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Davor, zuvor, Vergangenheit

Steril. Fremd. Unpersönlich.

So habe ich mir immer das Innere einer Psychiatrie vorgestellt, aber ganz anders sieht die Einrichtung am Rande unserer kleinen Stadt aus.

Sie wirkt beinahe zu persönlich mit den ganzen Zeichnungen der Ex-Patienten und auch die Pfleger, die einem hier und da mit einer freundlichen Miene über den Weg laufen, geben einem das Gefühl, das jeder hier willkommen ist.

Eins muss man Mama lassen, sie hätte keinen besseren Ort für Ellie finden können. Zwar sind auch hier die Flure mit sanft gelbem Linoleum ausgelegt, aber man hat nicht wirklich das Gefühl sich in einer Psychiatrie zu befinden.

„Eleanor van Elburg? Die befindet sich in Zimmer 107. Und sie sind die Schwester?", fragt die Pflegerin höflich, schaut vom Computer hoch und mich durch ihre Brillengläser an.

„Ja genau", antworte ich ebenso höflich.

„Gut, dürfte ich dann noch ihren Ausweis sehen?"

„Natürlich."

Ich kram in meiner kleinen Tasche, hole mein Portemonnaie heraus und reiche ihr meinen Ausweis.

„Okay, gut. Soll ich Sie zum Zimmer begleiten oder finden Sie sich alleine zurecht?", erkundigt sie sich und gibt mir meinen Ausweis zurück.

„Sehr gerne, aber nur, wenn es Ihnen keine Umstände bereitet."

Bei der Tür zu Zimmer Nummer 107 angekommen, fallen mir sofort die Namensschilder, die liebevoll an der Tür befestigt wurden, ins Auge. Eigentlich liegt meine ganze Aufmerksamkeit nur auf einem der beiden Namensschilder. Eleanor. Akkuraten Buchstaben, alle perfekt aneinandergereiht. Nur Ellie ist so zwanghaft perfektionistisch.

Die freundliche Pflegerin öffnet die Tür langsam und späht vorsichtig in das Zimmer.

„Eleanor? Du hast Besuch", sagt sie sanft und macht mir dann Platz damit ich das Zimmer betreten kann.

Es ist größer als ich gedacht habe. Die ausladenden Fenster, die eine ganze Seite des Zimmers säumen, sorgen für eine angenehme Helligkeit, aber auch die moderne und gleichzeitig gemütliche Einrichtung, geben dem Zimmer eine schöne Ausstrahlung.

Auf dem anthrazitgrauen Sofa sitzt Ellie und ein aufgeschlagenes Buch liegt auf ihrem Schoß. Die früher einmal langen blonden Haare weichen einem geraden kantigen Bob, der ihre Kinnpartie vorteilhaft betont und sie irgendwie noch makelloser wirken lässt. Aber auch ihr weißer Pullover sitzt perfekt und gibt einen schönen Kontrast zu der dunkelblauen Jeans.

„Hey Ellie."

Ich nehme neben ihr auf dem Sofa platz und schaue sie abwartend an.

„Ich lass euch zwei mal alleine."

Die Pflegerin verlässt das Zimmer und schließt die Tür hinter sich. Wir sind alleine. Doch Ellie bricht ihr Schweigen immer noch nicht.

„Ist das das Bett deiner Mitbewohnerin?", frage ich, um die unangenehme Stille zu durchbrechen.

Ellie schüttelt den Kopf und senkt ihn dann wieder über ihr Buch.

„Dann also dein Bett."

Diesmal bekomme ich keine Antwort und so greife ich in meine Tasche, ziehe ein Buch heraus und halte es ihr hin. Ein Klassiker. Emma von Jane Austen. Ellies Lieblingsbuch.

„Das habe ich dir mitgebracht", ich versuche genau so sanft zu klingen, wie die Pflegerin zuvor, aber das möchte mir nicht so ganz gelingen. Die Stille ist mir unangenehm. Sie legt sich über meine Gedanken und selbst in meiner Stimme, ist die Beklommenheit wieder zu finden.

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