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Mit einer ruckartigen Bewegung erhob Marinette sich vom Sofa.
Ihr war schummrig – ob von Cat Noirs Worten oder dem schnellen Aufstehen, konnte sie nicht genau sagen - und einen Moment stand sie leicht schwankend da.
Mit jeder Sekunde, die verstrich, wurde die Angst in ihr größer, dass Cat Noir weiterredete.
Sie wollte das nicht!
Sie wollte ihn nicht von Masken und Identitäten reden hören.
Er sollte ihr wieder romantisch seine Liebe gestehen und sie dabei aus sanften Augen ansehen, wie gerade eben.
Dieses ernste und komplizierte Gespräch war das Letzte, was sie gerade wollte.

»Prinzessin ...«, hörte sie ihn mit ruhiger Stimme sagen.
Sie stürmte vorwärts.
Sie wusste nicht, was sie tun wollte – sich ins Bad flüchten, zu Cat Noir hingehen und ihm den Mund zuhalten oder etwas völlig anderes.
Doch sie musste auch nicht mehr darüber nachdenken, denn mit einem dumpfen Geräusch stieß ihr Knie gegen die Kante des Couchtisches und sie geriet ins Straucheln.
Sie musste ihre Lippen mit aller Macht aufeinanderpressen, um keinen Schmerzensschrei auszustoßen.
Mit beiden Händen umklammerte sie ihr Knie, während sie mit dem anderen Bein vorwärts hüpfte, um nicht zu stürzen.

Cat Noir war sofort bei ihr.
Er packte sie an den Oberarmen und stützte sie ab, sodass sie in einer behutsamen Bewegung zu Boden sank und sich setzen konnte.
Während der Schmerz in ihrem Knie langsam nachließ, saß er schräg hinter ihr und streichelte ihr tröstend über den Rücken.
»Gehts wieder?«, fragte er schließlich und sah ihr ins Gesicht.

Noch immer hatte Marinette die Lippen fest aufeinandergepresst, aber sie nickte.
»Du hattest es auf einmal ganz schön eilig.«, meinte Cat Noir und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
Zu Marinettes Erleichterung kam er ihrer Maske dabei nicht zu nah.

Sie erwiderte seinen Blick und konnte ihm ansehen, dass er gleich weiterreden würde.
Ein schmerzendes Knie war für ihn anscheinend kein Grund, das Thema ruhen zu lassen.

Und auf einmal wusste Marinette, was sie tun konnte, um ihn davon abzuhalten.
Sein Gesicht ganz nah vor ihrem brachte sie auf diese Idee, genauso wie seine Schulter in ihrem Rücken und seine Hand in ihrer Taille.
Bereits gestern hatte sie ihn mit einem Kuss von seinen enttäuschen Gefühlen und Gedanken abgelenkt.
Warum sollte es heute nicht wieder funktionieren?

Sie drehte sich so weit zu ihm herum, wie es ihr möglich war, überwand den geringen Abstand zwischen ihren Mündern und küsste ihn.
Stürmisch und ohne jede Zurückhaltung.
Ihre Hände glitten seinen Hals hinauf bis zu seinem Gesicht und sie presste ihren Oberkörper an seinen.

Sofort vergaß sie, worüber er gerade hatte reden wollen, und sie glaubte zu spüren, dass es ihm genauso ging.
Zwischen ihnen waren nur noch seine anderen Worte.
Dass er sie liebte und für immer mit ihr verbunden sein wollte.

Marinette wollte Cat Noir am liebsten zu Boden drücken, um ihm noch näherkommen zu können, doch sein Oberkörper rührte sich unter ihrem Ansturm keinen Millimeter von der Stelle.
Wie ein Fels saß er vor ihr.
Also versuchte sie, sich stattdessen auf seinen Schoß zu ziehen. Aber auch das ließ er nicht zu.
Seine Hände hatten ihre Hüfte gepackt und hielten sie wie in einem Schraubstock.

Jetzt erst nahm Marinette deutlich den Unterschied zu ihren früheren Treffen wahr.
Sie konnte sich noch gut erinnern, mit welcher Kraft Cat Noir sie vor anderthalb Wochen im Schlafzimmer gegen den Türrahmen gepresst hatte.
Diesmal jedoch war sie nicht verwandelt und sie spürte, wie viel weniger ihr Körper ihm in diesem Zustand entgegenzusetzen hatte.
Gegen Cat Noirs Miraculous-Stärke war sie als Marinette absolut machtlos.

Und auch seine Schnelligkeit übertraf beinahe, was sie mit ihren normalen Sinnen wahrnehmen konnte.
Im Bruchteil einer Sekunde waren seine Hände nicht mehr an ihrer Hüfte, sondern in ihrem Rücken und auf ihrem Hinterkopf, und schon fand sie sich auf dem Boden liegend wieder, mit Cat Noir auf ihr.
Noch immer erwiderten seine Lippen den Kuss - mit der gleichen Heftigkeit, die Marinette vorgegeben hatte. Der harte Holzboden in ihrem Rücken war ihr deshalb vollkommen egal.
Sie genoss Cat Noirs Nähe und sogar sein Gewicht auf ihr.

Miraculous - Unendlich (FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt