„Aha! Schau mal, das könnte doch etwas sein!" riss mich mein Papa aus meiner eigenen kleinen Welt. Er deutete auf einen kleinen Laden, welcher sich auf der linken Straßenseite befand. Er zog mich hinein. Eine Ladenglocke klingelte als wir eintraten und eine Verkäuferin an der Kasse meinte freundlich: „Hallo! Kann ich ihnen irgendwie helfen?" „Ja, tatsächlich schon. Ich suche für meine Tochter etwas Festliches zum Anziehen. Ein Kleid oder vielleicht ein Rock wäre nicht schlecht. Ein Familienmitglied ist gestorben." Informierte mein Papa sie. Ein Kleid? Ein Rock? So etwas hatte ich ewig nicht mehr angehabt. „Oh. Das tut mir leid. Ich zeige ihnen mal was wir besitzen." Sie lief durch verschiedene Gänge welche von Pullovern, Jeans, Anzügen und Jacken gesäumt waren.
Am anderen Ende des Ladens blieb sie stehen. „Sehen sie mal, hier wären Kleider und Röcke. Ich persönlich könnte mir ein weißes Kleid gut an ihr vorstellen." Die Verkäuferin sah mich prüfend an. „Allerdings trägt man zu Beerdigungen ja eher schwarz... Naja, probieren sie mal ein paar Sachen durch. Wenn sie Hilfe brauchen können sie mich gerne rufen!" mit diesen Worten verschwand sie wieder. Niemand außer uns war in dem Laden. Ich seufzte. „Na dann." Auch Papa war wenig motiviert, trotzdem drückte er mir schon ein Kleid in die Hand. Ich verschwand in der Umkleidekabine und zog mich um. Unsicher betrachtete ich mich im Spiegel. Ich wusste jetzt, warum ich lange keine Kleider mehr angehabt hatte. Ich schob den Vorhang zur Seite. „Wow! Hey, das sieht gut aus! Du solltest öfter Kleider tragen!" innerlich schlug ich mir gegen die Stirn. Wie konnten meine Gedanken und die Aussage meines Vaters so gegenteilig sein? „Papa, sag das jetzt nicht nur, weil du hier wegwillst! Findest du es wirklich gut?" Papa seufzte. „Probier' halt noch ein anderes an. Aber ich finde es wirklich gut. Meiner Meinung nach kann das hier keines mehr toppen." Ich grinste und nahm mir ein Kleid von einem Kleiderbügel. Wieder zog ich mich um und trat vor meinen Vater. „Okay, also die Wahl steht fest, wir nehmen das erste. Sorry, aber das Kleid ist echt scheiße." Ich konnte mein Lachen nicht zurückhalten. Er hatte Recht. Ich schlüpfte wieder in mein T-Shirt und die löchrige Jeans und hängte beide Kleider wieder auf die Bügel. Das zweite, das mit den Rüschen und den Spaghettiträgern hängte ich zurück. Ein grässliches Teil, das musste man echt sagen.
„Oh! Sie waren aber schnell!" meinte die blonde Verkäuferin als wir zum Bezahlen an die Kasse gingen. Wir nickten und mein Papa bezahlte. „So schlimm war es gar nicht." Meinte Papa und legte mir einen Arm um die Schultern. „Hast du eigentlich mal mit Mama telefoniert?" fragte ich als wir auf dem Weg zurück zum Auto waren. „Jap, habe ich. Ihr geht es gut und ich sollte viele Grüße sagen." Er sah mich entschuldigend an, anscheinend hatte er das bis jetzt vergessen. Auf dem Parkplatz standen die anderen bereits und warteten. Aus dem Range Rover ertönte ziemlich laute Musik und ich scherzte: „Sind Noah und Dave diesmal nicht im Supermarkt?" Dave sah mich nur emotionslos an. „Nicht witzig?" fragte ich unsicher und ließ mich auf die Rückbank fallen. „Nicht im Geringsten, Maja, nein." Ich seufzte. Mein Humor war endgültig kaputt. Autotüren wurden zugeschlagen und der Motor heulte auf. Diesmal krallte ich mich nicht in Daves Arm, sondern in die Sitzpolster. „Was habt ihr eigentlich gekauft?" fragte Noah mich von vorne. „Ein Kleid für morgen." Antwortete ich knapp. Noah hatte sich mit dem Handy verbunden und spielte Musik ab.
Eine Playlist später hielten wir erneut. Wir liefen ins Haus, wo ich mich sofort die Treppe hinaufbegab. Ich hängte das Kleid auf die Kleiderstange im Kleiderschrank und machte mich dann wieder auf den Weg nach unten. Es war schon fast neun Uhr und entsprechend hatte ich einen ordentlichen Kohldampf. Ich griff nach einer Banane und einem Joghurt und setzte mich an den Küchentisch. Ich schluckte. „Wann ist den morgen die Beerdigung?" fragte ich und sah etwas betrübt auf die raue Holzoberfläche des Tisches. „Direkt am Morgen um halb zehn. Danach werden wir noch essen gehen." Informierte mich Opa. „Kommt denn noch jemand außer uns?" fragte ich und löffelte den Naturjoghurt in mich rein. „Es kommt noch die Familie von Sofie und Leo. Außerdem noch mein bester Freund, den ich schon seit der Schulzeit kenne, Hach das waren noch Zeiten." Opa seufzte leicht und meinte dann: „Ich werde jetzt zu Bett gehen. Schlaf gut." Er verschwand in sein Schlafzimmer. Nun saß ich allein und bei gedimmtem Licht im großen Wohnzimmer der Ranch. Meine Gedanken überholten mich mal wieder und gewannen Übermacht über meinen Körper. Gedankenverloren schälte ich meine Banane und biss ab. Mich machte es nervös nicht zu wissen, wann ich meine Mutter wiedersehen würde oder in meinem eigenen Bett zu schlafen. Auf meinem Handy öffnete ich die Galerie und scrollte durch alte Bilder. Meine Mundwinkel zuckten zwar nach oben, jedoch nicht vor Freude, sondern lediglich aus Traurigkeit. Ich hatte meine beste Freundin zu Hause in Deutschland gelassen. Ich legte meine Arme auf den Tisch und vergrub mein Gesicht darin.
Ich hatte mein Zeitgefühl schon lange verloren und so hatte ich nicht den blassesten Schimmer wie viel Uhr es war als ich mich aufraffte und mich ins Bett begab. Das Zähneputzen ließ ich ausfallen.
***heute ein bisschen kürzer, weil ich etwas Stress mit der Schule usw. hatte...
Naja, ich hoffe ihr seid gesund und euch geht's gut, lou (:
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Countryroads
Teen FictionIch verstand es, denn ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Trotzdem war ich wütend. Meine Mutter arbeitete bei einer Organisation, die Kindern in armen Ländern half, die Folgen des Krieges zu überwinden. Sie reiste schließlich selbst dorthin...