Wieder einmal wurde mir bemerkbar gemacht, wie schnell das Wetter sich hier änderte. Heute schien die Sonne, während es gestern noch geregnet hatte, als hätte Gott den Liebeskummer seines Lebens und die Tropfen wären seine Tränen.
Es klopfte an meiner Tür. „Maja? Kann ich reinkommen?" Ohne auf eine Antwort zu warten, streckte sich schon der Kopf meines Vaters durch die Tür. Er grinste jugendlich als er sah, dass ich wach war.
Er setzte sich auf die Bettkante, strich mir die Haare aus dem Gesicht und murmelte: „Gut geschlafen? Genieß den letzten Tag noch, wir fahren morgen früh." ich brummte. Kurz schien damit alles unrealistisch.
„Na, komm. Es gibt gleich Frühstück!" Papa stand auf und lief wieder die Treppe hinunter. Diesmal bekam er kein mürrisches Brummen zur Antwort, sondern eine Tat, denn ich stand auf, ging zum Kleiderschrank und nahm meine Klamotten mit ins Bad.
Nur ein paar Minuten später lief auch ich die Treppe hinab und setzte mich an den Tisch. Dieser war reichlich gedeckt: Brötchen, eine aufgeschnittene Melone, Himbeeren, Joghurt und alle möglichen Aufstriche fürs Brötchen. „Woah", machte ich, „gibt's was zu feiern?" fragte ich. „Naja, eigentlich nur unser letztes gemeinsames Frühstück zusammen." Noah zuckte mit den Schultern, nahm sich ein Stück Melone und legte es auf seinen Teller.
Ich setzte mich neben Dave, der inzwischen Noahs Stück Melone geklaut hatte und bereist hineinbiss. „Blöd gelaufen" meinte er zu Noah und nagte das Fruchtfleisch bis kurz vor die Schale ab.
Ich hingegen nahm mir einen Joghurt, mischte eine Handvoll Himbeeren darunter und begann ihn zu löffeln. Ich lauschte mit halbem Ohr den Gesprächen der Erwachsenen, die sich darüber unterhielten, wann genau sie heute fürs Grillen einkaufen gehen wollten. Dave stupste mich von der Seite an. „Kommst du heute mit auf einen Ausritt? So zum letzten Mal?" Ich lächelte, „Klar." heute war alles zum letzten Mal.
Eingehüllt vom Duft der Melone, den Gesprächen um mich herum und der gemütlichen Stimmung verging beinahe eine halbe Stunde, bis ich aus meinen honigsüßen Gedanken gerissen wurde. „Kommst du?" fragte Dave. Er hatte unsere Teller aufeinandergestapelt und stand neben Noah. „Oh. Ich-ähm ja. Klar." etwas neben der Spur stand ich auch auf. Noah kicherte und neckte mich: „Na, bei wem warst du in Gedanken?" „Bei niemandem." Meinte ich sofort, ich hatte nicht mal gelogen. Ich war einfach versunken, so schnell wie Wasser einen, wenn man hineinspringt. „Na, dann ist ja gut." Dave scheuchte uns wie ein Vater seine Kinder die Treppe hinauf, zum Zähneputzen. Als hätte der Blonde meine Gedanken gelesen, meinte er spöttisch: „Ersetzt du jetzt schon Majas Vater, oder was?" „Niemand ersetzt meinen Vater!" protestierte ich sofort und machte die Tür zum Bad auf. „Natürlich nicht." Dave lachte und drückte Zahnpasta auf seine Zahnbürste. Noah und ich taten es ihm nach und putzen stillschweigend Zähne.
„Man! Ich will zurück in den Kindergarten, wo man noch Schuhe mit Klettverschluss hatte!" meckerte Noah, als er seine Schleife doch aufmachen musste, um in seine Sneaker hineinzukommen. Dave war schon im Stall, man hörte bereits das Rascheln von Heu und ein Pferd schnauben.
Zusammen liefen Noah und ich zum Stall, jeweils zu einer anderen Box.
Kurz lehnte ich mich an Schokos stabilen Körper und schloss die Augen. Aus einem unerklärlichen Grund flatterte mein Herz und ich war aufgeregt, wie ich es sonst nur vor Mathearbeiten war.
„Alles okay?" fragte Noah und legte mir kurz fürsorglich eine Hand auf die Schulter, zog sie jedoch schnell wieder weg als ich die Augen öffnete und mich zusammenriss. „Natürlich. Alles bestens." Noah sah mich kurz komisch an, dann stieg er auf und auch ich schwang mich in den Sattel. Dave wartete schon ungeduldig und zögerte nicht eine Sekunde damit, seinem Pferd mit den Fersen in den Bauch zu stupsen. Wir ritten los.
„Wohin solls denn heute gehen?" Dave klang wie ein Touristenführer oder ein Vater, der seine Teenagetochter zum Shoppen in die Stadt fuhr. „Ich weiß nicht, einfach eine Runde machen?" Noah und Dave stimmten beide meinem Vorschlag zu.
Die meiste Zeit war es still. Grillenzirpen, vereinzelt Vogelgezwitscher, das Geräusch von Hufen auf vertrocknetem Gras und tiefe, honigsüße Gedanken. Ich war verträumt und mitten in meiner eigenen Welt, als Noah die Stille satthatte: „Wisst ihr, wie sich das hier anfühlt?" fragte er. Ich schüttelte den Kopf, nur um mr danach die Haarsträhnen wieder hinters Ohr zu schieben. „Es fühlt sich an wie für immer. Wisst ihr was ich meine?" Diesmal verneinte nur Dave. Ich wusste ganz genau was Noah meinte. „Hier ist es zeitlos. Ich weiß viel zu genau, wieviel Uhr es jetzt ist, wann wir Abendessen und das Maja und ihr Vater morgen um halb sieben abfahren. Es tut unglaublich gut, zu wissen, dass man hier der Zeit entfliehen kann. Einfach mal vergessen." Dave kicherte kurz wegen Noahs poetischen Worten, doch ich wusste genau was er meinte.
Unser kleiner Ritt war, trotz des tiefsinnigen Gesprächs, lustig und locker. Wir hatten dumme Witze gerissen, Geschichten aus unserer Kindheit erzählt und unsinnige Vergleiche angestellt. So hatte ich zum Beispiel erfahren, dass Dave früher dachte, dass Australien und Austria, also das englische Österreich, das gleiche war und das Noah seine ganze Kindheit damit verbracht hatte, darüber nachzudenken, ob Zebras schwarze oder weiße Streifen hatten.
Lachend bogen wir wieder auf den staubigen Vorplatz ein. Gründlich und dennoch flott putzen wir die Pferde und liefen ins Haus. Dort waren die Vorbereitungen bereits in vollem Gange, was jedoch kein Wunder war, da es schon beinahe fünf Uhr war und alle Hunger hatten. „Hallo, Kinder! Ihr könnt grade schnell Hände waschen und dann die Paprika und Zucchini schneiden!" etwas überrumpelt von der Begrüßung und Arbeitsanweisung in einem, blieben wir kurz perplex stehen.
Ich rückte den Holzstuhl etwas nach hinten und setzte mich. Mit einem Holzbrett und Messer bewaffnet schnitt ich nun rote Paprika. Dave schnitt bereits die Zucchini und Noah holte sein Handy von oben, um Musik laufen zu lassen.
***Oi, hier bin ich wieder. Ich habe übel viele Ideen für ein neues Buch, deshalb ist es schwer hier motiviert zu bleiben...
naja, bis dann, lou (:
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Countryroads
Teen FictionIch verstand es, denn ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Trotzdem war ich wütend. Meine Mutter arbeitete bei einer Organisation, die Kindern in armen Ländern half, die Folgen des Krieges zu überwinden. Sie reiste schließlich selbst dorthin...