"Ich bekomm die Tür nicht auf!", rief sie runter.
"Dann nutz deine Hände."
Na toll. Ihre Mutter hatte also gesehen, dass sie nur ihre Füße benutzt hatte.
"Dann geb' mir Handschuhe!"
Sie hörte wie ihre Mutter ein weiteres Mal aufstöhnte und nach Handschuhen krammte.
"Hier."
Ihre Mom wollte ihr tatsächlich einen Bambusstock andrehen, die meistens in ihren Tomatenpflanzen steckte, um ihnen halt zu geben.
Was soll der mir jetzt bringen?
"Was soll ich denn damit?"
"Die Spinnenweben wegmachen."
"Ähh ne?", sagte sie genervt und verängstigt.
"Dann muss ich da hoch! Mein Gott Lydia!", ihre Mutter wurde sauer.
"Meine Fresse, geb' mir den Stock."
Sie wusste, es wurde eine Menge Ärger geben, wenn sie dies jetzt nicht durchziehen würde.
Ihre Mutter reichte ihr leicht siegessicher den Stock nach oben. Mit dem Stock versuchte sie nun die Spinne und ihr Haus zu entfernen. Mit mehr und weniger Erfolg. Auf einmal flog die Spinne in hohen Bock in ihre Richtung.
"AHHHH!", schrie sie aufgebracht.
Dabei lief sie zurück und stieß mit ihrem Kopf gegen hartes Holz. Ein kurzer Schmerz machte sich breit, der aber nach kurzen Sekunden wieder verschwand, da die Angst vor der Spinne zu groß war.
Doch die Spinne flog auf den Boden, wo sie sie sofort tot trat. Eigentlich war sie nicht fürs Tiere töten, aber bei Spinnen ging es nicht anders. Die sind einfach eklig und achtbeinig und und und.
"Alles gut?", fragte ihre Mutter besorgt.
"Ja.", sagte sie und war angepisst.
Jetzt interessierte es sie, was mit ihr war. Aber das sie Höhenangst und eine Spinnenphobie hatte und sie trotzdem nach oben schickte, war ihr egal.
Dann öffnete sie die Tür und trat geduckt durch. Sie wollte bloß keine Netze berühren, wenn sie durchtrat und das ging am besten, wenn sie sich klein machte.
"Die Bretter sind hier. Und wie bekommen wir die da jetzt runter?"
"Na durch dieses kleine Fenster. Ich versuch es zu öffnen."
Toll, das hätte sie auch schon vorher versuchen können.
Nun stand sie da. Klein gemacht in dem Raum. In jeder Ecke lauerten Spinnen und ihre dazugehörigen Netze. Immer wieder hatte sie das Gefühl, dass etwas sie berührte.
Auf einmal pocherte ihr Kopf wieder und sie fasste sich an die Stelle, wo sie gegen das Holz gekracht war. Es war leicht nass. Sie nahm die Hand nach vorne und versuchte in der Dunkelheit etwas zu erkennen. In dem Moment ging das Fenster auf und sie sah, dass ihre Hände blutig waren.
Na toll. Auch das noch.
Als wäre die allgemeine Situation nicht schon schlimm genug. Sie wischte ihre Finger an der dunklen Hose ab und trat zum Fenster. Schwindel kam auf als sie nach unten zu ihrer Mutter blickte. Es war doch höher als erwartet.
"Jetzt gibst du mir die Bretter runter."
Als wäre das so einfach. Die Bretter waren nur so überzogen mit Spinnenweben. Wer weiß was sich dazwischen befindet. Sie nahm das erste Brett und brachte es zum Fenster. Sie ließ es zu ihrer Mutter runter. Wieder kam Schwindel auf und ihr wurde schlecht.
Nicht jetzt.
Sie nahm ein zweites und ein drittes. Dabei versuchte sie sich so gut wie es geht nur auf die Bretter zu konzentrieren.
Beim Vierten krabbelte auf einmal was los über ihren Arm.
"AHHHH!"
Sie schlug die kleine Spinne weg und stolperte dabei übers fallen gelassene Brett. Sie blumpste auf den Boden. Auf einmal berührte sie etwas und es gab einen stechenden Schmerz in ihrer Hand. Im Bereich zwischen Zeigefinger und Daumen fühlte es sich an als irgendwas gebissen hätte. Kurz darauf rannte etwas kleines, flinkes von ihr weg. Eine Ratte. Voller Panik saß sie nun auf dem dreckigen Holzboden. Panik schoss in ihr hoch. Überholt zog sie immer wieder Luft ein und dachte daran was noch passieren könnte. Der Schock saß ihr tief in den Knochen.
"Lydia?", rief ihre Mutter, "Was machst du da oben?"
Sie sagte nichts. Alles drang nur noch wie durch Watte zu ihr durch. Sie wollte hier weg. Konnte sich aber gleichzeitig nicht bewegen.
"Lydia?"
Ihre Mutter klang nun mehr besorgt.
"Lydia? Lydia?"
Immer noch keine Reaktion.
Lydia zog ihre Beine an sich heran und wippte vor und zurück. Sie hatte Angst. Schreckliche Angst. Dieser Rattenbiss versetzte sie in eine Schockstarre. Tränen verließen ihre Augen und schluchzte leise.
"Lydia!", rief ihre Mutter hysterisch, "Lydia?"
Trotz des hysterischen und lauten Rufe reagierte die sechszehnjährige nicht.
Ihre Mutter wählte in der Zeit den Notruf. Sie war sich sicher etwas musste passiert sein. Das letzte Mal hatte das Mädchen geschrien und jetzt reagierte sie nicht mehr.
Fünfzehn Minuten lang wartete die Mutter nervös auf das Erscheinen der Feuerwehr und des Rettungswagen. Sie hatte ihrer Tochter noch mehrmals zugerufen und es gab keine Reaktion. Sie hatte überlegt selbst hochzugehen, aber der Leitstellendisponent verbot es ihr. Sie sollte unten bleiben und auf die Rettungskräfte warten.
Lydia atmete immer noch viel zu schnell. Ihr wurde allmählich schwindelig und schwarze Punkte kamen in ihr Sichtfeld. Tränen rollten kontinuierlich über ihr Gesicht. Ihre Hand brannte leicht und ihr Kopf brummte. Wie dringend sie hier weg wollte, aber ihr Körper ließ es nicht zu.
Gerade trafen die Rettungskräfte auch ein.
"Hallo, Feuerwehr, Sie sind die Melderin?"
"Ja, Knat, mein Name. Meine Tochter ist da oben. Sie sollte mir Bretter runterreichen. Dann hat sie aufgeschrien und seitdem reagiert sie nicht mehr."
"Und sie ist da oben? Wie ist sie da hoch gekommen?"
"Es gibt eine Leiter im Schuppen. Aber ich kann noch eine andere besorgen, die ist vielleicht besser."
"Und sie hat geschrien?", fragte nun einer vom Rettungsdienst.
"Ja und seitdem reagiert sie nicht mehr."
"Hat sie Vorerkrankungen, Allergien?", fragte der junge Mann.
"Nein, gar nicht."
Der Leiter der Feuerwehr guckte sich die Höhe an und entschied sich für eine Leiter von der Feuerwehr.
"Okay, beruhigen Sie sich.", sagte der Notarzt, "Wir werden ihr jetzt helfen. Wie heißt Ihre Tochter?"
"Lydia."
"Okay Lydia."
"Also wir würden die Leiter ran stellen und hochklettern. Dann können wir mal gucken was da oben los ist."
Alle Beteiligten nickten und die Feuerwehr fing an zu arbeiten.
"Und sie schrie auf? Gab es vorher ein Knall oder so? Oder hat es sich so angehört als wäre sie umgekippt.", fragte der Notarzt.
"Ich weiß nicht. Aber ich glaube sie ist gefallen. Wir müssen ihr helfen!", sagte sie hysterisch.
"Das werden wir. Aber Sie müssen sich beruhigen."
"Phil, wir gehen jetzt hoch. Willst du mitkommen? Die Leiter steht sicher und der Dachboden auch."
"Ja, ich komm mit."
Erst Feuerwehr und dann der Notarzt kletterte die Treppe hinauf.
"Person ohnmächtig, aber atmet.", rief die erste Person runter zu Phil, der gerade die Leiter hochstieg.
Als Phil oben ankam, sah er eine Person auf dem Boden liegend und die Person von der Feuerwehr.
"Phil, pass auf, wo du hintrittst."
Er lief zum Mädchen und kniete sich vor ihr hin.
"Hallo, Phil Funke, der Notarzt, kannst du mich hören?"
Er klopfte ihr leicht auf die Wange.
Ein Stöhnen entfuhr ihr.
Auf den ersten Blick erkannte der Notarzt keine Verletzungen.
"Kannst du die Augen öffnen?"
Sie blinzelte leicht und blickte dann verängstigt in die Augen des Notarztes. Sie fing sofort wieder in die alten Muster zu fallen.
"Kannst du mir deinen Namen sagen?"
Sie atmete eindeutig zu schnell und drückte sich hoch.
"Beruhig dich. Es ist alles in Ordnung. Hast du irgendwo Schmerzen?"
Sie schüttelte den Kopf. Bemerkte dann jedoch, dass sie Kopfschmerzen hatte. Reflexartig fasste sie sich an den Hinterkopf.
"Am Kopf?"
Kein Kommentar. Sie konnte nichts sagen.
Er blickte um sie herum und sah leicht verklebte Haare. Konnte aber durch die Dunkelheit nicht erkennen, ob es Blut war.
"Kannst du mir jetzt deinen Namen sagen?"
Er musste unbedingt wissen, ob sie orientiert ist.
"Lydia."
"Okay Lydia. Wie ist das passiert?"
In dem Moment rannte etwas an ihnen vorbei und sie schrak zusammen. Sie zuckte zusammen, atmete überholt ein und fing an zu weinen.
"Was ist los, Lydia?"
"Spinnen... Ratten... Ich habe so Angst. Ich möchte hier weg."
"Lydia, pass auf. Wir holen dich hier runter. Ich muss aber vorher wissen, was passiert ist?"
"Da war ein Spinne und-und ich bin gestolpert. Ich hatte Angst."
"Bist du auf den Kopf gefallen?"
Sie schüttelte den Kopf.
"Nur auf den Arsch. Irgendwann wurde mir schummrig."
"Hast du auch so schnell geatmet wie jetzt?"
Sie nickte.
"Aber den Kopf habe ich mir am Anfang gestoßen am Holzbalken."
"Okay, gut. Und jetzt ist dir schwindelig?"
"Bisschen. Ich will hier weg.", jammerte sie.
"Gut, wir klären alles andere draußen. Denkst du, du kommst die Treppen runter?"
Sie blickte zum Fenster, wo das einzige Tageslicht durchschien. Ängstlich blickte sie zu ihm. Ihre Höhenangst setzte sie noch weiter zu.
"Ich-ich weiß nicht."
Ihre Atmung wurde schneller und auch ihr Puls schoss in die Höhe. Diesen maß Phil an ihrem Handgelenk.
"Lydia, guck mich an. Wir machen das zusammen. Atme tief ein und aus. Hinter dir läuft jemand und ich bleib oben."
Sie nickte wie in Trance. Nur da runter zu steigen, machte ihr tierische Angst. Er griff ihr unter die Arme.
"Drück die Beine ordentlich durch."
Phil bemerkte wie sie zitterte.
"Okay, ganz ruhig. Atmen. Schön ein und aus. Ich bin hier und die anderen auch. Wir helfen dir."
Sie nickte. Der Mann von der Feuerwehr stieg bereits die Leiter langsam runter.
"Jetzt dreh dich um und setz dich auf deine Knie."
Wie befohlen, tat sie es.
"Guck immer mich an und nicht runter. Jetzt setz deinen Fuß nach unten. Mein Kollege setzt deinen Fuß auf die Stufe, sodass du sicher stehst. Sobald du kannst, halt dich an der Leiter fest."
Wieder nickte sie und nahm den Fuß nach unten. Sie spürte die warme Hand von dem Mann, aber keine Leiter. Panik schoss wieder hoch und sie fing an zu wimmern.
"Lydia, guck mich an. Alles ist gut. Mein Kollege hat dich."
Endlich fasste sie Fuß. Die Rufe ihrer Mutter überhörte sie gekonnt.
Sie nahm den anderen Fuß hinter her und stand nun mit beiden Füßen auf der Leiter. Ihre Hände umgriffen die letzte Stufe.
"Jetzt gehst du langsam die Treppen runter. Schritt für Schritt. Guck nur mich an."
Panisch guckte sie zu dem Notarzt.
Nach quälenden Minuten kam sie unten an. Schwindel durchfuhr sie und sie knickte leicht ein.
"Franco, ich möchte Blutdruck und Sättigung haben.", sagte der Notarzt und stieg die Leiter hinab.
"Drück die Beine durch Lydia.", sagte Franco, der ihr unter die Amre griff.
Zu dem Punkt kam Phil auf dem Boden an und ging zu seiner Patientin.
"Oh mein Gott, Lydia. Geht es dir gut? Mein Schatz."
"Frau Knat treten Sie bitte ein Stück zurück. Es wird sich jetzt um ihre Tochter gekümmert.", sagte Florian zu der Frau.
"Lydia, das hast du gut gemacht. Wir gucken nur nochmal nach deinen Werten und checken dich kurz durch, okay?"
Sie nickte und lief mit den beiden los.
Notarzt sein, ist eben nicht nur Wunden versorgen, sondern auch eine emotionale Stütze für den Patienten zu sein.
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Ich bin soooo unzufrieden mit der Story, aber egaaal.
Ich schreibe gerade einen richtig geilen Shot 🙃 Weiß nicht wann es raus kommt, aber das werdet ihr dann sehen.
➡️Wie geht es euch heute?
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ASDS - Short Stories (Kurzgeschichten)
FanficÄrzte, Notfallsanitäter und Pfleger haben einen sehr vielfältigen und abenteuerlichen Beruf. Sie wissen nie was sie erwartet, wenn sie ihre Schicht antreten. In diesem Buch lest ihr über verschiedene, unabhängige voneinander kurze Stories der Spezia...