Mit dem typischen Motorgeräusch gab ich Gas und fuhr auf die beiden zu. Der rote Regler, der die Geschwindigkeit anzeigte, bewegte sich nach rechts auf die zwanzig zu. Sechs Reifenspuren zogen sich nun durch die Wiese. Haare flogen im Wind, Gras wurde plattgedrückt und ich kam Dave und Noah näher. „Aha, ein richtiges Badgirl also. Hat Jungs als Freunde, kann wie ein Naturtalent Quad fahren und schuftet auf der Farm." Rief Noah mir amüsiert über die Schulter. „Können wir mal nicht immer irgendwelche Witze machen, die auf ihrem Niveau einfach gegen Null gehen?" fragte ich genervt und fuhr nun neben Noah. „Wieso, das ist doch dein Niveau" Schoss Noah mit einem halbverkniffenen Grinsen zurück. Ich stöhnte. „Genau das meine ich!"
Langsam fuhren wir nun durch die gelbliche Wiese. „Weißt du eigentlich schon mehr über dieses komische Abschiedsfest?" fragte Dave mich nun. „Ne, eigentlich habe ich keine Ahnung." Gab ich zu. Mein Papa hatte mir nichts erzählt. „Okay, toll. Dann kann ich dich jetzt volllabern, bis du umfällst" Dave schien wenig begeistert und fuhr fort: „Und zwar hat Phillip, also dein Vater uns schon so viel erzählt: Wir machen irgendwie einen netten Abend, draußen am Lagerfeuer und mit Stockbrot und so. Ich glaube nicht, dass Sofie und Leo kommen, aber das ist ja auch nicht so schlimm." er sah mich mit einem vielsagenden Blick an. „Hab ich was vergessen Noah?" fragte er. Dieser schüttelte den Kopf. „Also machen wir einen entspannten Grillabend?" fragte ich freudig. Beide Jungs nickten.
Ich genoss die Runde, die wir fuhren in vollen Zügen. Haar, das im Wind flog, leuchtende Augen und das Wissen, dass diese wahrscheinlich eine unserer letzten Unternehmungen zusammen war. Den letzten Punkt verdrängte ich jedoch, bis wir verschwitzt und dreckig auf dem Parkplatz hielten. Opa kam aus der Haustür und hob verteidigend die Hände als er uns erblickte: „Was habt ihr denn gemacht? Hattet ihr einen Unfall? Oder seid ihr zu Schweinen geworden?" „Dave war schon immer eins, aber sonst eigentlich nicht, nein." Antwortete Noah charmant und schenkte Dave in honigsüßes Lächeln. Dieser meinte nun ernst zu Opa: „Nein, alles ist gut. Die Erde ist nur ziemlich trocken, da hat es ziemlich gestaubt." „Achso, na dann ist ja alles gut, nicht wahr?" und Opa lief über den Platz in den Stall.
„Ich geh duschen, Jungs!" gab ich den beiden Bescheid, nachdem wir die Quads eingeräumt hatten. Ich joggte die Treppe hinauf, direkt in mein Zimmer. Ich war nicht oft hier. Den ganzen Tag war ich eigentlich draußen oder saß unten im Wohnzimmer. Auch diesmal hielt ich mich nicht lang hier auf, ich holte lediglich Klamotten aus dem Kleiderschrank und verschwand dann im Bad.
Verschwitze Haarsträhnen wurden von Shampoo gesäubert, Dreck und Staub abgewaschen und ein kleiner Kratzer am Arm gereinigt. Mit nassen Haaren und frischen Anziehsachen lief ich hinab, in die Küche. Auch Noah hatte nasse Haare und saß auf der Arbeitsfläche. Neugierig sah er in den Topf, der auf dem Herd stand. „Wer kocht?" fragte ich freudig, mein Magen grummelte bereits unzufrieden vor sich hin. „Ich mache Nudeln!" verkündete Noah stolz und sprang vom Küchentresen, als der Timer, den er an seinem Handy gestartet hatte, klingelte. „Die kleine Maja bekommt doch bestimmt auch was ab, oder?" ich blickte zu ihm auf, mit dem süßesten Blick in den Augen, den ich bieten konnte. „Aww, natürlich bekommst du was!" Noah tätschelte meinen Kopf, dann lachte er. „Wir sind so komisch" stellte er fest und goss das heiße Wasser aus dem Topf durch ein Sieb ab. Belustigt nickte ich zustimmend. Er verteilte Nudeln auf zwei Teller, ich stellte ein Pesto und die gefüllten Teller auf den Tisch. Mit zwei Gabeln bewaffnet kam Noah an den Esstisch. „Ich bin Poseidon und werde dich aufspießen." Er war komplett ernst und setzte sich, als wäre nichts gewesen. Ich prustete los. „Was zur Hölle?" ich keuchte und wischte mir den Glanz aus den Augen.
Noah sah mich mit einer hochgezogenen Augenbraue an und meinte trocken: „So lustig war es jetzt auch wieder nicht." Er steckte mir die Gabel in den Hügel Spaghetti auf meinem Teller. Darauf erwiderte ich nichts mehr, sondern begann stillschweigend zu essen.
Dave, Noah und ich verbrachten den Nachmittag mal hier, mal dort. Einmal saß ich in Jörgs Auto, weil Dave mir zeigen wollte, wie man Auto fährt. Jörg bekam das mit, scheuchte uns davon. Ein anderes Mal saßen wir wie in einem Pferdebuch für kleine Mädchen auf dem Koppelzaun und sahen den Pferden beim Grasen zu, während wir uns unterhielten. Und dann, es war bereits früher Abend, liefen wir ziellos um die Gebäude umher; sahen nach den Pferden, unterhielten uns über die Fenster, die dringend mal wieder geputzt werden müssten, sogen den Duft von leckerem Essen ein und ich sah verträumt dem Staub des Platzes zu, wie er in der Luft schimmerte. Dann, nach dem Essen, hatte Dave Seifenblasen gefunden. Einfach, weil es uns drei an unsere Kindheit erinnerte, pusteten wir sie in die orange flimmernde Luft. Sie glänzen wie kleine Quallen in Meer und zerplatzen an kleinen Büschen oder Hauswänden.
Als ich abends noch mit meinen zwei besten Freunden Zähne putzte, wurde mir bewusst, wie sehr ich das hier alles vermissen würde. Wie sehr die Natur, die Pferde, die unfassbar tollen Menschen, dass man alle Tage draußen verbrachte, einfach das Unbeschwerte. Die Sonnenstrahlen, die am Abend so sanft waren, als könnten sie die Wiesen vom sonst knalligen Licht, welches am Rest des Tages herrschte, besänftigen.
Das Lavendelwaschmittel, mit dem hier die Bettwäsche und Kleider gewaschen wurden. Ich nahm den inzwischen vertrauten Geruch in meine Nase ein, indem ich mein Gesicht im Kopfkissen vergrub. Ich hatte das Gefühl, dass ich viel zu selten gesagt hatte, wie schön es hier war. Ich hoffte, dass Dave und Noah es trotzdem gemerkt hatte, denn manchmal sagen Blicke so viel mehr als Worte.
Am nächsten Morgen hatte ich ausgeschlafen. Niemand hatte mich geweckt und es war still im Haus. Doch das blieb leider nicht lang so, denn es klopfte an der Tür. Dann wurde sie unsanft aufgerissen und Dave kam hineingestürmt, gefolgt von Noah. „Oh mein Gott", Noah betonte jedes einzelne Wort sehr deutlich, „Ich hyperventiliere gleich! Es ist schon jetzt heiß wie sonst was und wir haben kein Eis!" Noch etwas benommen setzte ich mich auf und sah Dave an. Dieser schüttelte den Kopf und sah mich mit einem Er-übertreibt-mal-wieder-Blick an. "Die anderen sind gerade einkaufen. Abgesehen davon, gibt es niemanden, der um halb zehn morgens Eis isst!" tadelte Dave Noah scherzhaft.
***Oiii oiii, hier bin ich wieder. Ich wollte kurz noch Eigenwerbung machen, denn ich hab noch ein anderes Buch geschrieben. "We're just Best Friends"! ich bin mir sicher, dass wenn "Countryroads" euch gefällt, euch auch mein erstes Werk gefällt!
Ok, jetzt bin ich auch schon wieder weg, lou (:
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Countryroads
Teen FictionIch verstand es, denn ich hätte wahrscheinlich genauso gehandelt. Trotzdem war ich wütend. Meine Mutter arbeitete bei einer Organisation, die Kindern in armen Ländern half, die Folgen des Krieges zu überwinden. Sie reiste schließlich selbst dorthin...