Vic und ich wünschen den anderen viel Spaß und schlendern dann zu einer freien Sitzbank. Von dort aus haben wir eine schöne Aussicht auf das Wasser vor uns. Wir beobachten die vorbeigehenden Passanten, während ich überlege, wie ich Vic auf ihr Verhalten ansprechen kann.
Plötzlich wendet sie sich zu mir und fragt: „Also, du und Damiano, seid ihr wieder zusammen?"
Ich blinzle sie überrascht an. Die Frage kam sowas von aus dem nichts.
„Jetzt schau nicht so, ich hab doch gesehen, dass ihr beide die Hälfte des Tages quasi Händchen gehalten habt. Außerdem habt ihr wieder nur Augen füreinander, wie" – Sie beendet den Satz nicht. Trotzdem weiß ich, was sie sagen will. Wie damals in Rom.
Vic hat mir dabei geholfen zu realisieren, dass ich Gefühle für Damiano habe. Und auch, dass er diese Gefühle erwidert.
Ich muss an unser Gespräch zurückdenken, nach der Nacht, die wir im Club gefeiert haben. Und nachdem Vic und ich uns geküsst hatten.
Oh gott, ich bin so dumm.
Auch wenn sie gesagt hat, das zwischen uns alles in Ordnung ist und sie verstanden hat, dass ich sie nicht auf diese Weise mag, muss es doch schwer gewesen sein zu sehen, wie ich nur an Damiano gedacht habe. Seitdem habe ich nicht mehr an Vic gedacht, sondern nur noch an Damiano und mich.
„Ich denke schon? Damiano und ich haben gestern Abend erst miteinander gesprochen und das dabei jetzt nicht genau definiert", sage ich zögernd.
Vic nickt und scheint kurz nachzudenken, bevor sie sagt: „Das freut mich, dass ihr euch ausgesprochen habt"
„Wirklich?", platze ich heraus. „Ich meine, ist das wirklich, wie du darüber denkst? Du warst so seltsam mir gegenüber seitdem wir hier wieder aufeinandergetroffen sind. Und natürlich ist das, weil wir uns schon so ewig lange nicht mehr gesehen haben, aber ich dachte, ich habe irgendwie etwas falsch gemacht"
„Ich meine, ja, ich freue mich wirklich für Damiano und dich. Ich denke immer noch, dass ihr beiden perfekt zueinander passt", sagt sie.
Dann wandert Vic's Blick von mir zum Wasser. Während sie in die Ferne starrt, beginnt sie, an den Ringen ihrer linken Hand zu spielen.
„Aber?", frage ich, weil ich genau weiß, dass ihr noch etwas durch den Kopf geht.
Vic seufzt. „Aber ich wollte nicht, dass Damiano verletzt wird. Als wir erfahren haben, dass wir beim ESC wieder auf dich treffen werden, habe ich mir Sorgen gemacht, wie er darauf reagieren wird. Er hat dich wirklich vermisst und sehr darunter gelitten, dass wir alle den Kontakt verloren haben. Ich glaube, er hat sich immer noch nicht eingestanden, wieviel du ihm bedeutest. Ich wollte einfach nicht, dass er nochmal verletzt wird, wenn du wieder in sein Leben trittst. Es hätte ja sein können, dass alles ganz anders wäre und wir nicht dazu zurückkehren könnten, wie es in Rom war."
Ich lasse ihre Worte auf mich wirken. Die Freundschaft zwischen Vic und Damiano habe ich schon immer bewundert. Sie sind sich so nahe und passen immer aufeinander auf.
Vic fügt hinzu: „Außerdem weiß ich, wie es ist, dadurch verletzt zu werden, dass du Gefühle nicht erwiderst"
Ich verziehe mein Gesicht. Auch wenn ich nicht wirklich etwas dafür kann, habe ich damals ihre Gefühle mehr verletzt, als ich realisiert habe. „Dafür gibt es wirklich nichts, womit ich mich entschuldigen könnte"
Vic winkt ab bevor sie fortfährt: „Das sollte nicht so nachtragend klingen. Ich bin deswegen nicht böse auf dich, du hast dich eben für Damiano entschieden. Wenn ich ehrlich bin, war das am Anfang etwas hart für mich, euch beide so zu sehen. Aber dann bist du nach Hause gegangen und wir haben dich alle vermisst. Ich habe den Abstand gebraucht, um wirklich nur noch Freundschaft für dich zu empfinden"
„Aber es tut mir wirklich leid. Ich habe nicht realisiert, wie das für dich gewesen sein muss. Ich hätte mehr auf deine Gefühle achten sollen", sage ich ernst.
„Das hättest du ja nicht wissen können. Ich habe dir damals gesagt, dass alles in Ordnung ist. Und das ist es auch, nur hat es etwas länger gedauert als ich gedacht hätte"
„Versprichst du mir, dass alles in Ordnung zwischen uns ist?", frage ich, „Ich will nicht wieder Jahre nachdem wir uns das letzte Mal gesehen haben mit dir in einer fremden Stadt auf einer Bank sitzen um erst dann zu erfahren, was eigentlich los ist"
Darüber muss sie lachen. „Nur wenn du versprichst, nicht wieder einfach zu verschwinden, wodurch unser Kontakt abbrechen wird"
Ich steige in ihr Lachen mir ein. Wie sehr ich Vic vermisst habe.
„Versprochen", sage ich und strecke meine Arme für eine Umarmung aus.
„Versprochen", sagt auch Vic und lehnt sich in die Umarmung. Ihre Hand streicht behutsam über meinen Rücken. Ich drücke sie fester an mich. Es ist eine dieser Umarmungen, die ewig anhalten könnten und in denen man sich so geborgen fühlt. Ich bin froh, Vic als meine Freundin wiederzuhaben.
Wir lösen uns voneinander und ich sage zu ihr: „Ich habe dich wirklich vermisst. Ich bin froh, dass wir uns ausgesprochen haben"
„Ich auch. Es tat gut, dass alles loszuwerden"
„Ich hoffe Damiano weiß, was für eine großartige Freundin er in dir hat", sage ich mit einem Lächeln.
Vic stupst meine Schulter leicht mit ihrer an. „Und du hast diese großartige Freundin jetzt auch wieder"
„Das sollte eigentlich gefeiert werden, oder? Wie wäre es, wenn wir mal wieder einen unserer Mädels-Abende machen?", frage ich sie.
„Das ist eine tolle Idee! Du kannst heute Abend zu mir kommen, ich habe ein paar Masken mitgenommen und wir können uns einen entspannten Abend machen. Jana kannst du auch gerne mitbringen", antwortet Vic begeistert.
Daraufhin fallen Vic und ich wieder in unser altes Miteinander. Die Anspannung zwischen uns hat sich gelöst. Es ist seltsam, von all den Gefühlen von Vic zu erfahren, von denen ich keine Ahnung hatte. Aber ich bin sehr froh darüber, dass wir wieder Freundinnen sein können. Wir quatschen über alles möglich und versuchen, so viel wie möglich davon nachzuholen, was wir voneinander verpasst haben. Vic zeigt mir gerade niedliche Bilder von ihrem Hund Chili, als ich die anderen entdecke, wie sie über die breite Fußgängerzone auf uns zu laufen.
Damiano winkt uns lächelnd zu und Ethan und Jana scheinen in ein angeregtes Gespräch vertieft zu sein. Thomas läuft etwas hinter ihnen, weil er nebenbei noch Bilder vom Wasser macht. Bevor sie jedoch ganz bei uns sind, stolpert ein kleines Mädchen direkt vor ihren Füßen und liegt ihnen im Weg.
Ich beobachte gebannt, wie Damiano ihr aufhilft. Sie hat sich ihr Knie aufgeschlagen und weint. Um auf ihrer Höhe zu sein kniet Damiano sich hin. Ich bin zu weit weg, um zu hören was er sagt, aber er scheint beruhigend auf sie einzureden, denn einige Momente später hört sie auf zu weinen. Die anderen Drei stehen um Damiano und das kleine Mädchen herum und suchen nach ihren Eltern. Damiano muss etwas Lustiges gesagt haben, denn auf dem Gesicht des Mädchens breitet sich ein Lachen aus. Schon ist ihre Verletzung vergessen.
Ein Mann, der anscheinend ihr Vater ist, kommt zu ihnen geeilt und nimmt das Mädchen auf seinen Arm. Er bedankt sich bei den anderen und geht dann, das Mädchen auf seinen Arm wippend, davon. Sie schaut über seine Schulter zu Damiano und winkt ihm sogar zu. Damiano winkt zurück.
Ich glaube, ich könnte alles attraktiv finden, was Damiano tut. Aber die Art und Weise wie er mit dem kleinen Mädchen umgegangen ist, lässt mein Bauchgefühl aufgeregt kribbeln.
„Na, da ist aber jemand hin und weg", sagt Vic neckend. Sie beobachtet mich von der Seite. Wahrscheinlich, weil ich ein sehr verträumtes Lächeln auf den Lippen habe.
„Ja", sage ich nur. Ich beobachte die anderen weiterhin, wie sie zu uns laufen. Meine Augen finden die von Damiano und ich lächle ihm zu. Er lächelt zurück.
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Ich habe noch eine Kleinigkeit im letzten Kapitel geändert, mit der ich nicht so ganz zufrieden war. Aber hier ist erstmal das heutige Kapitel! Ich hoffe, es gefällt euch :)
Ich habe jetzt Semesterferien und dachte, dass ich es vielleicht hinkriege, mal eher am Tag zu updaten. In Anbetracht der jetztigen Uhrzeit ist dem ja aber anscheindend nicht so. Also wird es bei den nächtlichen Updates bleiben xD
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Morirò da Regina
FanfictionMaya macht ein Auslandssemester in Rom, Italien. So weit weg von zuhause will sie sich endlich selbst entdecken. Neues ausprobieren, neue Leute kennenlernen und ganz viel ungewohntes tun gehören da dazu. Als sie auf die Band Måneskin trifft scheint...