Kapitel 35

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Die winterlichen Sonnenstrahlen, die durch das wandhohe Fenster fielen, kitzelten Hermine's Nase. Gähnend öffnete sie ihre Augen und setzte sich im Bett auf.

Die Uhr auf dem Nachtisch zeigte neun Uhr am Morgen an. Der letzte Ferientag brach an, heute Abend würde der Zug zurück nach Hogwarts fahren.

Ihr Blick schweifte auf die Betthälfte neben ihr. Draco's halblanges, blondes Haar war auf dem schwarzen Kissen verteilt und aus seiner Nase drang ein leises, schnarchendes Geräusch, was der Junghexe ein Lächeln auf die Lippen zauberte.

Wenn er schlief, wirkte der Eisprinz friedlicher als ein Baby, niemals könnte man sein unberechenbares Wesen mit seinem schlafenden Gesicht in Verbindung bringen.

Zärtlich strich Hermine ihm eine Strähne aus der Stirn und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Statt aufzuwachen, gab der Slytherin allerdings nur ein Grunzen von sich, drehte sich auf die andere Seite und schlief unbeirrt weiter.

Die Gryffindor schlüpfte währenddessen aus dem Bett und wühlte in ihrer Tasche nach den Wechselsachen, die sie gestern glücklicherweise eingepackt hatte. Dabei achtete sie darauf, auf dem Weg zum Badezimmer, nicht über die Schuhe und Klamotten zu stolpern, die auf dem Zimmerboden verteilt waren und von einer wilden Nacht zeugten.

Der Junghexe stieg die Röte ins Gesicht, als sie ihren Spitzenslip aufhob und zusammen mit ihrem Ballkleid zurück in die Tasche stopfte.

Als sie geduscht und angezogen zurück aus dem Bad kam, schlief Draco noch immer. Seine schneeweiße Haut stach unter der Decke hervor und Hermine kribbelte es in den Fingern, als sie sich vorstellte wie sie mit den Händen über seine harte Brust, die definierten Bauchmuskeln und die markanten Kinnknochen strich.

Doch sie hielt sich zurück, um ihn nicht zu wecken. Stattdessen richtete sie ihren Blick aus dem Fenster auf die schneeweiße Landschaft, die an Malfoy Manor grenzte. Der Schneefall hatte nachgelassen, dafür zog sich eine riesige, tiefblaue Himmelsdecke über die Landschaft.

Um die schlafende Stille im Anwesen voll und ganz auszukosten, beschloss die Gryffindor sich ein wenig umzusehen. Als erstes suchte sie die Bibliothek auf, in der sie den letzten Abend verbracht hatten. Jetzt am Tag, nahm die Brünette die deckenhohen Bücherregalen mit den dicken Wälzern viel intensiver war, denn vergangene Nacht, hatte sie schließlich nur Augen für ihren Eisprinz gehabt.

Bücher über Zaubereigeschichte, magische Wissenschaften und einige Biografien säumten die Regale. Ehrfürchtig strich Hermine über die alten, bröckeligen Einbände. Hier war sie voll und ganz in ihrer Welt. Nichteinmal die Stadtbibliothek in ihrem Londoner Viertel, bietete soviele Bücher an wie die Malfoy's.

Gerade als sie eine der Biografien aus dem Regal holen wollte, ertönte eine kalte, eisige Stimme hinter ihr. "Ich kann mich nicht daran erinnern, dir erlaubt zu haben, mit deinen schlammigen Fingern meine Bücher zu beschmutzen."

Lucius Malfoy's Gesicht war von einem hasserfüllten Ausdruck überzogen, weshalb Hermine ein Schauer den Rücken hinunter lief. Mit dem langen, schwarzen Umhang und dem Gehstock, wirkte er wie ein Vampirgraf, der ein einsames Schloss besaß. Im Großen und Ganzen stimmte das ja auch, bis auf die Sache mit dem Vampir.

"Entschuldigen sie Sir, ich konnte nichtmehr schlafen und wollte mich hier gern einmal umsehen."versuchte Hermine die unangenehme Situation zu entspannen. Draco's Vater hingegen schien nicht von der Lust gepackt zu sein, ein Gespräch mit der Junghexe zu führen.

"Es reicht schon, dass du dich meinem Sohn an den Hals wirfst und ihn um deinen schmutzigen Finger wickelst, jetzt musst du hier auch noch überall herum schleichen. Ich verlange, dass du aus diesem Haus verschwindest und dich nicht mehr hier blicken lässt!"

Hermine wusste, dass Lucius Malfoy ihr aufgrund ihrer Abstammung nur Hass entgegen bringen würde, trotzdem trafen sie seine Worte. Ihre Augen wurden glasig und brannten, um jedoch die Blamage vor ihm zu weinen zu vermeiden, biss sie sich auf die Innenseite der Wange bis sie blutete.

"Hier bist du Lucius." Narzissa Malfoy betrat in ihrem eleganten Kostüm die Bibliothek und legte die Hand auf die Schulter ihres Mannes. Dann traf ihr Blick die Gryffindor und ihre Gesichtszüge vereisten.

"Nun Kind, ich wusste nicht, dass du die Nacht hier verbracht hattest." Ihre Stimme verfügte über mehr Wärme als die ihres Manne's, trotzdem wahrte sie Distanz. "Tut mir leid, aber Draco wollte mich so spät in der Nacht nicht nachhause gehen lassen."

"Nun wenn das so ist..." Sie zwang sich zu einem halbherzigen Lächeln "...frühstücke doch mit uns bevor du aufbrichst. Mit einem vollen Magen lässt es sich besser teleportieren." Im gleichen Moment, bestätigte Hermine's Bauch mit einem lauten Knurren diesen Vorschlag.

Lucius Malfoy schien damit überhaupt nicht einverstanden zu sein, protestierend hob er den Gehstock, doch Narzissa drückte seinen Oberarm und warf ihm einen mahnenden Blick zu. Damit verwandelte sich sein Gesichtsausdruck und er deutete Hermine ihnen zu folgen.

Inzwischen war auch Draco wach und ließ sich gerade an der gedeckten Tafel nieder, als seine Eltern gefolgt von der Gryffindor das Esszimmer betraten. Sofort warf er Hermine einen besorgten Blick zu, die nur lächelnd den Kopf schüttelte, um ihm zu signalisieren, dass alles in bester Ordnung war.

Zwei Bedienstete füllten den Tisch mit Tellern und Schüsseln, gefüllt mit Brötchen und frischem Aufstrich.

"Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft."

Narzissa Malfoy nickte Hermine mit einem gezwungenen Lächeln zu. "Es ist eine Tugend, die einer ehrbaren Familie nicht fehlen sollte."

Das Frühstück verlief schweigend. Jeder schien in seinem eigenen Gedankenpalast gefangen zu sein. Hermine dachte über die nächsten Wochen bis zu den Abschlussprüfungen nach. Dieses Mal würde nicht nur ein Schuljahr enden, sondern auch die wunderbarste Zeit ihres Lebens. Nicht mehr lang und Draco würde sich bald an keinen einzigen Moment und auch keine Nacht, die sie zusammen verbracht hatten erinnern. Sein Gedächtnis wäre komplett gelöscht, während Hermine an jedes einzelne seiner Worte und jegliche Berührung dachte, unglücklich und einsam. Diese Tatsache trieb ihr wieder die Tränen in die Augen.

Draco schien dies zu bemerken und strich ihr sanft eine Locke aus dem Gesicht. "Alles gut bei dir?" Hermine nickte hastig. "Ja ich hab nur ein Krümel ins Auge bekommen."

Nach dem Frühstück holte einer der Angestellten Hermine's Tasche, während Draco ihr in den Mantel. "Wie schade, dass die Ferien so schnell vergangen sind, ich hätte gern mehr Zeit mir dir gehabt." Die Gryffindor stimmte ihm zu.

"Aber wir sehen uns heute Abend in Hogwarts wieder. Vielleicht ist ja noch was vom Weihnachtsbraten übrig."

"Du meinst diesen verkohlten Truthahn, an dem sich Hagrid jedes Jahr versucht?"witzelte Draco und erntete dabei einen Schlag gegen die Schulter.

Zum Abschied schenkte er Hermine einen Kuss auf die Stirn. Die Gryffindor schloss die Augen und wünschte sich, dieser Moment würde niemals vergehen.

Als die riesige Eingangstür geöffnet wurde, schlug der Brünette ein eisiger Wind ins Gesicht und sie zog sich den Schal enger um den Hals.

Bevor sie allerdings in die Schneewelt hinaus treten konnte, packte jemand grob ihren Arm. Wieder bohrten sich Lucius Malfoy's Augen eindringlich in ihre.

Er führte seine Lippen nah an ihr Ohr und Hermine erstarrte vor Angst. "Was auch immer du meinem Sohn angetan hast, mach es rückgängig oder ich werde dein Leben zerstören, du elendes Schlammblut." Vor Wut spannte die Gryffindor ihre Kieferknochen an.

"Keine Sorge Mr. Malfoy, bald wird ihr Sohn wieder genauso hartherzig und kalt sein wie sie." Über diesen Mut in ihrer Stimme war sie selbst erstaunt. Sie riss sich von der Umklammerung los und verließ Malfoy Manor ohne noch einmal zurück zu blicken.

Lovepotion | DramioneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt