NEUN

149 13 3
                                    


„Maja? Kommst du?" noch mit der Zahnbürste im Mund antwortete ich: „Jaha! Ich bin gleich da!" schnell spuckte ich meinen Mundinhalt aus und spülte mit einer Hand Wasser nach. Ich polterte die Treppe herunter und zog meine Schuhe an. Zumindest versuchte ich es. Vergeblich versuchte ich nämlich in die hereinzukommen, ohne die Schürsenkel aufzumachen. „Maja! Wie oft habe ich eigentlich schon gesagt, dass du die Schuhe so kaputt machst?!" fragte mein Papa ärgerlich und schmiss mir einen Schuhlöffel in den Schoß. „Papa, sowas benutzen nur Leute über fünfzig!" Seufzend zog friemelte ich die Doppelschleife auf und ließ meinen Fuß im Schuh verschwinden. Von draußen ertönte ein Hupen und ich lief, nachdem ich auch meinen zweiten Fuß in den Schuh gequetscht hatte, hinaus. Jörg, Dave und Noah saßen bereits im Range Rover. Einladend klopfte Dave auf den Platz neben sich. Dankbar nahm ich das stille Angebot an und setzte mich. Papa stieg zusammen mit Sibille und Opa in unser eigenes Auto, einen VW.

Kieselsteine spritzen unter den Reifen weg als Jörg Gas gab. Okay, ich wusste schon jetzt, was für ein Autofahrer er war. Mit etwas geweiteten Augen starrte ich durch die Mitte des Autos aus der Windschutzscheibe hinaus. Dave lachte und meinte: „Er fährt immer so." Na, das war ja mal beruhigend. Jörg nahm scharf die Kurve, die auf die ungeteerte Straße führte. Erschrocken keuchte ich auf und krallte mich unbewusst mit der linken Hand in den Arm von Dave. „Geht's noch?!" meckerte Dave sofort los und befreite sich aus meinem Griff. „Kann- kann ich Musik anmachen?" fragte ich etwas neben der Spur, in der Hoffnung das mich Musik ablenken würde. „Klar! Du kannst dich einfach mit deinem Handy verbinden." Gab Jörg mir von vorne Bescheid und blickte kurz in den Rückspiegel. Noah, welcher auf dem Beifahrersitz saß, meinte: „Zuerst muss ich ein paar Sachen ausschließen. Kein K-Pop, auf keinen Fall Cardi B oder so, sonst passiert was mit Dave und keine Musik aus den 80-ern." „Was passiert dann mit Dave?" fragte ich verwirrt. „Bei der Musik eigentlich nichts, aber bei den Videos..." Noah drehte sich um und sah mich vielsagend an. Und dann verstand ich. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen und meinte an Dave gewandt: „Also ich finde es erstens heftig, dass du die Videos anschaust, weil du noch nicht achtzehn bist. Und zweitens, sieht die Frau nicht wirklich gut aus, sondern hat nur wenig an. Also, Boah, Dave darüber müssen wir nochmal reden." Meinte ich ernst. „Kann mich mal jemand einweihen? Ich verstehe gar nichts." „Sicher nicht! Wir hören jetzt Musik!" würgte ich Jörg schnell ab, da es sonst sehr unangenehm geworden wäre. Ich verband mich per Bluetooth und spielte die Globalen Charts ab. Dagegen könnte man doch wohl fast nichts einwenden, oder?

Ich behielt Recht, denn bis zu unserer Ankunft beschwerte sich niemand mehr. Allgemein wurden nur noch ein paar Sätze ausgetauscht, wie zum Beispiel „Das Lied mag ich" oder „Von wem ist das?"

Jörg hielt auf einem asphaltierten, kleinen Parkplatz und wir stiegen aus. Die Sonne schien auf den Asphalt, sodass die die Oberfläche flimmerte. „Bitte in die Innenstadt! Ich brauche Schatten!" meinte Noah nur ein paar Sekunden nachdem er ausgestiegen war. Fast alle Häuser waren beige, weiß, grau oder in einem Braunton gestrichen. Das Wort „Stadt" war etwas übertrieben gewesen, denn es war eher ein kleines Dorf. Der Supermarkt, an dem wir gerade vorbeiliefen, war jedoch vergleichsweise groß. „Oh mein Gott, Tiefkühlregale!" schrie Dave los. Ohne sich noch einmal umzudrehen, rannte er auf den Eingang zu. Kurz vor der automatisch öffnenden Tür wurde er langsamer, da die Tür sonst wahrscheinlich nicht geöffnet hätte. Noah und ich wechselten einen Blick, der so viel hieß wie, „Er ist zwar dumm, aber ich will auch zu den Tiefkühlregalen!" Wir joggten zur Tür und überfielen den Laden. „Los, los! Ganz nach hinten!" rief Noah mir zu. Er sprintete voran, zu den Tiefkühlpizzen und anderem Fertigessen. Dort bot sich das beste Bild was ich je gesehen hatte: Dave hatte eine der Tiefkühltruhen, welche ihn bis zur Hüfte ging, geöffnet. Er hielt seinen Kopf über die Öffnung und hatte die Augen geschlossen. Als er hörte wie Noah mit quietschenden Schuhen auf ihn zukam, öffnete er widerwillig die Augen. „Wehe du nimmst meinen Platz!" meinte er warnend und sah ihn an. Noah beachtete ihn gar nicht sondern machte die Schiebetür bei der Truhe nebenan auf. Die beiden standen beide mitten im Supermarkt, mit den Gesichtern in Tiefkühltruhen.

Ich ließ es mir nicht nehmen, ein Foto mit meinem Handy zu machen. Jetzt war aber genug mit Vernunft, auch ich atmete nun die kühle Luft aus den Behältern ein. Bei mir roch es etwas nach Schokolade und Vanille, anscheinend hatte ich die Eistruhe erwischt.

„Was zum Teufel ist in euch gefahren?!" fragte auf einmal die Stimme von Sibille. Sie war hinter uns erschienen. Mühsam versuchte ich meine Augen zu öffnen, was gar nicht so einfach war, da meine Wimpern etwas vereist waren. Als ich es endlich geschafft hatte, sah ich noch wie Sibille ihr Smartphone in die Hosentasche schob. „Wehe du hast ein Foto von uns gemacht!" drohte ich, musste aber lachen. „Ich verspreche bei meiner Ehre", Sibille fasste sich ans Herz, „ich werde es als Poster ausdrucken und bei dir im Zimmer aufhängen!" bei der Vorstellung grinste ich. Dafür, dass Sibille ungefähr so alt wie mein Papa war, war sie echt cool drauf. Zusammen mit Noah und Dave liefen wir an den Kassen vorbei. „Alter, ich fühle mich so kriminell, weil ich nichts gekauft habe..." meinte Noah und huschte schnell an der Kassiererin vorbei, welche uns komisch musterte. Draußen standen Papa, Jörg und Opa und warteten. „Endlich! Ich will jetzt mal die Stadt sehen!" meinte Papa und sah mich etwas genervt an. „Maja, wir brauchen noch irgendwas zum Anziehen für dich." Meinte mein Papa als wir los in Richtung Innenstadt gelaufen waren. „Warum denn das?" fragte ich verwirrt. „Willst du in T-Shirt und zerrissenen Jeans zu einer Beerdigung gehen?" fragte er zurück. Ich senkte den Blick da ich mich schämte die Beerdigung vergessen zu haben. „Leute, Maja und ich müssen mal noch was kaufen. Treffen wir uns in einer Stunde wieder am Auto?" fragte Papa an die anderen gerichtet. „Ist okay, bis dann!" meinte Sibille und die Gruppe bog um eine Ecke ab. Auf der Suche nach einem Klamottenladen liefen wir durch die kleinen Gassen. Ein bisschen erinnerte mich das Dorf an die italienische Stadt aus meinem Traum.

***here you are! Einen guten Start in die Woche für Morgen!

Lg, lou (: 

Countryroads Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt