Am nächsten Morgen werde ich von Damiano geweckt. Er streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr und sagt sanft: „Guten Morgen"
Ich grummle nur und kuschle mich enger an ihn, um das Aufstehen noch etwas zu verzögern. Ich hätte noch viel länger schlafen können.
Nachdem heute Nacht die letzten Gäste gegangen sind, sind Vic und ich in der WG geblieben, um hier zu übernachten. Damiano hat mich wie selbstverständlich in sein Zimmer geführt. Wir haben wieder gemeinsam in seinem Bett geschlafen, nur diesmal lagen wir in den Armen des jeweils anderen. Weiter ist nichts passiert. Und für diesen Moment reicht mir das auch. Ich bin glücklich darüber, einfach in Damianos Nähe zu sein.
Jetzt hat er seinen Arm um mich gelegt und ich habe mein Bein um seins gehackt. Damiano fährt immer noch mit seiner Hand über mein Haar. Als ich meine Augen wieder schließe rüttelt er leicht an meiner Schulter. „Hey, nicht wieder einschlafen"
„Warum denn nicht?", frage ich mit einem Gähnen.
Ich kann Damianos Gesicht nicht sehen, weil mein Kopf auf seiner Schulter ruht, aber als er antwortet kann ich in seiner Stimme förmlich das Lächeln hören. „Weil wir bald aufstehen müssen. Erinnerst du dich, wie du und Vic versprochen habt, mit beim Aufräumen zu helfen?"
„Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich gestern zu betrunken war, um ein richtiges Versprechen abzulegen"
„Das hast du gesagt, als die Bowle noch nicht mal fertig war", erwidert Damiano. Er hat Recht, aber das heißt noch lange nicht, dass ich jetzt aufstehen werde.
„Noch zehn Minuten? Die anderen sind bestimmt noch nicht mal wach", sage ich nach einer kurzen Pause.
„Na gut", sagt Damiano, „Es ist ja nicht so, als würde ich unbedingt aus dem Bett wollen"
Ich muss schmunzeln. Ich bin unglaublich glücklich darüber, dass ich hier neben Damiano liege. Wenn ich an unseren Kuss gestern denke, spüre ich sofort wieder Schmetterlinge im Bauch. Und als ich jetzt Damiano lausche, wie er glücklich ein Lied summt, nehme ich an, ihm geht es ähnlich.
Ich strecke meine Hand aus, um die Tattoos auf Damianos nacktem Oberkörper nachzufahren. Als mein Finger seine warme Haut berührt, zuckt er leicht zusammen.
„Oh, Entschuldigung, ich hätte vorher fragen sollen", sage ich verlegen.
„Das ist schon in Ordnung", sagt Damiano und legt meine Hand wieder auf die Stelle, die sie eben noch berührt hat, „Deine Finger sind nur kalt"
Darüber muss ich lachen. Ich nehme erneut meinen Pfad auf und umfahre den Körper der Schlange. Damiano beginnt wieder zu summen.
„Was ist das für ein Lied?", frage ich.
„Oh, nur so eine Melodie"
„Für ein neues Lied? Das klingt schön", sage ich. Mein Finger ist mittlerweile bei den Blättern des Apfels angelangt.
„Ja, ich denke, das könnte ein Lied werden", antwortet Damiano.
Dann schrecken wir beide zusammen als plötzlich mein Handy klingelt. Ich taste danach und schaue aufs Display. Meine Schwester ruft per Videochat an.
„Oh verdammt, Jana ist bestimmt sauer, weil ich vergessen habe, ihr einen guten Rutsch zu wünschen", sage ich zu Damiano und gehe ran. Ich liege richtig, denn Jana fängt sofort an zu reden.
„Na wen haben wir denn da? Dass du nicht sofort anrufst, um mir ein frohes neues Jahr zu wünschen, kann ich ja verstehen. Ich meine, ich war ja auch unterwegs - Aber nicht mal eine Nachricht! Nicht mal eine einzige Nachricht sehe ich heute Morgen von dir!"
Ich will gerade zu einer Entschuldigung ansetzten, weil ich weiß, dass das der eigentliche Grund ist, warum sie sich so darüber aufregt, als Jana mich unterbricht: „Ist das Damiano?"
Ruckartig fahre ich hoch. Ich habe gar nicht bemerkt, wie ich mich wieder an seinen Arm gelehnt habe und er wahrscheinlich halb zusehen war. „Nein", sage ich und stehe schnell auf. Ich weiß nicht wirklich warum, aber mit dem Gedanken, dass mich Jana darüber ausquetschen wird, ob Damiano und ich zusammengekommen sind, will ich mich eigentlich noch nicht beschäftigen. Ich werfe ihm einen Blick zu. Damiano schaut mich nur etwas fragend an, weil er von unserer Unterhaltung nichts versteht.
„Das ist doch nicht dein Zimmer", stellt Jana fest, als sie die Bandposter hinter mir an der Wand entdeckt. Ich gebe den Versuch auf, meine Umgebung verstecken zu wollen.
Ich seufze und antworte: „Ja, ich habe nach unserer Silvester-Party in der WG übernachtet"
„Bei Damiano?", fragt sie sofort mit einem Grinsen. Dann ruft sie auf Englisch: „Hi, Damiano, wie geht's?"
Mein warnender Blick kommt zu spät. Damiano ruft schon zurück: „Gut, danke, dir hoffentlich auch"
Wieder auf Deutsch sagt Jana zu mir: „Wusste ich es doch, dass er das war! Warte, wenn du mit ihm in einem Bett geschlafen hast, hast du dann mit ihm geschlafen oder hast du mit ihm geschlafen geschlafen?" Sie hebt vielsagend ihre Augenbrauen.
„Jana!", rufe ich. Sie sagt einfach immer direkt das, was ihr in den Kopf kommt. In dem Moment bin ich bin sehr froh darüber, dass Damiano kein Deutsch versteht.
„Beantworte die Frage, sowas will ich wissen!"
Ich verdrehe die Augen bevor ich ihr dann doch antworte: „Nein, es ist nichts passiert! Wir haben uns gestern gerade mal zum ersten Mal geküsst"
„Wusste ich doch, dass zwischen euch was läuft!", sagt sie begeistert, „Und so heiß wie er ist wird da bestimmt bald" -
„Okay, genug jetzt. Ich wünsche dir noch nachträglich einen guten Rutsch ins neue Jahr, zufrieden?", sage ich genervt.
„Jaja, dir auch ein schönes neues Jahr. Soll ich dir übrigens von Mama und Papa auch ausrichten. Wie sagt man das eigentlich auf Italienisch?"
„Mama und Papa?", frage ich verwundert.
„Nein, frohes neues Jahr natürlich", antwortet sie mit einem Augenrollen. Ich sage es ihr.
Damiano, der sich mittlerweile ein T-Shirt übergestreift hat, tritt neben mich ins Bild und winkt Jana zu. Sie wiederholt die Phrase, die ich ihr gerade gesagt habe, mit einem schrecklichen Akzent. Damiano grinst darüber und gibt den Glückwunsch auf Italienisch zurück.
Wir unterhalten uns noch kurz über unsere Silvesterabende, dann lege ich auf und Damiano und ich gesellen uns zu den anderen. Das gemeinsame Aufräumen verläuft schneller, als ich gedacht hätte. Ehe ich es mir versehe, laufe ich schon mit Vic wieder nachhause.
Und so vergehen die nächsten paar Tage - einfach schneller, als es mir recht ist. Ich fühle mich so glücklich, wie schon lange nicht mehr. Ich kann von den langen Blicken und den kleinen, ständigen Berührungen zwischen mir und Damiano kaum genug kriegen.
Wir haben nicht darüber geredet, was das jetzt für uns bedeutet, aber mir ist auch egal, ob wir uns offiziell als Paar bezeichnen oder nicht. Ethan, Thomas und Vic grinsen uns immer an, wenn sie bemerken, wie nah wir einander sind. Es dauert auch nicht lange, dann beginnen sie, uns dafür zu necken.
Aber selbst ihre Bemerkungen holen mich nicht von meiner Wolke des Glücks herunter. Ich habe kurz Bedenken gehabt, wie Vic darauf reagieren würde, nachdem was zwischen uns vorgefallen ist. Aber ich habe mir zu Unrecht Gedanken gemacht, sie ist mit am glücklichsten darüber, dass Damiano und ich zueinander gefunden haben.
Aber ich bin definitiv am glücklichsten darüber, mir endlich meine Gefühle eingestanden zu haben. Und darüber, dass sie von Damiano erwidert werden.
--------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------
Ahh, ich bin super happy mit diesem Kapitel! Was denkt ihr? Lasst es mich wissen! :)
DU LIEST GERADE
Morirò da Regina
FanfictionMaya macht ein Auslandssemester in Rom, Italien. So weit weg von zuhause will sie sich endlich selbst entdecken. Neues ausprobieren, neue Leute kennenlernen und ganz viel ungewohntes tun gehören da dazu. Als sie auf die Band Måneskin trifft scheint...