Opa bewegte sich vor das Grab und nahm eine Handvoll Erde aus einer Schüssel. Er warf sie ins Grab und murmelte: „Ich liebe dich immer noch." Mit schmerzverzerrtem Gesichtsausdruck nahm er aus der zweiten Schüssel den Tannenzweig aus dem Wasser und spritzte Wasser hinterher. Wenn ich ehrlich war, wusste ich nicht was das Wasser sollte, aber das sprach ich natürlich nicht aus. Nach und nach traten wir ans Grab und wiederholten den Prozess. Geistesabwesend und in Gedanken versunken liefen wir durch die kleinen, mit Gräbern gesäumte Pfade. Mit den Gedanken bei meiner verstorbenen Oma bemerkte ich nicht wie Leo zu mir aufholte und einen Arm um mich legte. Ich konnte einen Aufschrei zum Glück unterdrücken und sprang lediglich zur Seite und sagte: „Leo! Was fällt dir ein?!" ich hatte mich wirklich erschreckt. Er jedoch zog mich nur näher an sich heran und nährte sich mit seinen Lippen meinem Ohr. „Es tut mir unfassbar leid..." hauchte er in meine Ohrmuschel. Etwas angewidert und verwirrt wand ich mich aus seinem Griff und sah ihn an. „Was willst du eigentlich genau?" fragte ich so ruhig wie möglich. Alle anderen waren schon eine Ecke weitergelaufen, sodass uns niemand sah. Ach du heilige Scheiße! Mir kamen grässliche Bilder in den Kopf. „Maja, ich will dich!"
Mein Mund war wie ausgetrocknet und meine Augenbrauen waren zusammengezogen. Das hatte mir ja gerade noch gefehlt! Ich hatte zwar schon bei unserem Treffen mit Sofie das Gefühl gehabt, dass er mich etwas zu toll fand, aber dass er mich liebte, hätte ich nicht gedacht. Ich war nicht die Art von Menschen, die Leuten ihre Meinung direkt ins Gesicht sagte. Ich schluckte Gefühle, sehr private Angelegenheiten oder Meinungen oft hinunter. Ich liebte Leo nicht, dass musste ich ihm wohl irgendwie sagen. Besser jetzt, als dass er sich noch irgendwelche unberechtigte Hoffnungen machte. Ich schluckte, um meine Zunge wiederzubeleben und fing an zu sprechen: „Hör zu, wir sind bald wieder in Europa. Ich werde hier nicht für immer bleiben und das will ich auch gar nicht. Tut mir leid dir das so zu sagen, aber ich liebe dich nicht. In zwei Monaten oder was weiß ich wann, sind wir wieder weg! Ich vermisse meine Freunde, meine Mutter und mein Zuhause!" nach dem letzten Satz wurde mir bewusst, dass ich Leo gerade etwas erzählt hatte, was ich nicht beabsichtigt hatte. Allerdings wusste ich es selbst nicht. Mir fehlte mein Zuhause und alles was dazugehörte. Natürlich war es hier wunderschön und ich hatte Dave und Noah total ins Herz geschlossen. Auch mein Pferd, die Ranch und die Umgebung liebte ich.
Ich drehte mich auf dem Absatz um und rannte Papa, Opa und den anderen hinterher. Vielleicht hatte ihn zu heftig abgewiesen? Nun war es jedoch zu spät und ich drängelte mich in die Lücke zwischen Sofie und Papa. „Alles okay?" fragte Sofie mich leise. Außer das dein Bruder mich liebt und ich ihn nicht, schon, jap. Meinte meine Gedankenstimme zu Sofie. Äußerlich jedoch nickte ich nur und sah nach vorne. Dafür erntete ich einen unsicheren Blick, doch ich ließ mich nicht beirren, sondern lief schneller, sodass ich Noah und Dave einholte. „Was isst du gleich?" fragte Dave gerade Noah. Anscheinend unterhielten sie sich über das Restaurant in welches Opa mit uns gehen wollte. Stumm lief ich neben Noah her und hörte einfach zu. „Ich denke irgendwie eine Portion Pommes oder so... Ich weiß es nicht." Antwortete Noah. „Das ist aber nicht wirklich fein!" tadelte Dave witzelnd und pikste Noah in die Seite. Beide lachten, bis sie erkannten, dass mir überhaupt nicht nach Lachen zumute war. Ich hatte ein verdammt schlechtes Gewissen wegen Leo. Ich drehte mich um und sah wie Leo mit hängendem Kopf neben Sofie herging. „Maja! Was ist den mit dir los?!" fragte Noah und sah mich bestürzt an. „Meine Oma ist gerade gestorben und ich hatte Angst gegen meinen Willen von Leo geküsst zu werden!" murmelte ich. „Oder noch schlimmeres..." flüsterte ich so leise, dass ich es fast selbst nicht hören konnte. „Bitte was?!" fragten Dave und Noah synchron. Sofort bereute ich irgendwas erzählt zu haben. „Bitte was ist passiert?! Was hat Leo gemacht?" fragte Noah nochmal und stellte sich vor mich. Unfreiwillig blickte ich zu ihm hinauf, um ihm in die Augen zu sehen. „Leo liebt mich." Drei Worte sagten alles. Und mein Verhalten zeigte wohl ziemlich deutlich, dass ich ihn nicht liebte. „Leo liebt dich?" fragte nun Dave. „Ja verdammt! Habe ich doch grade gesagt!" fuhr ich ihn ungewollt an. „Hey... komm erstmal runter. Liebst du ihn denn nicht?" fragte Dave nun deutlich sanfter und ruhiger. Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange, um nicht loszuschreien. Ich schüttelte den Kopf und sah mit schimmernden braunen Augen in die grünen von Dave. Noah lief nun auf meiner linken Seite und Dave auf der rechten. „Und was hast du dann gesagt?" fraget Dave und legte einen Arm um meine Schulter. „Ich habe ihm gesagt, dass ich ihn nicht liebe. Wieso sollte ich ihm auch Hoffnungen machen? Jungs, hier wisst genauso gut wie ich, dass ich und Papa nicht immer hierbleiben werden!" ich sah beide abwechselnd von der Seite an. Sanft meinte Noah: „Natürlich wissen wir das Maja. Es ist auch richtig, dass du ihm die Wahrheit gesagt hast. Du wirst sehen, er kommt darüber hinweg!" Natürlich würde er das. Ich hoffte es zumindest inständig. Ich hoffte, dass ich nur ein Urlaubs-Crush für ihn war. Trotzdem konnte ich nicht alles schönreden. Ich wäre sehr verletzt gewesen, hätte ich für jemanden Gefühle gehabt, und dieser hätte sie nicht erwidert.
***einen schönen Freitag morgen und schöne Ferien! (in meinem Bundesland beginnen die morgen) Vielleicht ergibt sich ja für euch die Möglichkeit irgendwo etwas zu entspannen, wo es warm und schön ist. Bleibt auf jeden Fall gesund und motiviert, denn fast alles ist nur von Zeit (auch Corona)
Ich hab euch lieb, lou (:
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Countryroads
Teen FictionIch verstand es, denn ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Trotzdem war ich wütend. Meine Mutter arbeitete bei einer Organisation, die Kindern in armen Ländern half, die Folgen des Krieges zu überwinden. Sie reiste schließlich selbst dorthin...