„Haben wir alles?" fragte Noah und drehte sich im Sattel nochmal um. Hinter uns lag eine ebene Wiese. Dort wo das Zelt gestanden hatte, war das Gras plattgedrückt und auch dort, wo wir geschlafen hatten, konnte man Spuren im Boden sehen. „Ich denke, ja." Dave hatte sich nochmal versichert und schnalzte nun mit der Zunge. Wir ritten den Hügel hinab, wieder in Richtung Senke und Süßwassersee. Schon bald hatten wir diesen erreicht. Er war eine Art Oase; von ihm kam ein nach See duftender Wind und die Luft war hier deutlich kühler. Doch auch die Senke ließen wir schnell hinter uns da wir trabten, wobei der Rucksack auf Daves Rücken lustig wippte.
Auf dem Grat angekommen erspähte ich bereits unsere Ranch. Friedlich lag sie in der Morgensonne, behütet vom hohen Gras und den Hügeln ringsherum. „Wenn wir in der Senke von unserer Ranch sind, galoppieren wir, okay?" Noah war Vorfreude in die Augen geschrieben. Ich lachte und antwortete warm: „Klar, machen wir."
Drei Reiter auf Pferden schlängelten sich so den Zickzack-Weg hinunter, immer darauf bedacht, nicht zu schnell zu werden. Kaum dass wir geraden Boden unter den Füßen hatten und die Ranch klar und deutlich etwa zweihundert Meter vor uns entdecken konnten, stieß Noah einen Schrei aus: „Aahh! Los, ich bin erster!" und sein Pferd sprintete los. Überrumpelt und überrascht trieb ich Schoko an, Noah hinterher. Ich hörte hinter mir Dave lachen und drehte meinen Kopf ein Stück nach hinten. Ich hatte mich in den Steigbügeln hochgestützt. Dave hatte sich tief gebeugt und holte schnell auf. Die blonde Mähne seines Pferdes peitschte ihm ins Gesicht, ähnlich wie Schokos karamellfarbene Mähne. Ein breites Grinsen zierte nun auch mein Gesicht und ich drehte mich wieder nach vorne. Noah hatte scheinbar der Ehrgeiz gepackt denn ich sah wie er angespannt im Sattel saß und alles daran legte zu gewinnen. Das würde ich ihm schon noch austreiben. Ich schnalzte mit der Zunge, Schoko legte nochmals einen Gang zu. Tatsächlich kam ich Noah deutlich näher, doch auch er wurde schneller als er merkte, dass ich eine Überholung geplant hatte.
Außer Atem hielt ich Schoko auf dem Parkplatz an. Noah war schon abgestiegen und jubelte: „Ja! Haha, ich wusste, dass ich gewinnen würde!" ich verdrehte spielerisch die Augen und stieg ab. Am langen Zügel führte ich das braune Pferd in den Stall. Nach einer ausgiebigen Fellpflege öffnete ich mit einem Knarzen die Eingangstür. Diese war fast immer offen. „Hallo!" rief ich hinein. Ich hörte das Rascheln von Zeitung oder Büchern und Papa kam an die Tür. „Ach, da seid ihr ja schon! Wie war's?" er begrüßte mich mit einem High-Five. „Es war echt schön! Dave und Noah kommen gleich." Ich schlängelte mich an Papa vorbei ins Wohnzimmer mit offener Küche. Ich wurde auch von Sibille, Jörg und Opa begrüßt. Danach lief ich schnell hinauf in mein Zimmer und öffnete schwungvoll die Kleiderschranktür. Mit frischen Klamotten bewaffnet enterte ich das Bad. Als ich unter der Dusche stand, prasselte das warme Wasser angenehm auf meinen Nacken hinab. Dieser hatte sich etwas verspannt von der dünnen Isomatte, nun entspannte er sich etwas. Grashalmschnipsel und Erdspuren wurden den Abfluss hinuntergetragen und auch der Schweiß verschwand mit dem Wasser. Sogar meine durch den Wind zerzausten Haare bekam ich entknotet. Es klopfte an der Tür. Ich erinnerte mich an meine erste Begegnung mit Dave und Noah, vor dem Badezimmer als Dave dachte, Noah wäre im Bad. Ich lächelte. „Noch eine Sekunde!" forderte ich und zog mich an. Das Handtuch hängte ich über die große Heizung. Ich schloss die Tür auf und Dave kam herein. „Musstest du auch grad an unsere erste Begegnung denken?" fragte er mich und wusch sich die Hände. Ich lachte auf. „Ja! Dave, du kannst einfach meine Gedanken lesen!" „Das wäre aber unpraktisch für dich." Bemerkte dieser trocken. Ich nickte.
„Was machst du jetzt eigentlich mit Leo?" fragte er. Ach du heilige Scheiße. Ihn hatte ich total vergessen, dennoch hatte sich meine Meinung geändert. „Ich denke, ich bin einfach neutral ihm gegenüber. Ehrlich gesagt, weiß ich nämlich nicht, wofür ich mich entschuldigen sollte." Ich wusste nicht, was mich zu meinen Stimmungsschwankungen brachte, aber Dave grinste zufrieden und meinte: „Das ist definitiv eine gute Entscheidung. Hätte ich auch so gemacht." Er trocknete seine Hände ab und klopfte mir auf die Schulter. Ich lachte leise und lief die Holztreppe hinab.
Mit einem Bauchklatscher landete ich auf dem Sofa. Zeitungen und Magazine machten einen kleinen Sprung und ich seufzte. „Maja, haben Dave und Noah dir schon von den Bisons erzählt?" fragte mein Opa und setzte sich neben mich. „Jap, haben sie. Wann müssen wir das eigentlich machen?" fragte ich. Opa nahm seine Lesebrille ab, mit der er bis eben noch ein Buch gelesen hatte und blickte mich an. „Ich denke in einer Woche. Früher oderspäter, wir müssen sehen, wann die Bisons in der Nähe sind." Ich nickte. Irgendwie freute ich mich darauf. Ich schnappte mir ein Sofakissen und legte meinen Kopfdarauf ab. „Maja? Wo bist du?" die durchdringende Stimme meines Vaters ertönte von oben. „Hier unten! Was ist?" dann hörte man wie jemand die Treppe hinunterkam. „Ah, ich wollte nur sagen, dass Mama gerade Zeit hätte, wenn du willst, kannst du sie anrufen!" „Klar" meinte ich und stand auf. Ich nahm meinem Vater das Handy aus der Hand und wählte die Nummer meiner Mutter.
***So, ich melde mich auch mal wieder. Ist es bei euch auch so unglaublich heiß? Naja, schönen Tag noch,
lou (:
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Countryroads
Teen FictionIch verstand es, denn ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Trotzdem war ich wütend. Meine Mutter arbeitete bei einer Organisation, die Kindern in armen Ländern half, die Folgen des Krieges zu überwinden. Sie reiste schließlich selbst dorthin...