Kapitel 20

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Hermine's Herz schlug ihr bis zum Hals. Und obwohl sie das Gefühl hatte, ihr lautes Atmen hallte im ganzen Schloss wieder, nahm Draco keine Notiz von ihr.

Stillschweigend saß er mit ausgestreckten Beinen auf dem Fensterbrett und starrte auf einen unsichtbaren Punkt, draußen in der wilden Landschaft, die sich großflächig um Hogwarts erstreckte und mit den vielen Tälern, Wäldern und unentdeckten Weiten an die Natur aus einem Bilderbuch erinnerte.

Der Eisprinz hatte einen unerklärlichen leblosen Blick in seinem Gesicht, der Hermine einen kleinen Stich versetzte. Sie konnte nur mit Mühe ein Seufzen unterdrücken.

Vorsichtig drehte sie sich auf ihrem Absatz um und wollte gerade auf leisen Sohlen davon schleichen, als sie mit ihrer Hand einen Fackelständer an der Wand streifte und dieser sofort ein ohrenbetäubendes, lautes Klirren von sich gab, was tausendfach im Schloss widerhallte.

Erschrocken presste sich die Junghexe die Hand vor den Mund, um nicht laut aufzuschreien.

Ihr ganzer Körper zitterte vor Schreck. Hoffentlich hatte Draco nichts bemerkt. Doch im gleichen Moment schlug sie sich imaginär gegen die Stirn. Dieses schrille Klirren hätte selbst eine taube Person gehört.

Schon hörte die Gryffindor schnelle Schritte aus dem Unterrichtsraum. Panisch blickte sie sich um, doch zum Weglaufen war es zu spät. Malfoy riss die Tür auf und starrte in ihr entgeistertes Gesicht.

Seine Züge entgleisten für den Bruchteil einer Sekunde, doch schon im nächsten Moment setzte er seinen typischen, arroganten Blick auf. "Was willst du?!"

Sein schroffer Ton ließ die 16-jährige zusammen zucken. Sein kühler Blick gab ihr den Rest dazu und ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken.

"Entschuldige...ich...ich wollte mir eigentlich nur aus der Küche einen Kräutertee holen." Hoffentlich bemerkte Draco nicht das heftige Zittern in ihrer Stimme.

Sein durchdringender Blick bohrte sich in ihre Augen und Hermine blickte verlegen zur Seite. Hier standen sie nun, eine Hexe und ein Zauberer, ohne einen Ton zu sagen. Die Stille drückte sich schwer auf die Gryffindor.

Plötzlich zog sich ein Lächeln über seine Lippen und er grinste amüsiert, was Hermine nur noch mehr verwirrte. Sie wurde aus diesem Typ einfach nicht schlau.

"Ich hab noch Kräutertee hier, wenn du willst geb ich dir gern eine Tasse ab." Einladend öffnete Draco die Tür nun ganz und machte eine charmante Verbeugung mit einer eleganten Handgeste, wie ein Butler.

Wie mechanisch wanderten Hermine's Füße in den beleuchteten Raum und sie mit ihnen. Was ihr dabei im Kopf schwirrte, konnte sie nicht sagen. Malfoy folgte ihr und die Junghexe spürte seinen Blick im Rücken. Ihr Atem ging hastig.

Sie starrte auf die gusseiserne Teekanne auf dem Fensterbrett und die dazu passende, einzelne Tasse. Dies schien ihr eine gute Gelegenheit seinem bohrenden Blick zu entfliehen. "Ich geh schnell noch eine Tasse aus der Küche holen." Sie drehte sich schon um und wollte loslaufen. Doch Draco packte sie sanft am Arm.

Ihre Haut knisterte, selbst unter dem dicken, roten Pullover. Hermine spürte wie sich jedes einzelne Haar auf ihrem Oberarm aufstellte und sich jede Pore weitete. Draco blickte sie mit strahlenden, grauen Augen an. "Brauchst du nicht, ich zauber einfach eine zweite." Gesagt getan, innerhalb von weniger als fünf Minuten stand eine identische zweite Tasse neben der Teekanne. Die Gryffindor biss sich auf die Unterlippe, damit war ihr Plan zunichte.

Draco deutete auf die gegenüberliegende Ecke des Fensters, während er sich auf seinen alten Sitzplatz fallen ließ.

Zögernd nahm die Brünette auf dem Fensterbrett Platz und spielte mit dem Saum ihres Pullovers. Wieder herrschte eine drückende Stille im Raum. Man schien die Staubkörner lachen zu hören. Nach einer gefühlten Ewigkeit setzte der Eisprinz zum Sprechen an.

"Möchtest du?" Er deutete auf die Teekanne. Die 16-jährige Junghexe brachte nur ein schwaches Nicken zustande.

"Wieso bist du nicht beim Unterricht?"rutschte es ihr heraus. Sofort biss sich die Hexe auf die Innenseite ihrer Wange. Die Aufregung übermannte sie beinahe. Einerseit fühlte sie sich unglaublich glücklich, hier mit Draco zu sitzen, andererseits hatte sie Panik vor dem was kommen mochte.

Der Slytherin hingegen schien die Ruhe in Person zu sein, seine Hände zitterten kein bisschen beim Einschänken des barbarisch stinkenden Tee's.

Sanfte Sonnenstrahlen der aufgehenden Sonne trafen ihn im Gesicht und versetzten seinen grauen Augen einen silbrigen Schimmer.

Hermine nahm einen Schluck von der heißen Flüssigkeit und hatte Mühe ein Würggeräusch zu unterdrücken. Sicherlich gab es viele leckere Kräuter, doch dieser Tee schmeckte schlimmer als Schneckenschleim. Angeekelt verzog sie das Gesicht.

"Ich fühlte mich heute nicht allzu gut, deshalb hab ich mich für den Unterricht abgemeldet, und du?" Seine ruhige Stimme verschaffte der Junghexe ein angenehmes Gefühl von Geborgenheit. Gleichzeitig jedoch wirkte sie seltsam distanziert und irgendwie auch traurig.

"Mir ging es auch nicht so gut."log die 16-jährige und fühlte sich sofort schuldig. Sie verabscheute Lügen. Wieder herrschte Stille. Das Knistern in den Wänden zeugte von Mäusekolonien, die sich zwischen den alten Steinen ein Zuhause aufgebaut hatten.

Hermine haderte mit sich. Zu gern wollte sie Draco davon überzeugen, dass jedes Wort in ihrem Brief an ihn gelogen war. Dass sie nicht nur ihn, sondern auch sich selbst belogen hatte. Doch sie wusste nicht, wie sie anfangen sollte.

"Draco, ich-"

"Mach dir keine Mühe. Du brauchst nichts zu erklären." Er schien zu wissen, was sie sagen wollte. Die tiefe Traurigkeit in seiner Stimme trieb ihr wieder Wasser in die Augen. Stechende Schmerzen breiteten sich in ihrer Brust aus und raubten ihr die Luft. Doch die Gryffindor gab nicht auf, sie war hartnäckig, das zählte zu ihren Stärken.

"Nein, lass es mich erklären. Dieser Brief war übereilt und hastig, ich hab nicht darüber nachgedacht was ich schreibe oder fühle."Hermine stockte und wartete seine Reaktion ab. Draco wandte den Blick nicht von ihr ab. Seine grauen Augen funkelten. Die Junghexe hatte das Gefühl in ihnen zu versinken.

"Ich weiß nicht was ich fühle."brachte sie nur schwermütig heraus. Mit eisernen Fingern umklammerte sie die Tasse in ihrer Hand und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. In ihrem Kopf bildete sich Nebel und sie bekam Schweißausbrüche. Hoffentlich wurde sie nicht wirklich krank, so kurz vor den UTZ Prüfungen.

"Dann lass es uns herausfinden." Ehe Hermine wusste, was der Eisprinz damit meinte, stellte er Tassen und Kanne auf den Schreibtisch neben das Fenster, rutschte an die Jungehexe heran und umfasste ihr Gesicht.

Sofort kribbelte es an ihrem ganzen Körper. Ihre Hände wanderten zu seinen und verflochten sich mit seinen langen, schmalen Fingern. Wie in Zeitlupe näherten sich ihre Gesichter. Braune Augen, wie tiefe Erde, trafen auf graue Augen, wie ein aufkommender Sturm. Atem prallte auf Atem und ihre Lippen vereinten sich.

Wieder schien in Hermine ein Feuerwerk zu explodieren und ihr Herz hüpfte wild auf und ab vor Freude. Sie schien zu fliegen. Wenn man dieses Gefühl Liebe nannte, wollte sie Draco nie wieder loslassen, selbst wenn es ihren Untergang bedeutete.

Lovepotion | DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt