23. Ein gutes Durcheinander

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„Damiano, ich wollte noch mit dir reden", sage ich.

Er ist einen Schritt zurückgetreten, seitdem wir nicht mehr zu fünft sind, um mehr Abstand zwischen uns zu bringen. Doch zu meiner Erleichterung wimmelt er mich nicht sofort ab und fragt: „Worüber denn?"

„Naja, seit wir feiern waren ist es zwischen uns so komisch"

Damianos Augen wandern über den Platz um uns herum, aber er schaut nicht zu mir. „Ich weiß nicht, was du meinst"

„Wirklich? Du kannst mich ja nicht mal jetzt direkt ansehen", schnaube ich frustriert. Sein Blick senkt sich zu Boden. Während er überlegt beißt er sich auf die Lippe. Wenn ich etwas wütend auf ihn wäre, fände ich das attraktiv. Aber ich merke, wie mein Ärger über Damiano immer mehr steigt.

Auf einmal schaut mich Damiano direkt an. Seine braunen Augen fangen meinen Blick direkt auf. Mein Herz überschlägt sich beinahe. Ich hatte nicht bemerkt, wie sehr mir Damianos Aufmerksamkeit gefehlt hat. Aber statt diesem stillen Beweis, dass er mich sehr wohl ansehen kann, antwortet er nicht.

„Seit dem du von Vic's und meinem Kuss weißt gehst du mir ständig aus dem Weg. Ich habe das Gefühl, du willst keine einzige Sekunde mit mir allein sein. Und zuerst habe ich gedacht, dass liegt daran, das du denkst ich hätte Vic verletzt, aber sie hat mir versichert, dass alles gut ist" Ich mache eine Pause in meinem Wortschwall. Damiano zeigt keine Regung. Ich verfluche seine Sturheit.

„Ich weiß einfach nicht, was du denkst. Und ich halte dieses Anschweigen nicht aus, kannst du mir bitte sagen was los ist?", frage ich. Mittlerweile zittert meine Stimme. Meine Verzweiflung müsste für Damiano mittlerweile gut zu erkennen sein.

Ich versuche, Damianos Blick zu deuten, doch ich weiß nicht, ob ich darin ebenfalls Ärger erkennen kann. Ärger über mich oder über ihn selbst?

„Es ist nichts", sagt er. Damit dreht er sich um und läuft durch den Regen davon.

Ich bleibe verdattert stehen. Es ist nichts?!

„Und ob da was ist!", rufe ich Damiano hinterher. Er bleibt nicht stehen und dreht sich auch nicht um. Ich kann es nicht fassen.

Schnell laufe ich ihm hinterher. Bis ich ihn erreicht habe sind meine Haare klatschnass und kleben in meinem Gesicht. Ich greife nach seinem Arm damit er stehen bleibt und sich zu mir umdreht.

„Du kannst nicht ständig vor allem weglaufen!", sage ich etwas lauter als beabsichtigt.

Damiano schaut mich wieder an. „Aber das ist so viel einfacher"

„Einfacher als was?"

Er macht eine allumfassende Geste. „Alles! Ich weiß doch auch nicht, was los ist! Ich war so wütend als ich von dem Kuss erfahren habe, obwohl ich dazu kein Recht hatte. Du bist mir zu nichts verpflichtet und kannst küssen wen du willst, deswegen habe ich nicht verstanden, warum ich so reagiert habe"

Froh darüber, dass Damiano endlich mit mir spricht, lasse ich ihn einfach weiterreden. Ich bemerke, dass ich noch seinen Arm festhalte. Ich lasse nicht los.

„Du bringst mich schon immer durcheinander. Ich weiß nie, was ich in deiner Gegenwart fühlen soll. Es ist als könntest du mit meinem Herzen machen, was du willst"

Ich halte inne. Ich muss daran denken, was er vorhin gesagt hat. „Habe ich dir wirklich dein Herz gebrochen?"

Damianos Gesicht wird weicher. „Nein", antwortet er, „hast du nicht. Es tut mir leid, dass ich das gesagt habe. Ich weiß nicht, warum ich das überhaupt gesagt habe. Wahrscheinlich habe ich den Ärger, den ich über mich selbst hatte auf dich projiziert. Ich wollte mir nicht eingestehen, dass ich - "

Er beendet den Satz nicht, aber ich kann mir denken, in welche Richtung er gehen würde. Ich sage leise: „Ich glaube, über solche Gefühle soll man sich im Normalfall nicht ärgern"

Ein sanftes Lächeln breitet sich in Damianos Gesicht aus. „Und was sagen deine Gefühle, Ciccina?"

Bei seiner Frage muss ich automatisch an alle noch so kleinen Momente zwischen mir und Damiano denken. Wie wir uns berühren, miteinander reden und füreinander da sind. Ich realisiere, dass ich mich dabei immer danach gesehnt habe, dass meine Gefühle für Damiano erwidert werden. Ich habe mich in ihn verliebt.

„Du bringst meine Gefühle genauso durcheinander. Aber es ist ein gutes Durcheinander, ich mag es, wenn du das machst", antworte ich schließlich.

Damianos Lächeln wird noch größer. Er streicht mit seiner Hand die Haarsträhnen auf meiner Stirn zurück und klemmt sie hinters Ohr. Seine Hand ist angenehm warm im Vergleich zum kalten Regen. Dann liegt meine Wange in seiner Hand.

Ich sehe erneut, wie sein Blick von meinen Augen zu meinen Lippen gleitet und diesmal bin ich mir sicher, dass ich es mir nicht einbilde. Unwillkürlich spiegle ich seine Geste. Seine Lippen sind nicht weit von meinen entfernt. Ich müsste mich nur nach vorne lehnen...

Eine kribbelnde Spannung breitet sich in mir aus. Meine beiden Hände liegen nun um Damianos Armen. Dann überbrücke ich die Entfernung zwischen uns und ich lehne mich nach vorne. Auch Damiano beugt sich zu mir.

Doch bevor sich unsere Lippen treffen werden wir angerempelt und stoßen folglich auseinander. Vic, Thomas und Ethan springen grinsend um uns herum. Sie klopfen uns wohlwollend auf die Schultern.

„Endlich!", jubelt Ethan.

„Ich wusste doch, dass ihr euch wieder vertragen würdet!", kommt es von Vic. Sie zwinkert mir zu und ich kann förmlich hören, wie sie sagt, dass sie außerdem gewusst habe, dass doch etwas zwischen mir und Damiano läuft. Ich muss ein Augenrollen unterdrücken.

Thomas sagt: „Wenn das nicht bald passiert wäre, hätte ich euch so lange zusammengesperrt, bis ihr euch wieder eingekriegt hättet. Diese eisige Stimmung war ja nicht auszuhalten!"

Ich lasse mich von ihrem Grinsen anstecken. Trotzdem bin ich etwas enttäuscht, dass die Spannung in mir unbeantwortet wieder versinkt.

„Habt ihr etwa im Regen darauf gewartet, dass wir uns aussprechen?", fragt Damiano überrascht.

„So in etwa", antwortet Ethan.

Ich kann über die drei nur den Kopf schütteln. „Ich hab mir ja verrückte Freunde angelacht"

„Wir sind die besten Freunde", bemerkt Vic stolz.

„Und trotzdem sind wir nicht wasserfest. Wie wär's wenn wir jetzt endlich nachhause gehen?", fragt Thomas.

Wir stimmen alle zu, froh über die Aussicht, dem Regen zu entkommen. Vic und Thomas hacken sich bei mir unter und marschieren vorweg, doch im Vorbeigehen werfe ich Damiano einen verstohlenen Blick zu. Ich kann sein Gesicht noch immer nicht genau deuten, doch ich bemerke definitiv, dass er auch enttäuscht ist, dass unser Moment unterbrochen wurde.

Hoffentlich können wir das bald nachholen, denke ich mit einem rosigen Schimmer auf den Wangen.

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Ich weiß, dass der Cut beim letzten Kapitel sehr gemein war, ich hoffe mit diesem Kapitel könnt ihr mir vergeben! Noch etwas mehr Drama und Maya und Damiano haben sich endlich ausgesprochen, das ist doch was!

Lasst mich wie immer wissen, was ihr denkt :)

Morirò da ReginaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt