Auch im Haus herrschte gemütliche und ruhige Stimmung. In der offenen Küche war es schummrig, bis auf das Licht, das der Ofen verbreitete. Sonst leuchteten hier und da kleine Lampen, Laptopbildschirme oder vereinzelt Lichterketten. „Hallo?" riefen wir beinahe gleichzeitig, als wir das Wohnzimmer betraten. „Oh! Hallo Kinder!" Jörg begrüßte uns. „Es gibt in einer halben Stunde Essen. Also falls ihr noch duschen oder so wollt..." Jörg beendete seinen Satz nicht mehr, denn nun kam auch Papa die Treppe hinab. „Hey! Wo seid ihr hin geritten?" Stimmt, wir hatten den Erwachsenen nicht mal einen Zettel oder ähnliches hinterlassen. Noah übernahm es, meinen Vater und Jörg zu informieren: „Wir sind an den See geritten. Außerdem waren wir total depressiv, weil es kein Eis gab und-" Dave unterbrach ihn, „Du. Du warst depressiv." Noah fuhr unbeirrt fort: „Wie dem auch sei, wir haben eine Abkühlung gebraucht. Habt ihr Eis gekauft? Und was gibt es zum Abendessen?"
Die zwei Männer warfen sich leicht belustigte Blicke zu und Jörg antwortete: „Es gibt Kartoffeln mit Brokkoli und Karotten." Gerade wollte Noah etwas Negatives erwidern, da sprang Papa ein: „Ich habe gekocht." Noah schluckte seine Worte hinunter und ich grinste, obwohl ich mich eigentlich auf meine Pizza gefreut hatte. „Ihr könnt zum Nachtisch ein Eis haben." Schlug Jörg noch vor und Papa verschwand hektisch in der Küche als der Ofen piepste.
Das Abendessen verlief lustig, trotzdem leise und gemütlich und ich fühlte mich zuhause behütet von Familie. Tellerklappern, kalte Luft, die aus dem Tiefkühlfach strömte und das Geräusch der Spülmaschine beendete das Essen.
Mit Himbeer- oder Maracujaeis saßen Noah, Dave und ich dann auf der alten Bank vor dem Haus. „Das Eis ist kalt." „Ach was! Noah, vorhin hast du gejammert, dass es kein kaltes Eis gibt!" „Ist ja gut, ich bin leise." Ein kleines Lächeln hatte sich bei dem Wortwechsel auf meinen Lippen gebildet. Geschmolzenes Eis floss den dünnen Holzstiel hinab auf meine Hände. Konzentriert leckte ich den roten klebrigen Saft von meinen Händen und beeilte mich mit dem Rest des Eises.
„Jungs, ich geh ins Bett." Gab ich Bescheid und stand auf. Einmal „Gute Nacht" und einmal „Schlaf gut" kam zurück. Beide Wünsche befolgte ich meisterhaft, denn in dieser Nacht schlief ich schlief wie ein Murmeltier im Winterschlaf.
Der nächste Tag entpuppte sich als perfekt: Regnerisches Wetter, dicke Wolken, die am Himmel thronten und ein beißender Wind. Perfekt für einen gemütlichen Tag im Haus an dem man Brettspiele bis zum Umfallen spielen konnte. Eigentlich wäre ich noch lange liegengeblieben, trieb mich nicht der Drang aufs Klo zu gehen ins Bad. Dort empfing mich ein offenes Fenster und kalte Luft. „Wer zum Teufel" murmelte ich und rieb mir die Augen. Dann schloss ich das Fenster und die Tür hinter mir und ging aufs Klo.
Noch im Schlafanzug setzte ich mich unten aufs Sofa und wartete im Schein meines Handybildschirms auf Noah und Dave. Als hätten die beiden gespürt, dass ich gewartet hatte, kamen sie beinahe zeitgleich die Treppe hinab. „Morgen." Brachte Noah unter einem Gähnen hervor. „Hi", ich schaltete mein Handy aus und stand von Sofa auf. „Hilft jemand beim Frühstück machen?" fragte ich und stellte mich an die Küchenzeile. Dave kam zu mir und öffnete den Kühlschrank. „Wer zur Hölle hatte eigentlich das Fenster im Bad offengelassen?" fragte er und stellte Marmeladen und Honig auf ein Tablett. Ich lachte. „Hab ich mich auch gefragt, ich war's nicht." „Naja, ist ja auch egal."
Ein paar Minuten später stand alles Nötige auf dem Tisch. „Wollen wir noch auf die anderen warten oder nicht?" fragte Noah als er sich müde an den Tisch setzte. „Wir können das Frühstück ja einfach stehenlassen." Meinte Dave und nahm sich eine Scheibe Brot. Gemeinsam aßen wir.
„Sollen wir Monopoly spielen?" fragte Dave als wir gerade unsere Teller in die Spülmaschine stellten. Noah nickte und auch ich stimmte zu. Keine Minute später saßen wir vor dem Sofa auf dem gemütlichen Teppich.
Bunte Geldscheine wurden ausgeteilt, jedem wurde eine silberne Spielfigur in die Hand gedrückt und schon rollten die Würfel. „Was sind zwei plus vier?" Noah tat als würde er überlegen und Dave stöhnte. „Wenn du jedes Mal so tust, als würdest du überlegen, brauchen wir ewig!" „Ist ja gut, entspann dich!" beruhigte Noah seinen besten Freund und zog sieben Felder nach vorne. Ich stellte den silbernen Hut, der ihm als Spielfigur diente, um eins nach hinten und würfelte. Die Situation blieb unkommentiert und innerlich fragte ich mich, wie sehr ich diese gutgemeinten, dennoch eingeschränkten Späße vermissen würde. Verschiedene Karten, die den Besitz von Straßen markierten, wanderten von Hand zu Hand; Noah, der für die Bank zuständig war, hatte gut zu tun, es wurde getauscht und gehandelt, gelacht und wütend Scheine in die Mitte gelegt, wenn man auf dem Feld mit der teuflischen Aufschrift „Einkommenssteuer" landete.
„Maja, habe ich dir erzählt, dass es bei uns früher kein Monopoly gab, weil es kapitalistisch ist und den Ehrgeiz in unermessliche treibt?" fragte Papa mich, als er fertig mit dem Frühstück war. Er hatte zusammen mit Jörg, Sibille und Opa gegessen. „Nein." Ich schüttete den Kopf und biss mir konzentriert auf die Unterlippe. „Drei Häuser bitte!" ich reichte Noah einige orangene Scheine und er gab mir im Gegenzug drei grüne Plastikhäuser. Stolz stellte ich sie zu den anderen Häusern und Dave grabschte sich die Würfel.
„Wenn bei euch Monopoly verboten war, hattest du dann keine Kindheit?" Dave blickte auf in Papas Gesicht. Er lachte. „Doch, mit Fortnite!" Wir lachten und wandten uns wieder unserem Spiel zu.
***Ich bin übers Wochenende weg und auch die nächsten Tage wird nichts kommen... trotzdem schöne Tage,
lou (:
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Countryroads
Teen FictionIch verstand es, denn ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Trotzdem war ich wütend. Meine Mutter arbeitete bei einer Organisation, die Kindern in armen Ländern half, die Folgen des Krieges zu überwinden. Sie reiste schließlich selbst dorthin...