SECHS

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Kaum, dass ich draußen war, stieg ich auf. Noah stand schon ungeduldig wartend da, jederzeit bereit sein Pferd anzutreiben. Ich hörte das charakteristische Geräusch vom Hufe klappern hinter mir und sah Dave wie er gerade aufstieg. „Können wir jetzt mal?" fragte Noah und rutschte im Sattel hin und her. Dave nickte und ritt im Schritt los. Ich folgte dem Dunkelhaarigen einfach, da ich nicht wusste, wo lang wir überhaupt mussten.

Das Wetter bereitete mir Kopfschmerzen, doch ich wusste nicht, was mir lieber war: Entweder gab es eine Regendusche wie aus Eimern, oder das Wetter blieb so drückend, stickig, aber trotzdem kühl. Schweigend ritten wir in Richtung Hügelkette. „Wenn wir auf dem Grad nach Osten reiten und dann links", Noah zeigte in die genannte Richtung „kommen wir zur Ranch von Sofies Familie." Ich nahm die Erklärung mit einem Nicken zur Kenntnis und versank wieder in meinen Gedanken.

Es war schon irgendwie komisch: Wir kommen hierher, weil meine Oma gestorben ist, aber ich konnte mir ein Leben hier mit ihr nicht vorstellen. Das sollte in keiner Weise böse klingen, aber ich hatte nie erlebt, wie sie und Opa hier zusammengelebt hatten. Ich fand es beeindruckend, wie mein Opa mit dem Tod seiner langjährigen Ehefrau umging. Von außen wirkte er sehr ausgeglichen, zwar etwas ruhiger als ich ihn in Erinnerung hatte, aber das war immerhin auch fünf Jahre her. Die Beerdigung sollte noch stattfinden. Genaueres wusste ich nicht. Ich wusste auch nicht, wie es meinen Freunden in Deutschland ging. Sie hatten auf jeden Fall normal Schule und keine Ferien, so wie ich hier. Etwas schulding fühlte ich mich schon, denn ich hatte ihnen nicht sagen können, ob es auf der Ranch WLAN gab, nicht wie lang wir bleiben würden. Für diese Fakten zusammengezählt, hatte ich mich definitiv nicht gemäß verabschiedet. Aber was solls, jetzt war es zu spät und ich sollte mir nicht so viele Sorgen machen.

Wir hatten den Grad längst erreicht und ritten seit etwa fünf Minuten hintereinander, da der Trampelpfad sehr schmal war. Dave, welcher ganz vorne ritt, bog nun links ab, wo das Gelände etwas abfiel. Man konnte die Bergkette inzwischen besser erkennen und man sah außerdem die Ranch. Diese stand mitten auf der weiten Wiese, ähnlich wie meine. Meine?! Mein Zuhause...

Das letzte Stück bis zur Ranch trabten wir, sodass wir etwas schneller waren. Ein seltsamer Wind wehte uns in den Rücken, welcher verriet, dass es bald ein Unwetter geben würde. Wir sattelten und zäumten ab und ließen die Pferde einfach auf der Weide hinterm Haus stehen. Dave klingelte Sturm und sah etwas gehetzt auf die dunklen Wolken. Mit geröteten Wangen und einer schnellen Atmung stand ich hinter Dave und Noah. Schließlich wurde mit einem Quietschen die geöffnet Sofie stand davor. Sie hatte einen Topflappen in der Hand und im Hintergrund hörte man einen Ofen piepsen. Ohne uns zu begrüßen, brüllte sie ins Haus: „Leo, mach die Muffins aus dem Ofen! Wenn du das nicht genau jetzt", die betonte die Zeitangabe ganz genau „machst, dann sage ich Mama, dass du Zigaretten unter deinem Bett versteckst!" ich hörte das Poltern von Schritten auf der Treppe und Leos Gesicht kam zum Vorschein. Er hatte die Augenbrauen zusammengezogen und sah Sofie verwirrt, verstört und etwas wütend an. „Das stimmt nicht mal!" meinte er durchdringend und riss Sofie die Topflappen aus der Hand. „So, hallo! Kommt rein!" begrüßte sie uns und die peinliche Stille von unserer Seite war gelöst. Erleichtert traten wir ein und ich streifte mir meine Turnschuhe von den Füßen. Es waren zwar nicht die besten Schuhe zum Reiten, aber es reichte allemal. Man hörte ein Klappern aus der Küche und zu viert rannten wir in die Küche.

Das Muffinblech mit Vertiefung darin, lag auf dem Boden, bestimmt ein halbes Dutzend Muffins lagen über dem Boden verstreut. Leo stand frustriert in der Mitte des Durcheinanders. Aus dem Ofen kam warme Luft, welche sein Haar etwas wehen ließ. Dave fing an zu lachen und stützte sich mit den Ellenbögen auf der Kücheninsel ab. Sofie hingegen sah ihren Bruder mit einem das-ist-jetzt-nicht-dein-Ernst-Blick an. „Alter! Du solltest du die scheiß Muffins aus dem Ofen holen! Dafür braucht man, wenn es hochkommt, zwanzig IQ. Dann liegst du unter zwanzig IQ. Herzlichen Glückwunsch für den dümmsten Menschen der Welt."

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