61. Nachts am Pool

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Leider kommt der letzte Tag in der Villa schon viel zu schnell. Und dann können wir ihn nicht mal voll auskosten, weil wir damit beschäftigt sind, unseren gemeinsamen Song nochmal zu überarbeiten. Selbst das letzte Mal in der Villa kochen ist etwas unspektakulär, weil wir versuchen alle übrigen Lebensmittel zu verwerten, um nichts davon wegschmeißen zu müssen.

Danach beginnen wir, unsere Koffer für die Rückfahrt morgen Vormittag zu packen. Während wir nicht in Rom waren, ist einiges für die Band geschehen. Ihr Merch ist veröffentlich worden. An dem Morgen saßen wir alle gespannt vor dem Computer und haben gleichzeitig mit Marta telefoniert, um den Launch zu verfolgen. Sie hat mir auch versprochen, dass ich meine Sachen und den Hoodie für Jana bekomme, sobald wir wieder in Rom sind. Was tatsächlich nur einen Nachmittag sein wird, denn Marta verrät uns glücklich, dass es direkt weiter nach Berlin geht. Die Interview-Tour durch einige Städte in Europa hat sie so geplant, dass wir noch gemeinsam nach Berlin fliegen und den Abend haben, bevor ich mich von den anderen trennen werde. Bei dem Gedanken, dass ich dann wieder für einige Zeit nicht an der Seite von Vic, Ethan, Thomas und vor allem Damiano sein werde, habe ich Marta schon gar nicht mehr richtig zugehört. Erst, als wir ihr von unserem Song erzählt haben, war ich wieder dabei. Marta war etwas überrumpelt, aber sie meinte, sie hört ihn sich gerne an.

Außerdem bekomme ich seit gestern die Melodie von Damianos Lied nicht mehr aus dem Kopf. Er lächelt mich immer sanft an, wenn er hört, wie ich es vor mir her summe. Ich habe mir fest in den Kopf gesetzt, die zweite Strophe für Damiano zu schreiben. Denn ein Liebeslied was man füreinander schreibt ist besser, als eines was nur von einer Seite stammt.

Als ich Vic danach frage, sagt sie mir, dass nur Damiano den Zettel mit den Lyrics hat. Und ihn kann ich nur schwer überzeugen, mir den Zettel zu geben.

„Ich habe das Lied noch nicht zu Ende geschrieben", sagt er, während er mit dem Rücken zu mir seine T-Shirts in den Koffer legt.

„Damiano, bitte?", sage ich, „Ich möchte den Zettel mit den Lyrics in meine Schachtel legen"

Damiano dreht sich zu mir um. Fragend zieht er eine Augenbraue hoch. „Deine Schachtel?"

Den belustigten Unterton ignorierend sage ich: „Ich habe zuhause eine Schachtel, in der ich all meine sentimentalen Wertgegenstände aufhebe. Da ist auch der Zettel drin, den du mir am Flughafen gegeben hast. Ich wollte den Zettel mit den Lyrics dazulegen, damit ich was habe was ich lesen kann, wenn ich dich vermisse"

Ich beiße mir auf die Unterlippe. Eigentlich wollte ich verdrängen, dass wir uns bald voneinander verabschieden müssen. Zum zweiten Mal.

„Hey, komm her", sagt Damiano mit ausgebreiteten Armen. Sein Gesichtsausdruck hat sich von amüsiert zu resigniert geändert. Ich überbrücke den Abstand zwischen uns und umarme Damiano. Er schließt seine Arme fest um mich. Sein Kinn legt er auf meinem Kopf ab und mit seiner Hand streichelt er beruhigend über meinen Rücken. Ich atme tief ein. Sein Parfüm kitzelt mir in der Nase, aber ich liebe den Duft, daher habe ich keinen Grund mich zu beschweren.

Wir sagen nichts, bis sich Damiano wieder von mir löst. Ich beobachte, wie er sein Notizbuch herausholt und einige Seiten umblättert. Als er die gesuchte Seite gefunden hat, reißt er das Blatt heraus.

„Hier, du kannst es haben", sagt er und reicht mir den Zettel.

Ich starre etwas ungläubig auf das Papier in meiner Hand. Seine gerade Handschrift blitzt zwischen meinen Fingern hervor. „Danke"

Wir lächeln uns an, obwohl wir beide daran denken müssen, dass wir bald nichtmehr zusammen sein werden. Zumindest räumlich.

„Oh, aber kannst du mir davon ein Foto schicken? Ich will nicht die Lyrics vergessen", sagt Damiano etwas kleinlaut.

Morirò da ReginaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt