Kapitel 26

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Hermine lag lang in ihrem Bett wach. Vom Ende des Zimmer drang Lavender's leises Schnarchen an ihr Ohr. Auch Ginny's flaches Atmen konnte sie vernehmen. Wenigstens konnten die Beiden beruhigt schlafen.

Die 16-jährige welzte sich von einer Seite auf die Andere, doch der Schlaf wollte sie einfach nicht überkommen. Der Wecker zeigte bereits 23 Uhr an, in weniger als 7 Stunden müsste sie schon wieder aufstehen und sich durch Wahrsagen und Alte Runen quälen. Sie liebte den Unterricht in Hogwarts, doch momentan schwirrten ihr einfach viel zu viele andere Gedanken wie lästige Fliegen im Kopf umher.

Ron sprach seit Tagen kein Wort mehr mit ihr und sie hatte das Gefühl, wenn sie offen mit Draco eine Beziehung eingehen würde, würde sie Ron auf immer verlieren. Bald stand der Weihnachtsball an und auch die UTZ Prüfungen ließen nichtmehr lang auf sich warten.

Das fahle Mondlicht, welches zwischen den grauen Nebelschwaden hervor lugte, verbreitete seinen milchigen Schein im Zimmer. In diesem Licht konnte sie das dunkelrote Ballkleid ausmachen, welches über ihrem Schreibtischstuhl hing und darauf wartete, endlich angezogen zu werden. Draco würde das Kleid liebe, ganz klar, doch Hermine zweifelte stark daran, ob er sie selbst auch ohne Liebestrank lieben könnte.

Die Junghexe wusste ihre Antwort auf die Frage: im Gegensatz zu ihr, könnte er für eine Mugglegeborene wie sie sicherlich keine Liebe aufbringen, selbst wenn Hermine ihm all ihre Zuneigung schenken würde. Je näher der Vollmond rückte, desto verzweifelter und ängstlicher wurde sie. Bald wäre die schöne Zeit vorbei, in der sie wahre Liebe empfand, für einen jungen Mann, von dem sie sich nie hätte träumen lassen je irgendetwas außer Hass aufbringen zu können. Wie sehr man sich doch in einigen Menschen täuschen konnte. Natürlich hatte Draco seine schlechten Seiten, aber hatte die nicht Jeder? Selbst die Gryffindor hatte ihre Fehler.

Ein leises Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. Misstrauisch spitzte sich die Ohren und richtete sich auf. War sie gerade im Sekundenschlaf gewesen und hatte sich das Geräusch nur eingebildet? Doch wenige Sekunden später vernahm sie ein weiteres, leises Klopfen, gegen Glas. Durch einen kleinen Spalt zwischen den Vorhängen, durch den Mondlicht fiel, konnte sie einen Schatten erkennen.

Sie bewaffnete sich mit einem Kerzenständer und ihrem Zauberstab und schlich auf Zehenspitzen, um Ginny und Lavender nicht zu wecken, auf das Fenster zu. Als sie das blonde Haar im Mondlicht schimmern sah, fiel ihr ein Stein vom Herzen. Draco schwebte auf seinem Besen vor ihrem Fenster und sein Lächeln brachte schneeweiße Zähne zum Vorschein.

Langsam öffnete Hermine den Hebel des Fensters und lauschte, ob das Schnarchen ihrer Freundinnen verstummte. Doch die schliefen weiter tief und fest wie Murmeltiere.

"Hatte ich doch Recht, dass du nicht schläfst."begrüßte der Slytherin die Junghexe. Hermine konnte ein kleines Lächeln nicht verbergen. "Was machst du hier? Es ist mitten in der Nacht! Du müsstest eigentlich auch schlafen."meinte Hermine mit ernster Stimme. Grinsend rollte Draco mit den Augen. "Du klingst ja schon wie meine Mutter. Hast du Lust auf einen kleinen Ausflug?" Die Gryffindor zog eine Augenbraue hoch. "Jetzt? Mitten in der Nacht und bei den Temperaturen?"

Der Schneefall hatte aufgehört, doch Hogwarts war weiterhin unter einer dicken, schweren Schneeschicht begraben und der eisige Wind, der Hermine ins Gesicht wehte, ließ sie frösteln. Draco schien die Kälte nichts auszumachen, da er einzig einen dunklen Mantel und einen karierten Schal trug. "Ich kenne eine Stelle unterhalb des See's im Tal, dort kann man am besten die Sterne und den Mond beobachten." Hermine war erstaunt, so etwas kitschiges aus dem Mund eines Malfoy's zu hören, dass sie sich ein Kichern verkneifen musste. Ihr gefiel die Vorstellung in seinen Armen eingekuschelt im Schnee zu sitzen und in den Nachthimmel zu schauen. Sein Duft nach frischem Gras und Minze stieg ihr in die Nase und sie atmete ihn tief ein.

"Ok, du hast mich überredet. Schlafen kann ich heute sowieso nichtmehr." Über ihren Pyjama zog sie eine Jeans, einen warmen Strickpullover und einen Anorak und stattete sich mit Stiefeln, Mütze, Schal und Handschuhen aus. Bei ihrem Anblick musste Draco leise lachen. "Ich wusste garnicht, dass wir eine Nordpolexpedition planen." Hermine ignorierte seinen Kommentar und kletterte vorsichtig vom Fensterbrett auf seinen Besen, der unter ihrem Gewicht leicht nach unten sank. Eilig griff sie um seine Hüfte und vergrub ihre Finger in dem weichen Stoff seines Mantels, der wunderbar frisch roch.

Draco wendete sacht den Besen und stieß sich für den Antrieb von der Außenmauer der Schule ab. Hermine hatte Mühe sich festzuhalten, da der schnelle Flug ihr den eisigen Wind ins Gesicht peitschte. Unter ihnen erblickte sie das Dorf Hogsmeade, wo sie einige Tage zuvor mit Ginny, Harry und Ron im Drei Besen war. Wieder überkam sie die Traurigkeit bei dem Gedanken an das Gespräch zwischen ihr und dem rothaarigen Gryffindor, doch sie schob das Gefühl hastig beiseite, bevor Draco ihre niedergeschlagene Miene bemerkte.

Dem Dorf folgte Hagrid's Hütte, der dunkle Wald, aus dem sie einige Rufe der Zentauren vernahm und schließlich der dunkle See, der noch immer von einer dicken Eisschicht überzogen war. Nach kurzer Zeit setzte der Slytherin zur Landung an und brachte den Besen inmitten eines Tal's schließlich zum Stehen. Neben ihnen erstreckte sich im Schnee ein langer Holzsteck, der in den dunklen See führte. Sie mussten an seiner westlichen Uferseite sein.

Unter seinem Mantel zog Draco eine Decke und eine Thermoskanne mit Tee und Tassen hervor. Die dampfende Flüssigkeit in der Tasse wärmte Hermine's gefrorene Hände, während sie sich neben den Eisprinz auf die Picknickdecke fallen ließ. Ihr Blick wanderte zum Himmel. Ein Meer aus Sternen überzog die nächtliche Dunkelheit. Der Mond leuchtete hell und blütenweiß, fast wie Draco's Haut. Hier verdeckte kein einziger Nebelschwaden den glitzernden, nächtlichen Anblick. Die Milchstraße zog ihre Spur quer über den Himmel, bemalt mit violetten Tönen und Nuancen. Hermine konnte sogar einzelne Sternbilder ausmachen.

Draco nahm urplötzlich ihre Hand und richtete sie auf eine Sternkonstellation. "Siehst du diese Figur dort? Die ausgedachten Linien zwischen den Sternen bilden den großen Wagen und dort, gleich daneben ist der kleine Wagen." Sein Atem bildete weiße Wölkschen. Bei seinem faszinierten Gesichtsausdruck, schlich sich Hermine ein Grinsen auf die Lippen. Ihn so glücklich zu sehen, ließ ihr Herz schneller schlagen.

"Ich wusste garnicht, dass du dich für Astronomie interessierst."merkte die Gryffindor an und griff nach seinen kühlen Fingern. Ein Vogel kreiste am Nachthimmel und Hermine konnte in ihm Fawkes, Dumbledore's Phönix erkennen. Sein Kreischen durchbrach die Stille. "Es gibt soviel was du nicht über mich weißt."erklärte Draco und seine Miene verfinsterte sich. Hermine beschlich ein ungutes Gefühl. "Dann erzähle es mir." Der Slytherin schüttelte den Kopf und lächelte die Brünette an. "Ein anderes Mal vielleicht, jetzt möchte ich erst einmal den Moment mit dir genießen."

Er zog sie sanft an sich und die 16-jährige ließ ihren Kopf auf seine Schulter fallen, während sein Arm ihre Taille umschlang. Für einen kurzen Moment hatte Hermine das Gefühl, dass alles perfekt war, sie keine Sorgen und Ängste hatte. Sie fühlte sich frei und unglaublich glücklich. Doch dann drangen Draco's Worte in ihr Gedächtnis: Es gibt soviel, was du nicht über mich weißt.

Lovepotion | DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt