Die Lange Nacht Teil 3

279 10 7
                                    

 27.August, 973 NEE, irgendwo in den Wastelands

»Scheiße!«

Diesmal widersprach ich Charles körperloser Stimme in meinem Verstand nicht, sondern griff nur stumm nach meinem grauen Seesack und stand auf, nachdem sich mein Vordermann erhob. Die beiden Lancemaster der Wisconsin lösten ein eingeübtes Zusammenspiel von Bewegungen und Handgriffen aus, das wie eine Welle durch die wartenden Gestalten auf dem Transporter glitt und schließlich das ganze Ratpack auf die Beine brachte.

Ich seufzte.

»Wir sind echt am Arsch ...«, murmelte ich.

»Sag ich doch die ganze Zeit«, stimmte mir Charles unhörbar zu, verzichtete jedoch auf den zynischen Unterton, den er sonst so liebte.

»Schnauze da hinten!«, herrschte einer der Aufseher. »Ihr seid nicht zum Kaffeekränzchen hier!«

Als ob mir das noch nicht aufgefallen wäre ...

Die Wisconsin zählte zu den dienstältesten Großkampfschiffen des Imperiums und war eine Legende. Kein Planetenbrecher hatte mehr Schlachten geschlagen, keine Besatzung mehr für das Reich geleistet. Auf der Wisconsin zu dienen war eine Ehre ...

... solange man nicht zu den Ratpacks des Lancecorps gehörte. Die unzähligen Gefechte hatten ihre Spuren am stählernen Leib des Schiffes hinterlassen. Risse in der Außenhülle, Strahlungslecks, Mikrofrakturen, die einen Träger unter Gefechtsbelastung plötzlich zu einer Todesfalle werden ließen und vieles mehr. Die Liste war lang, zu lang, um sie während ein oder zwei Wartungsaufenthalten im Dock abzuarbeiten. Dafür war der Druck durch die verfluchten Konföderierten zu hoch, die beinahe täglich irgendwo zuschlugen. Mehr Schiffe wären eine Lösung gewesen, aber dann hätte der Imperator sich und dem Reich eingestehen müssen, dass die Separatisten der Randwelten mehr waren als nur ein lästiges Ärgernis. Also blieb nur, die vorhandenen Ressourcen energischer einzusetzen und das bedeutete Sicherheitsmängel in Kauf zu nehmen. Vor allem auf den Lancedecks und Ratwalks scherte sich keine Sau darum, ob ein Wartungsgang mit Strahlung überflutet war oder die Hüllenpanzerung jeden Augenblick bersten konnte. Wer in den dunklen Eingeweiden des Schiffes Dienst tat, hatte es verdient und war mehr als entbehrlich. Für den verfluchten Rest und den nötigen Gehorsam sorgten die Gummiknüppel der Lancemaster und die Trommelzellen, für die es auf der Wisconsin Wartelisten gab – auch wenn man nicht wusste, ob man den Abend noch erlebte.

Ich biss mir auf die Zunge, hielt die Klappe und stemmte schweigend mein Bein gegen die Sitzbank, um das unvermeidliche Durchsacken der A-Gravs abzufangen, als der Motor des Bucksters erstarb. Ich blinzelte in die plötzliche Helligkeit des Landefelds, die wie ein Gewittersturm durch die hochgeschlagene Plane am Heck des Fahrzeugs schlug. Viel konnte ich von der Welt, in deren Orbit die HMSS Arizona und die HMSS Wisconsin kreisten, nicht erkennen. Nur dass die imperialen Standardgebäude schon bessere Zeiten gesehen hatten und dass es ein staubtrockener Planet unter einer gleißenden viel zu heißen Sonne war. Edges nannten die Kartographen solche Welten, auf denen sich Menschen gerade noch so eben festzukrallen vermochten. Alt wurde dort niemand und glücklich schon gar nicht, aber der Hunger des Imperiums nach Metallen war schier unersättlich.

»Worauf wartet ihr verdammt! Bewegung, ihr Hunde!«, brüllte einer der Aufseher und trommelte mit dem Gummiknüppel ein hektisches Stakkato gegen die Ladeklappe des Transporters.

Ich presste die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen und drehte mich auf dem Absatz nach links.

Besser wird es wirklich nicht mehr ...

Ratpack 7Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt