1. Die Blonde

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Ich zerre meinen Koffer aus dem Kofferraum des Taxis. Mit einem dumpfen Geräusch landet er auf dem Fußweg neben mir. Die Taxifahrt vom Flughafen zu den Studierendenunterkünften war nicht sehr erlebnisreich, ich muss mich heute Nachmittag definitiv auf den Weg begeben, die Stadt zu erkunden.

Ich habe mir fest vorgenommen aus meinem Auslandssemester in Rom alles herauszuholen. Mein Italienisch ist nicht perfekt, aber dass kann sich hier ja nur verbessern. Viel wichtiger ist mir, dass ich mich hier besser entfalten kann. So weit weg von zu Hause möchte ich mich endlich mal so richtig ausprobieren.

Aber vorher muss ich mich beim Studierendenbüro anmelden und mein Zimmer finden. Soweit komme ich aber gar nicht.

Ich höre nur ein lautes „Ahh, entschuldigung!", da prallt ein blonder Haarschopf gegen mich. Vom Aufprall weiche ich zurück und stolpere beinahe über meinen eigenen Koffer. Doch zwei schlanke Hände umfassen meine Unterarme und bewahren mich davor, umzufallen. Der warme Druck verweilt an meinen Armen, bis ich wieder fest stehe.

„Das tut mir so leid. Alles in Ordnung?", fragt das Mädchen vor mir. Ich lasse meinen Blick über ihre welligen blonden Haare schweifen und verweile bei ihren blauen Augen.

„Ja, mir ist nichts passiert", antworte ich ihr.

Ich bemerke, wie sie mich ebenfalls von Kopf bis Fuß mustert. Ein Schmunzeln huscht über ihre Lippen. „Schön zu sehen, dass ich dich trotzdem so einfach von den Füßen hauen konnte"

Ein lautes Hupen ertönt. Das Mädchen schaut an mir vorbei zu dem auf der Straße wartenden Auto. „Man sieht sich!", ruft sie mir zwinkernd zu als sie an mir vorbeieilt. Ich schaue ihr verblüfft hinterher wie sie zu einem blonden Jungen ins Auto steigt und die beiden davonfahren.

Dann realisiere ich plötzlich, dass sie mit mir geflirtet hat. Wow, noch keinen ganzen Tag in Rom und schon mit jemand attraktiven gesprochen! Kein Wunder, die Leute aus Italien sollen ja alle unglaublich gutaussehend sein.

Ich ärgere mich, dass ich weder den Namen noch die Nummer des Mädchens erfahren habe. Aber vielleicht treffe ich sie ja wirklich wieder, denke ich hoffnungsvoll.

Etwas später am Nachmittag habe ich alles Wichtige mit dem Auslandssemesterbüro geklärt und mein Zimmer gefunden. Es ist eine geräumige Ein-Zimmerwohnung mit eigenem Bad und Küche; ich bin froh, dass ich mir dies nicht mit anderen teilen muss. Nachdem ich meine Sachen ausgepackt habe, habe ich es mir erst einmal auf dem Bett gemütlich gemacht. Doch jetzt habe ich mich genügend ausgeruht und bin bereit einen kleinen Trip durch die Stadt zu machen. Mit einem Stadtplan und etwas zu Trinken bewaffnet begebe ich mich zu einigen Sehenswürdigkeiten. Nach einem Besuch des Unicampus' will ich mir irgendwo eine Kleinigkeit zu Essen holen.

Mein Plan wird unterbrochen von der hellen Stimme von vorhin: „Hey, du da!" Ich drehe mich um und sehen das blonde Mädchen lächelnd auf mich zu laufen.

„Ich hab doch gewusst dass ich dich wiedersehen werde!", sagt sie, „Zum Glück, so kann ich mich für vorhin entschuldigen"

Ich mache eine abwehrende Geste. „Ach, kein Problem, ist ja nichts passiert"

„Das meine ich nicht, ich hatte vorhin keine Zeit mich richtig vorzustellen. Ich bin Victoria" Sie streckt mir ihre Hand entgegen.

Überrascht schüttle ich sie. „Oh, ich bin Maya. Du hattest es ja sehr eilig"

„Jaa, ich musste mit meinen Freunden unsere Instrumente aufbauen. Wir haben heute Abend einen kleinen Auftritt"

„Du bist in einer Band?", frage ich neugierig nach.

Sie nickt eifrig. „Zusammen mit drei Freunden. Wir covern momentan nur Songs, aber vielleicht wird ja mal noch mehr draus!"

Ich lache. „Das hoffe ich für euch"

Victoria schiebt sich eine ihrer dicken Haarsträhnen hinters Ohr. „Hey, hast du vielleicht Lust uns heute Abend zuzuhören? Und bevor du nein sagst, du musst keinen Eintritt bezahlen und hast auch keine Verpflichtung zu bleiben, wenn dir die Musik nicht gefällt!"

Ich muss erneut lachen. „Ich weiß nicht, ich bin erst heute hier angekommen"

Victoria unterbricht mich: „Na dann ist das doch perfekt, um neue Leute kennenzulernen! Ich kann dich meinen Freunden vorstellen und vorher amüsierst du dich bei netter Musik. Was sagst du? Außerdem habe ich dann einen Grund dich wieder zu sehen"

Bei ihrem letzten Satz erröten meine Wangen. Das ist definitiv ein Level an Flirten was ich nicht gewöhnt bin!

Bevor ich es mir anders überlegen kann, stimme ich Victoria zu. Sie freut sich sehr darüber und sagt mir alle Details zu ihrem Auftritt. Dann tippt sie noch ihre Nummer in mein Handy, „nur für den Fall", und gibt es mir mit einem umwerfenden Lächeln zurück. Anschließend verabschieden wir uns voneinander. Auf dem Weg zu meiner Wohnung breitet sich ein aufgeregtes Kribbeln in meinem Bauch aus. So einfach kann es sein, neue Leute kennenzulernen - und vielleicht auch schon ein paar Freunde.

Morirò da ReginaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt