Danach, gegenwärtig, Gegenwart
Unendlich viele Stimmen rufen durcheinander. Manche lauter, manche leiser und ein paar hektisch.
Wo bin ich?
Blinzelnd öffne ich die Augen. Alles ist grell und ich muss meine Augen zusammenkneifen, um sie vor dem hellen Licht zu schützen. Bunte Punkte erscheinen hinter meinen Liedern und verschwinden wieder. Wie im Sommer, wenn man an einem sonnigen Tag seine Sonnenbrille vergessen hat und die Sonne einem erbarmungslos in die Augen scheint. Ich spüre Hände an meinen Schultern, auf meinen Armen und meinem Körper. Was sind das für Hände? Und wieso müssen diese Stimmen so unglaublich laut sein? Ich möchte meine Ohren zu halten, meine Sinne vor diesem Lärm schützen, aber ich habe keine Macht über meinen Körper. Nicht einmal mehr meinen kleinen Finger kann ich bewegen.
Wo bin ich?
Eine der Stimmen drängt durch den Lärm zu mir durch.
„Sie kommt zu sich! Schnell! Wir müssen-..."
Der Rest von dem Gesagten verschwindet in dem Rauschen, das meine Ohren beginnt zu erfüllen. Es fühlt sich an als wäre die ganze Welt in Watte gepackt. Die Geräusche sind gedämpft und auch meine Umgebung kann ich nur schemenhaft wahrnehmen. Alles scheint so unendlich weit entfernt und doch viel zu nah. Ich schließe meine Augen. Es ist zu anstrengend sie zusammenzukneifen. Doch das grelle Licht dringt auch noch durch meine geschlossenen Lider und verursacht pochende Kopfschmerzen.
Wo zur Hölle bin ich?
Der penetrante Geruch von Desinfektionsmittel steigt mir in die Nase und ganz langsam drängt sich ein Wort durch meine vernebelten Gedanken. Krankenhaus. Ich muss in einem Krankenhaus sein. Denn die Zwischenwelt hat kein Geruch. Oder doch? Plötzlich wird erst mein rechtes und dann mein linkes Augenlid geöffnet. Ein helles Licht strahlt genau in meine Augen und verschlimmert meine Kopfschmerzen. Wie bin ich hierhergekommen? Ich versuche verzweifelt in meinem Kopf nach der Antwort zu suchen. Aber ich kann keinen Gedanken fassen und etwas in mir rebelliert gegen die Suche nach den verlorenen Erinnerungen. Als gäbe es einen verborgenen Bereich in meinem Gedächtnis, zu dem ich keinen Zugriff habe. Nur sagt mir mein Gefühl, dass sich dort die Erinnerungen befinden, nach denen ich suche.
Ich kämpfe gegen die Blockade an, möchte sie mit aller Kraft niederreißen. Nichts passiert. Ich kann mich verdammt nochmal nicht daran erinnern, wie ich hierhergekommen bin. Frustration macht sich in mir breit, nimmt jede Faser meines Körpers ein. Ich möchte, dass dieser Albtraum sofort aufhört, ich möchte in Tränen ausbrechen, aber selbst dafür scheint mein Körper zu schwach zu sein. Nicht einmal mehr ein Schluchzen kann ich zustande bringen. Vielleicht sollte ich mit einfacheren Erinnerungen beginnen. Wenn ich mich an gewöhnliche Dinge erinnern kann, komme ich meinem Ziel schon ein Stückchen näher. Zwar nur ein kleines Stückchen, aber das ist doch auch etwas.
Also, mein Name ist Julie. Nein, das ist nicht ganz richtig.
Mein Name ist Juliet Nikolina van Elburg. Ich bin 17 Jahre alt. Und ich weiß, dass ich nichts weiß. Sokrates' Worte bekommen für mich eine ganz andere Bedeutung. Denn mir wird schmerzlich bewusst, dass sie beinahe zu perfekt auf meine Situation zu treffen. Mein Gedächtnis, das, was uns Menschen aus macht, uns zu Individuen macht, lässt mich im Stich. Alles wird schwarz. Das waren zu früh, zu viele Gedanken.
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may i love him
Teen FictionIn Julies Augen sind alle Jungs gleich, und zwar gleich schrecklich. Doch als sie die Schule wechselt und am ersten Schultag dem norwegischen Austauschschüler Finley über den Weg läuft, ändert sich einiges. Sie beginnt ihre Abneigung gegenüber Jungs...