Kapitel 25

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Schneeflocken, entsprungen aus einem Bilderbuch, rieselten vom silbergrauen Himmel. Sie bedeckten die meterhohen Tannen und weiten Wiesen rund um Hogwarts mit einer immer höher werdenden Schicht aus dickem Schnee. Auf den Wegen, die noch nicht von Hagrid frei geschaufelt waren, versank man knietief im Schneegestöber, weshalb Hermine und Ginny umso länger bis Hogsmeade, dem kleinen Dorf unterhalb der Schule, brauchten.

Es herrschte bereits reges Treiben zwischen den Straßen und Gassen. Vereinzelt sang der Chor Weihnachtslieder an Häuserecken und verzauberte mit seinen hellen Stimmen die Dorfbewohner, die lächelnd verträumt vor den Schülern stehen blieben und den Klängen lauschten. Die Weihnachtsstimmung konnte nun nichts mehr betrüben, versuchte sich Hermine einzureden. Doch immerwieder schwirrten ihre Gedanken um Draco und den Liebestrank, wie Fliegen in ihrem Kopf.

Als die Freundinnen das Drei Besen betraten, kamen ihnen aufgeregte Stimmen und lautes Gelächter entgegen. Gläserklirren war zu hören sowie auch weihnachtliche Töne von einer kleinen Musikkapelle in der hinteren Ecke des Gasthauses. Madam Rosmerta eilte flink zwischen den Tischen hin und her, damit jeder Gast so schnell wie möglich seine Getränke und sein Essen bekam. Ginny hielt Ausschau nach Ron und Harry und fand die beiden kurzerhand auf ihrem Stammplatz am Fenster. Entschlossen nahm die Weasley ihre Freundin an die Hand und zog sie zu dem großen, runden Eichentisch.

Madam Rosmerta stellte zeitgleich vier Butterbiere zwischen die Zauberer. Während Harry seine Freunde herzlich begrüßte, Wangen und Nase gerötet von der Kälte, starrte Ron stur aus dem Fenster und beobachtete das wilde Treiben vor dem Gasthaus. "Zum Wohl."sagten Harry, Ginny und Hermine gleichzeitig und stießen an. Die braunhaarige Gryffindor ließ das süßbittere Aroma mit der leichten Ingwer-Note auf ihrer Zunge zergehen. Es gab nichts besseres als ein gutes Butterbier im Drei Besen mit den besten Freunden, um sich weihnachtlich zu stimmen.

Die Wärme die sie im Gasthaus umfing, wurde jedoch von Ron's Kälte, die er ausstrahlte, vertrieben. Niedergeschlagen sah sie ihn von der Seite an, doch der rothaarige Gryffindor würdigte sie keines Blickes. Harry und Ginny verfielen in ein angeregtes Gespräch und beachteten die beiden garnicht mehr. Hermine sah dies als Gelegenheit, sich endlich mit ihrem Freund auszusprechen.

"Ron? Können wir reden?"fragte sie leise und umfasste sanft seinen Arm. Langsam wandte er seinen Blick vom Fenster ab und sah sie schließlich mit trüben, blauen Augen an. Hermine erwischte sich dabei, wie sie einen Vergleich zwischen seinen Augen und Draco's anstellte, wobei ihr die Augen des Eisprinzen besser gefielen. Sie waren so tief und unergründlich. Die Gryffindor versuchte die richtigen Worte zu finden und starrte nachdenklich in die gelbe Flüssigkeit, die in ihrem Bierglas schwamm.

"Lass mich raten, du weißt nicht wie du anfangen sollst?"nahm Ron ihr die Entscheidung ab. Hermine nickte seufzend mit dem Kopf. Der rothaarige Weasley kannte sie einfach zu gut. "Wie wäre es, wenn du mir mal erklärst, was du an diesem blasierten Frettchen so anziehend findest?" Die Brünette hatte sofort eine spitze Bemerkung auf der Zunge, doch schluckte sie mühevoll herunter. "Es ist seine Art, die ich mag. Er ist so aufrichtig zu mir und gibt mir das Gefühl einfach alles für ihn zu sein. Das macht mich wahrscheinlich so glücklich. Wenn ich ihn ansehe, bekomme ich Schmetterlinge im Bauch und mein Herz macht tausend Luftsprünge vor Freude." Beinahe verlor sie sich in ihren Gedanken. Sie bemerkte, wie Ron angeekelt den Blick senkte.

"Warst du noch nie verliebt?"

"Natürlich! Nur empfinde ich dabei nicht das gleiche Gefühl wie du. Wenn ich an die Frau denke, die ich liebe, fühle ich mich leer, verloren und einsam. Weißt du wieso Hermine?"

"Nein..."

"Weil sie nur Augen für einen Mann hat, dem ich nicht ansatzweise gewachsen bin, der in allem was er tut vollkommen perfekt ist."

Ron fixierte seinen Blick auf ein Bild an der Wand, welches zahlreiche Zauberer beim Butterbier trinken zeigte, nur um Hermine's Gesicht nicht ansehen zu müssen. Diese starrte weiterhin auf ihre Hände. Es entstand eine unangenehme Stille, die die 16-jährige Junghexe beinahe erdrückte. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Ginny's und Harry's Gelächter drang nur aus weiter Ferne an ihr Ohr.

Die Gryffindor wusste genau, wer dieser vollkommen perfekte Mann war: Draco Malfoy. Somit war Hermine diejenige, für die Ron Gefühle hegte. Sie wusste selbst, dass sie diese Gefühle nicht erwiedern würde, denn ihr Herz hatte sie bereits verloren. Ron schien dies ebenfalls zu wissen, weshalb er nur schweigend an seinem Butterbier nippte und weiterhin das Treiben außerhalb des Drei Besen beobachtete.

Ihre Freundschaft würde mit diesem Hintergrundwissen nichtmehr die Selbe sein, dachte die Junghexe betrübt. Angst packte sie, denn sie wollte Ron nicht verlieren, dafür mochte sie ihn zu gern. "Ich muss los." Seine Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Er packte seinen roten Schal und bahnte sich einen Weg zwischen den Tischen hindurch. Auf Ginny's fragenden Blick antwortete er nur: "In 4 Tagen ist der Weihnachtsball, ich muss mir noch eine Begleitung suchen."

Damit war auch Hermine's Frage nach dem Ball-Date geklärt. Traurig ließ sie die Schultern hängen und fuhr sich mit den Fingern durch die lockigen Haare. Warum mussten Liebe und Freundschaft so verzwickt sein?

Nachdem auch Harry sich auf den Rückweg zur Schule gemacht hatte, gingen Hermine und Ginny noch gemeinsam zur Poststation, die ungefähr zwei Straßen vom Gasthaus entfernt war. Madame Danes, die Schneiderin aus London, hatte den beiden Schülerinnen ein Paket zukommen lassen, nachdem sie Hermine kontaktierte und ihr berichtete, dass sie aufgrund der hohen Anzahl an Aufträgen, es nicht bis zum Weihnachtsball schaffen würde, die ausgesuchten Kleider der Freundinnen abzunähen. Somit befanden sich in dem Pappkarton, der mit einer Schnur umwickelt war, zwei Ersatzkleider.

Ginny starrte skeptisch auf die Roben, als sie wieder in ihrem Schlafzimmer angekommen waren. "Ich denke nicht, dass diese Kleider ansatzweise an die aus Madame Dane's Schneiderei heranreichen." Hermine seufzte und nahm die Kleider aus dem Karton. "Schau sie dir doch erst einmal an." Die Weasley entschied sich nach langem Zögern für ein halbärmliges A-Linien-Kleid mit zartem Spitzenbesatz an Oberteil und Ärmeln. Die Taille war mit einem Satingürtel geschmückt, auf dessen Mitte ein silbriger Edelstein prangte.

Ihre anfängliche Skepsis verflog, als sich die rothaarige Gryffindor im Spiegel betrachtete. Das Kleid passte ihr wie angegossen. Hermine klatschte begeistert in die Hände. "Du siehst toll aus Ginny, sicherlich wird es Harry gefallen. Er wird vor Staunen den Mund nicht mehr schließen können." Freudestrahlend drehte sich die 16-jährige Weasley im Kreis, sodass der Rock des Kleides im Wind flatterte.

Hermine's Robe bestand aus weinrotem Chiffon mit Flügelärmeln und einem gerafften Oberteil. Leicht lächelnd sah sie sich im Standspiegel an. "Wie schön."murmelte Ginny und strich über den weichen Stoff. Die brünette Gryffindor, band sich ihre Locken zu einem Dutt und betrachtete schlussendlich den tiefen v-förmigen Rückenausschnitt, der ihrer schmalen Statur schmeichelte. "Draco wird es lieben."meinte Ginny, die es sich inzwischen wieder in bequemen Sachen, auf dem Bett gemütlich gemacht hatte.

'Ron hätte es sicher auch gefallen' dachte Hermine. Das schlechte Gewissen breitete sich in ihr aus, doch sie verscheuchte es hastig. Ganz sicher würde sich die 16-jährige die Freude auf den Weihnachtsball nicht von irgendwelchen Streiterein zerstören lassen.

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