NEUNUNDZWANZIG

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Begleitet von Noahs Musik, die gar nicht so schlecht war, und vom Geruch von Kräutern, Gemüse und Fleisch, liefen die Vorbereitungen.

Ich klapperte mit den Tellern und dem Besteck als ich sie aus der Schublade holte, um den Tisch zu decken. Über den Sand lief ich über den Platz zu dem Biertisch, den anscheinend schon jemand aufgestellt hatte. Er stand idyllisch unter einem Baum, knapp neben der Stallwand. Ich verteilte die weißen, schlichten Porzellanteller und legte das Besteck hin. Vielleicht, dachte ich, könnte man tatsächlich eine Lichterkette im Baum aufhängen.

Als ich das Haus wieder betrat, kam mir gerade Papa entgegen. Er trug einen großen Teller, auf dem Gemüsespieße, Fleisch und Würstchen lagen. „Und Maja? Ist alles okay?" fragte er mich. „Klar, ich freu mich aufs Essen." meinte ich grinsend und tätschelte Papa die Schulter, da ich wusste, wie sehr er das hasste.

Wir trugen einen Brotkorb, Salatschüsseln, Getränke und Grillsoßen nach draußen und stellten sie nett gruppiert auf den Tisch. Der Grill war bereits an, und die Luft roch nach Rauch und Feuer. „Maja? Kommst du mal kurz?" fragte Dave und winkte mich ins Haus. Ich kam nach und fragte: „Ist was?" Dave hatte einen ziemlich ernsten Gesichtsausdruck aufgelegt. „Hör mal, findest du nicht, dass du mal kurz bei Sofie und Leo anrufen? Einfach um dich zu verabschieden? Neulich haben du und Leo euch doch wieder ganz gut verstanden." Dave versuchte mich zu überzeugen und mir Mut zu machen. Er hatte auch komplett Recht, würde ich mich nicht mal verabschieden, wäre das wirklich unhöflich. „Stimmt." ich seufzte trotzdem bei dem Gedanken. „Na komm, mach das doch gleich jetzt." wie eine Katze scheuchte Dave mich zur Kommode wo das Telefon stand und nahm es aus der Ladeschale. Er suchte die Nummer aus dem Telefonbuch heraus, drückte mir das Telefon in die Hand und verschwand wieder.

Ungeduldig wartete ich das rhythmische Tuten ab, bis sich eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung meldete. „Hallo, hier ist Sofie?" fragte sie und ich atmete aus. Ich war froh, dass es Sofie und nicht ihre Mutter oder ähnliches war. „Äh, hi hier ist Maja." meldete ich mich nach einer kleinen Pause zurück und Sofies stimme klang freudig als sie weitersprach: „Oh! Hallo! Ist was passiert? Kommt ihr vorbei? Leo ist gerade nicht da, der würde sich bestimmt freuen dich nochmal zu sehen." meinte sie. Ja, da hatte sie höchstwahrscheinlich Recht. „Nichts von alledem," verneinte ich und fuhr langsam fort, „eigentlich wollte ich mich nur verabschieden. Mein Vater und ich fahren morgen früh ab." Jetzt war Sofies stimme etwas kleinlauter. „Oh. Na, wenn das so ist... hoffe ich, dass wir und bald wiedersehen. Ich wünsche dir dann einen schönen Flug und-" ich hörte gedämpft eine Hausklingel, „Oh! Da kommt wohl gerade Leo. Ich hoffe, dass ihr bald wieder herkommt. Willst du dich noch von Leo verabschieden?" von wollen konnte zwar keine Rede sein, dennoch sagte ich: „Ja, bitte. Und bis bald Sofie!" Sie verabschiedete sich, dann hörte ich die deutlich tiefere Stimme von Leo: „Hallo? Maja?" „Ja, hi. ich wollte mich verabschieden." Ich hörte wie Leo sich räusperte, sogar hörte ich, dass er sich irgendwo kratzte. „Oh. Na dann, bis bald würde ich sagen, oder?" Ich nickte leicht und meinte dann: „Ja, das würde ich auch sagen. Ich hoffe, dass wir uns bald wiedersehen." Mir war es aus einem unerklärlichen Grund sehr wichtig, dass Leo wusste, dass ich ihm längst verziehen hatte und ich ihn für eine tolle Person hielt. Ich wollte nicht in einem stillen Streit auseinandergehen.

„Das hoffe ich auch. Tschüss, Maja. Guten Flug." ich hörte Sofies Stimme im Hintergrund, wie sie fluchend nach irgendwas suchte. „Bis dann."

Dann tutete es in der Leitung. Kurz seufzte ich, dann schwappte eine Welle Erleichterung über mich. Ich hatte mich verabschiedet, Leo und ich hatten zwar nichts geklärt, und dennoch war alles geregelt. Ein Stein fiel mir vom Herzen und beschwingt machte ich mich auf den Weg nach draußen.

„Und?" fragte Dave mich erwartungsvoll und ich grinste. „Alles gut." meinte ich und setzte mich an den Tisch. Mit der linken Hand nahm ich eine Gabel und spielte aus Langeweile mit ihr herum; drehte sie, fuhr mit dem Zeigefinger an den Zinken entlang und webte sie durch meine Finger. Noah kam, setzte sich neben mich auf die Bank. „Boah, ich hab Hunger wie ein Teenager im Wachstum!" meinte er. „Noah, du bist erst siebzehn. Tu nicht so, als wärst du erwachsen." Dave tätschelte den blonden Schopf Noahs und setzte sich zu uns.

Noah tat, als wäre er beleidigt und kreuzte die Arme vor der Brust. Er gab seine nicht wirklich gute Schauspielerei sehr schnell auf, als das Essen auf den Tisch gestellt wurde: gegrillte Würstchen, lange Schaschlik-Spieße auf denen unterschiedliches Gemüse aufgespießt waren, gegrillte Kartoffeln und Fleischstücke.

„Guten Appetit" wurde gewünscht und wir fingen an zu essen. Entgegen meinen Erwartungen war es ziemlich still während dem Essen. Jeder war beschäftigt mit dem köstlichen Gericht und nur manchmal hörte man das Klappern von Geschirr oder eine Frage, die etwa so klang: „Könnte ich mal bitte das Ketchup haben?" dann wurde die Handlung ausgeführt und wieder war es still.

„Du bist braun geworden, Maja." Ich blickte von meinem Teller auf, und sah wie Sibille mich wohlwollend anlächelte. Meine Lippen verzogen sich zu einem zaghaften Lächeln. „Danke." meinte ich. „Maja ist halt einfach an sich voll hübsch." Noah grinste mich an. Ich würde nicht sagen, dass ich rot geworden wäre, aber ich spürte, wie mir Wärme in die Wangen stieg. „Danke." murmelte ich und senkte den Blick. Nervös spielte ich mit dem schwarzen Haargummi an meiner linken Hand. „Ihr machts sie ja ganz verlegen!" lachte Papa und legte einen Arm um mich. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und aß meinen Salat.

Die Teller standen längst in der Spülmaschine, die Lichterkette hing im Baum und meine weißen Socken waren an der Sohle grün, als ich mich zum ersten Mal fragte, wie viel Uhr es war.

***ich bin übers Wochenende bei @emilyclearwood! 

Bis bald, lou (:

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